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Testament: Erbe nur bei Heirat? Nicht alle Bedingungen sind zulässig

Testament

Erbe nur bei Heirat? Nicht alle Bedingungen sind zulässig

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    Die  Enkel sollen erben, aber nur wenn sie ihn regelmäßig besuchen - ein Gericht bewertete diese Bedingung für unzulässig.
    Die Enkel sollen erben, aber nur wenn sie ihn regelmäßig besuchen - ein Gericht bewertete diese Bedingung für unzulässig. Foto: Photographee.eu, stock.adobe.com (Symbolbild)

    Fast jeder kennt Hollywood-Komödien, in denen es um Erbgeschichten mit Hürden geht. Etwa so: Hipper Playboy bekommt nur dann die Millionen des Vaters, wenn er sein Hallodri-Leben aufgibt und bis zum Tag X eine kluge Frau heiratet. Auch in deutschen Testamenten tummeln sich so manche Bedingungen, die an Hollywood erinnern. Da stellt ein vermögender Herr beispielsweise in Aussicht: Wer mich pflegt, erbt. Oder eine schwerreiche Frau schreibt fest: Die Tochter kriegt erst dann die Immobilien, wenn sie sich scheiden lässt.

    Ein offenbar einsamer Opa hatte vor kurzem verfügt: Seine zwei Enkel sollen kräftig erben – aber nur, wenn sie ihn regelmäßig besuchen. Wer seinen Nachlass mit Bedingungen verknüpft, sollte allerdings weder Druck noch Zwang ausüben, warnt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge, kurz DVEV. Denn das geht schief. Erben müssen sich nicht alles gefallen lassen.

    Viele Menschen legen im Testament Bedingungen fürs Erbe fest

    „Dass ein Erblasser im Testament Bedingungen festlegt, ist recht häufig der Fall“, sagt Paul Grötsch, Erbrechtsanwalt und Geschäftsführer des Deutschen Forums für Erbrecht in München. „Es kommt aber immer darauf an, wie die Bedingungen aussehen, die zu erfüllen sind.“ Wer Wünsche an seine Erben hat, darf sie also grundsätzlich formulieren. Auch als Laie. Aber Vorsicht: Mit Geld Wohlverhalten erkaufen, ist anfechtbar.

    Sobald Nötigung im Spiel ist und die Entscheidungsfreiheit des Erben beschnitten wird, sind Bedingungen schnell sittenwidrig. Die Verfügung wird dann insgesamt unwirksam oder die Bedingung entfällt. Die Hauptfehlerquellen im selbst verfassten Testament sind unsaubere Zuweisungen, Formulierungen und problematische Auflagen, mahnt Bittler. Die Grundrechte von Erben dürfen nicht verletzt werden. Gerade dann nicht, wenn richtig viel Geld auf dem Spiel steht.

    Grundsätzlich hat jeder Bürger das Recht, in seinem letzten Willen frei darüber zu entscheiden, wie sein Vermögen nach dem Tod zu verteilen ist. Auch enterben geht. Nahen Angehörigen bleibt dann nur der Anspruch auf den Pflichtteil. Die sogenannte Testierfreiheit macht es möglich. Sie ist in Artikel 14 des Grundgesetzes festgeschrieben. Mit dem Testament kann ein Erblasser aber nicht nur bestimmen, wer was bekommen soll und wer weitgehend leer ausgeht. Er kann zugleich Wünsche äußern, Bedingungen stellen und Aufgaben verteilen.

    Soll etwa der Enkel die Eigentumswohnung erst bekommen, wenn er sein Studium abgeschlossen hat, darf der Opa das klar formulieren. Möglich ist beispielsweise auch, die Auszahlung hoher Geldbeträge an die Volljährigkeit oder bestimmte Geburtstage von Kindern zu knüpfen. „Solche Konditionen können ja sehr sinnvoll sein“, betont Bittler.

    Welche Bedingungen fürs Erbe sind nicht erlaubt?

    Wer im Testament Auflagen macht, sollte eins aber auf keinen Fall tun: Versuchen, das Verhalten von Menschen nach eigenen Vorstellungen zu steuern. Sollen zwei minderjährige Enkel ihren Großvater mindestens sechs Mal im Jahr besuchen, damit sie nach seinem Tod ordentlich erben, wird der Bogen überspannt. Das Auferlegen regelmäßiger Besuche sei eine Art Nötigung – und der Opa habe damit die Grenzen der Testierfreiheit zweifelsohne überschritten, entschied vor kurzem das Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

    Das Gericht hielt den Druck für sittenwidrig. Die Auflagen seien mit der Entscheidungsfreiheit und Lebensführung der beiden Jungs nicht vereinbar, hieß es. Zumal sie indirekt auch noch die Eltern in die Pflicht nahmen, die die damals Minderjährigen zum Opa chauffieren sollten. Die Enkel verweigerten sich und klagten nach seinem Tod gegen die Verfügung. Das Nachlassgericht gab ihnen recht. Sie bekamen das Vermögen auch so zugesprochen. Die Richter gingen davon aus, dass das der mutmaßlich letzte Wille des Mannes gewesen sei.

    Gegen die guten Sitten verstößt auch, wer in sein Testament kinoreife Bedingungen schreibt wie etwa: Mein Sohn wird nur dann Alleinerbe, wenn er sich von seiner Ehefrau scheiden lässt. Oder wer seine Testierfreiheit dazu nutzen will, die Hochzeit mit einer ganz bestimmten Person vorzuschreiben. Auch das hat es schon gegeben: Potenzielle Erben sollen gar nicht vor den Altar treten, nur Mitglieder ausgewählter Konfessionen heiraten, keinen Muslimen, oder womöglich die Priesterweihe ablegen. „Solche Vorbedingungen greifen zu stark in die Entscheidungsfreiheit des Bedachten ein und sind damit unzulässig“, erläutert Bittler.

    Erbe nur bei Grabpflege? Das kann zulässig sein

    Auch dass Söhne bis zum Tag X verheiratet sein müssen, damit sie erben dürfen, ist zwar guter Stoff für unterhaltsame Filme, rechtlich allerdings durchaus anfechtbar. Eine Ausnahme gibt es für Adelskreise und Fürstenhäuser. Klauseln, wonach der Ehepartner ebenbürtig sein sollte, können durchaus wirksam sein.

    Eine typische Auflage in Testamenten ist auch folgender Klassiker: Wer sich um die Pflege meines Grabes kümmert, erbt den Betrag xy. „Eine solche Bedingung ist konkret genug formuliert und wird gültig sein“, erläutert Fachanwalt Grötsch. Garantiert kompliziert wird es, wenn ein kinderloser vermögender Herr lediglich schreibt: Wer mich pflegt, soll alles erben. Unpräzise Formulierungen ziehen einen Rattenschwanz an Konflikten nach sich.

    „Wer soll dann eigentlich erben: Etwa der entfernte Verwandte, der die Pflege organisiert hat und sich regelmäßig kümmert. Oder die Pflegekraft, die täglich ins Haus kommt“, gibt der Münchner Experte zu bedenken. Schlimmstenfalls löse eine vage Bedingung „ein Wettrennen der Pflegenden um das Erbe aus“. Und am Ende entscheidet ein Gericht – womöglich ganz anders, als es der Senior im Sinn hatte. Wer keine Fehler beim Vererben unter Bedingungen machen will, sollte frühzeitig einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Notar zurate ziehen. Nur so geht der Erblasser auf Nummer sicher.

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