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Ratgeber: Richtig abgesichert bei der Nachbarschaftshilfe

Ratgeber

Richtig abgesichert bei der Nachbarschaftshilfe

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    Wer für seine Nachbarn die Blumen gießt, meint es gut und denkt meistens nicht darüber nach, was alles schief gehen könnte.
    Wer für seine Nachbarn die Blumen gießt, meint es gut und denkt meistens nicht darüber nach, was alles schief gehen könnte. Foto: Antgor, Fotolia

    Auch in diesem Sommer rückt Deutschland für ein paar Wochen wieder näher zueinander: Der nette Nachbar, Freund oder Bruder sieht selbstverständlich nach dem Rechten, wenn die Familie von nebenan im Urlaub ist. Da wird in Abwesenheit der Hausherrn Rasen gemäht, Briefkasten geleert, Zimmerpflanzen gewässert, Kräutertöpfe gepflegt, ausgiebig gelüftet. Alles kein Problem, man hilft ja gern. Doch selbst die nettesten Helfer sind manchmal etwas schusselig – und plötzlich hat die Ledercouch hässliche Wasserflecken, das Parkett quillt auf, der Rasenmäher ist kaputt. Was dann? Wer zahlt eigentlich für folgenreiche Missgeschicke?

    Die Krux an der Sache ist die: Wer anderen einen Gefallen tut, denkt vorher meist nicht groß darüber nach, was alles schief gehen könnte. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gilt grundsätzlich zwar erst einmal Folgendes, wie Bianca Boss vom Bund der Versicherten erläutert: Wer einen Schaden verursacht, muss dafür auch geradestehen. Ganz gleich, ob man mit dem Geschädigten befreundet ist oder nicht. Aber: Bei Gefälligkeitsdiensten, zu denen auch das Kümmern um Haus und Garten in der Ferienzeit gehört, gibt es in der Regel eine abweichende Rechtsprechung. Und die stellt uneigennützige Helfer aus dem Nachbars-, Freundes- oder Verwandtenkreis ohne private Haftpflichtpolice meist von der Haftung frei, wie Henning Engelage betont, Sprecher des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft, kurz GdV. Voraussetzung: Die Unglücksraben haben nicht grob fahrlässig gehandelt oder gar mit Vorsatz.

    In der Regel muss der schusselige Urlaubshelfer nicht zahlen

    Damit ein Gefallen nicht zur Haftungsfalle für den Helfer wird, gehen Gerichte meist von leichter Fahrlässigkeit aus, wenn beim Haus hüten mal etwas daneben ging. Und von einem sogenannten „stillschweigenden Haftungsausschluss“ – zwischen dem, der um Hilfe bat, und dem, der in seiner Freizeit freundlicherweise aushalf. Diese juristische Konstruktion legt zugrunde, dass sich Freunde oder Nachbarn gegenseitig nicht haftbar machen wollen, wenn es bei Gefälligkeitsdiensten zu Schäden kommt.

    In der Praxis heißt das: Der schusselige, nicht versicherte Urlaubshelfer ist in der Regel aus dem Schneider und muss nicht zahlen. Pech für den, der den Schaden hat. „Wer andere bittet, ein Auge auf seine Wohnung zu haben, dem sollte klar sein, dass die Kosten in den allermeisten Fällen an ihm selbst hängen bleiben“, betont Michael Wortberg, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Ganz anders sieht es aus, wenn der Unglücksrabe eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Damit sind neuerdings auch Gefälligkeitsschäden beim Haus hüten in der Regel abgedeckt. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2016 ist es egal, ob der bei privater, unentgeltlicher Hilfe entstandene Schaden einfach oder grob fahrlässig verursacht wurde. (Az. BGH, VI ZR 467/15). Der Versicherer des Helfers muss jetzt in jedem Fall zahlen, die frühere Unterscheidung gibt es nicht mehr, betont Expertin Boss.

    Bis zu diesem höchstrichterlichen Machtwort waren typische Gefälligkeitsschäden in Standardpolicen nicht abgedeckt – auch wenn versicherte Urlaubshelfer davon ausgingen, mit ihrer Haftpflichtpolice perfekt geschützt zu sein. Versicherer sprangen lediglich für grob fahrlässige Schäden ein. Wer aus Unachtsamkeit etwa Gießwasser aufs Parkett verschüttet, handelt aber einfach fahrlässig. Was zur Folge hatte, dass die Versicherer nur dann zahlten, wenn der Kunde einen Zusatzschutz gegen folgenreiche Freundschaftsdienste abgeschlossen hatte. Die sogenannte „Gefälligkeitsklausel“ ist nun nicht mehr notwendig, um seinen Versicherer einschalten zu können, wie Boss betont.

    Manchmal ist es schlauer, geringe Kosten selbst zu begleichen

    So gut das BGH-Urteil für Versicherte auch ist – Verbraucher sollten stets überlegen, ob sie einen kleinen Gefälligkeitsschaden unbedingt bei ihrer Privathaftpflicht einreichen, sagt Fachfrau Boss. Manchmal sei es schlauer, geringe Kosten lieber aus der eigenen Tasche zu zahlen und das Missgeschick so aus der Welt zu schaffen. Denn: Der Versicherer kann nach jedem Schadensfall den Versicherungsvertrag kündigen. Verbraucher seien gut beraten, eine Selbstbeteiligung bei der Police zu vereinbaren, so Boss.

    Richtig knifflig kann es werden, wenn der schusselige Haushüter nicht versichert ist und einen richtig großen Schaden anrichtet. Etwa dann, wenn er die Haustür oder ein Fenster offen lässt und Einbrecher die ganze Wohnung ausräumen. Solche Probleme müssten dann im Einzelfall vor Gericht geklärt werden, so die Erfahrungen Wortbergs.

    Wer ein Haus-Sitting übernimmt und Ärger vermeiden will, kann den Hausherrn bitten, ihn von vornherein von jeglicher Haftung bei Missgeschicken in Haus und Garten frei zu stellen, empfiehlt Wortberg. Für den kleinen Vertrag unter Freunden reicht schon ein unterschriebener Zettel mit dem Satz „Helfer Müller haftet während des Urlaubs der Meiers nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit“. Das schützt zwar auch nicht vor Schäden, erspart aber vielleicht eine Menge Streit.

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