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Rechte für Arbeitnehmer: Corona und Arbeit: Diese Rechte und Pflichten haben Angestellte

Rechte für Arbeitnehmer

Corona und Arbeit: Diese Rechte und Pflichten haben Angestellte

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    Corona ist derzeit das Thema Nummer eins in den meisten Firmen. Wir erklären, welche Rechte die Beschäftigten in dieser Situation haben.
    Corona ist derzeit das Thema Nummer eins in den meisten Firmen. Wir erklären, welche Rechte die Beschäftigten in dieser Situation haben. Foto: Christian Beutler, dpa

    Die Verunsicherung wächst: Hände werden zur Begrüßung längst nicht mehr geschüttelt, dafür regelmäßig gewaschen und desinfiziert. Inzwischen ist das neuartige Coronavirus auch in Deutschland angekommen. Um eine großflächige Ausbreitung zu vermeiden, werden vielerorts bereits erste Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt. Ganze Betriebe, Schulen und Kindergärten bleiben geschlossen. Wer Kontakt mit infizierten Personen hatte, muss sogar für einige Tage in Quarantäne bleiben.

    Ein absoluter Albtraum für viele Menschen. Welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer in dieser Zeit haben, beantwortet Rechtsanwalt Martin Jost von der Kanzlei Sonntag & Partner in Augsburg. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund stellt Informationen für Beschäftigte bereit.

    Darf ich zu Hause bleiben, wenn ich Angst habe, mich bei der Arbeit anzustecken?

    So einfach geht das nicht, weiß Rechtsanwalt Martin Jost. Die Angst vor dem Coronavirus allein reiche nicht aus, um die Arbeit zu verweigern. Das berichtet auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, kurz DGB. "Die bloße Befürchtung, sich bei Verlassen der Wohnung möglicherweise mit dem Coronavirus anzustecken, genügt nicht, damit Sie der Arbeit fernbleiben dürfen", heißt es dort.

    Wer trotzdem einfach zu Hause bleibe, so Anwalt Jost, der wird in dieser Zeit nicht bezahlt. Ob eventuell sogar eine Abmahnung oder Kündigung möglich ist, muss im Einzelfall geklärt werden, sagt Jost. Anders sehe das bei Dienstreisen in Gebiete aus, für die es vom Auswärtigen Amt eine Reisewarnung gibt. Er betont: "Besteht ein objektiv erhöhtes persönliches Ansteckungsrisiko oder eine offizielle Reisewarnung, ist die Situation eine andere. Dann ist die Arbeit unzumutbar."

    Was ist, wenn ich befürchte, ich könnte mich irgendwo angesteckt haben?

    Hier ändert sich die Situation. "Haben Sie den Verdacht, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben – etwa weil Sie zum Beispiel in Kontakt mit einer Person waren, bei der eine Infektion festgestellt wurde – sieht die Rechtslage anders aus", berichtet der DGB. Liege ein sogenannter "vorübergehender persönlicher Verhinderungsgrund" vor, dürfe man der Arbeit fernbleiben und bekomme trotzdem das Entgelt ausgezahlt, soweit dies nicht durch Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde. "Dieser Verhinderungsgrund liegt unter anderem bei einem medizinisch notwendigen Arztbesuch vor, wenn dieser nur während der Arbeitszeit erfolgen kann", schreibt der DGB.

    Muss ich es meinem Chef melden, wenn ich Symptome habe, in einer Risikozone im Urlaub war oder Kontakt zu Erkrankten hatte?

    Grundsätzlich hat ein Arbeitgeber das Recht, informiert zu werden, und darf entsprechend fragen, weiß Jost. Der DGB schränkt aber ein, dass es keine Pflicht gibt, dem Betrieb die genaue Erkrankung offenzulegen: "Es gibt grundsätzlich keine Pflicht, dem Arbeitgeber oder den Arbeitskollegen die ärztliche Diagnose offenzulegen", heißt es beim DGB. Beschäftigte seien lediglich verpflichtet, dem Arbeitgeber die eigene Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und ihre voraussichtliche Dauer mittels Attest nachzuweisen. "Es steht Ihnen natürlich frei, Ihrem Arbeitgeber und den Kollegen trotzdem den Grund Ihrer Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, zum Beispiel, um sie zu warnen", rät der DGB.

    Um ein Risiko für den Betrieb zu minimieren, könne der Chef den Mitarbeiter im Fall von Corona-Symptomen, dem Aufenthalt in einem Risikogebiet oder dem Kontakt zu Infizierten freistellen, sagt Anwalt Jost. Wenn der Verdacht einer Infektion oder Erkrankung des Mitarbeiters besteht, er aber keine Symptome habe, so der Anwalt, könne über alternative Arbeitsmöglichkeiten nachgedacht werden. Beispielsweise können Mitarbeiter in bestimmten Fällen die Option haben, von zu Hause aus zu arbeiten.

    Doch nicht nur Arbeitnehmer haben eine Verantwortung. Jost sagt: "Betriebe sind auch in der Pflicht ihre Mitarbeiter über das bestehende Risiko aufzuklären und sie auf vorbeugende Maßnahmen hinzuweisen."

    Werde ich weiterhin bezahlt, wenn mein Arbeitgeber mich freistellt?

    "Ja, denn der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko, wenn ein Unternehmen das beschließt", sagt Jost. Wird ein Mitarbeiter von seiner Arbeit freigestellt oder muss wegen einer Betriebsschließung zu Hause bleiben, hat er weiterhin Anspruch auf Lohn und Gehalt vom Betrieb.

    Erkrankt ein Arbeitnehmer tatsächlich an Corvid-19 oder wird gegen ihn durch eine Behörde ein berufliches Tätigkeitsverbot oder Quarantäne verhängt, wird er ebenfalls weiterhin vergütet. Sechs Wochen lang wird dann sein Verdienstausfall in voller Höhe vom Arbeitgeber weitergezahlt. Im Fall einer staatlich angeordneten Schutzmaßnahme kann sich der Betrieb das Geld allerdings vom zuständigen Gesundheitsamt erstatten lassen.

    Kann mein Chef mich zwingen, Urlaub zu nehmen?

    Zwangsurlaub sei keine Option, betont der Anwalt. Er gibt Entwarnung: "Urlaub richtet sich vorrangig nach den Wünschen des Mitarbeiters." Ein Chef könne Urlaub grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Arbeitnehmers anordnen oder gar kurzfristig Betriebsurlaub bestimmen.

    Leide ein Betrieb unter der Krankheitswelle, habe er andere Möglichkeiten. Bleiben beispielsweise Materiallieferungen aus, kann er eventuell Kurzarbeit einführen. "Dafür müssen aber die Voraussetzungen gegeben sein – die prüft die Agentur für Arbeit dann im Einzelfall", sagt Jost. Doch auch dieser Schritt, weiß der Anwalt, ist nicht einseitig möglich. Gibt es keinen Betriebsrat, der eine Betriebsvereinbarung beschließen könne, müssten einzeln Vertragsvereinbarungen zur Einführung von Kurzarbeit getroffen werden.

    Muss ich im Fall einer Quarantäne von zu Hause aus arbeiten?

    "Nein, ein Homeoffice muss zuvor vereinbart werden", sagt Jost. Kein Mitarbeiter habe generell einen Anspruch darauf, von zu Hause aus zu arbeiten. Genauso wenig könne ein Chef allerdings die Arbeit im Homeoffice anordnen. "Diese Option gibt es nur nach einer entsprechenden Vereinbarung oder wenn es im Arbeitsvertrag geregelt wurde", informiert der Anwalt.

    Muss ich meine Überstunden nehmen, wenn mein Chef das verlangt?

    Gibt es ein Arbeitszeitkonto, kann das prinzipiell möglich sein, sagt Jost: "Je nachdem, was vereinbart wurde, kann in einem solchen Fall ein Abbau von Überstunden angeordnet werden." Doch auch hier müssen die persönlichen Belange des Mitarbeiters berücksichtigt werden. Außerdem, so der Anwalt, muss eine angemessene Ankündigungsfrist eingehalten werden.

    Muss mein Betrieb Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen?

    Ein Arbeitgeber muss Verletzungs- und Erkrankungsrisiken im Betrieb so gering wie möglich halten, berichtet der DGB. Dazu könne es zählen, dass der Arbeitgeber Desinfektionsmittel bereitstellt. Welcher Schutz im Detail ergriffen wird, hängt aber auch von der Art des Betriebes ab. Zum Beispiel, ob es viel Kundenkontakt gibt.

    Welche Möglichkeiten habe ich, wenn mein Kind krank wird oder Kindergarten und Schule geschlossen werden?

    Wird das Kind eines Mitarbeiters krank, dann darf er zur erforderlichen Betreuung für einige Tage zu Hause bleiben. Jost erklärt: "Darauf hat er Anspruch." Anders sieht das bei der Bezahlung aus. Zwar könne ein Arbeitnehmer für eine kurze Zeit Sonderurlaub verlangen, doch nicht in jedem Betrieb wird er in dieser Zeit bezahlt. Ist das nicht der Fall, sagt der Anwalt, könne er Sozialversicherungsleistungen beantragen.

    Wenn allerdings der Kindergarten oder die Schule schließen muss, stehen viele Eltern vor einer Herausforderung. Sofern nichts anderes vereinbart ist, kann der Mitarbeiter nur für eine kurze Zeit von der Arbeit bezahlt fernbleiben und dies auch nur dann, wenn keine andere Betreuung möglich ist. "In dieser Überbrückungszeit muss der Mitarbeiter nach einer anderen Betreuungsmöglichkeit suchen", informiert der Anwalt. Gibt es diese nicht, könnten sie in Absprache mit dem Arbeitgeber Urlaub nehmen, sich unbezahlt freistellen lassen oder Überstunden abbauen.

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