Rechnet sich die Riester-Rente noch? Von den mehr als 16 Millionen Verträgen, die die Deutschen in den vergangenen 15 Jahren abgeschlossen haben, ruht nach Informationen unserer Zeitung inzwischen jeder fünfte – unter anderem eine Folge der niedrigen Zinsen, die auch der privaten Rentenversicherung zu schaffen machen. Verbraucherschützer warnen allerdings davor, bestehende Verträge zu kündigen. Ein solcher Schritt müsse gründlich geprüft werden, betont die Finanzexpertin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Dorothea Mohn. In diesem Fall müssen Riester-Sparer ihre staatlichen Zulagen wieder zurückzahlen. Bei knapp zwölf Millionen Policen handelt es sich um klassische Versicherungsprodukte oder Banksparpläne, die unter der Zinsflaute besonders leiden.
Wie groß die Diskrepanz zwischen den einzelnen Angeboten ist, zeigt eine Studie des Münchner Ökonomen Axel Börsch-Supan, der 36 Rentenversicherungen mit Riester-Zertifikat verglichen hat: Danach addierten sich die Verwaltungskosten beim günstigsten Vertrag auf 2,5 Prozent, beim teuersten waren es dagegen 20 Prozent. Je höher die Kosten einer Police jedoch sind, umso niedriger fällt auch deren Rendite aus – was sich in Zeiten historisch niedriger Zinsen besonders empfindlich bemerkbar macht. Expertin Mohn rät verunsicherten Anlegern deshalb, sich an eine Verbraucherzentrale oder einen sogenannten Honorarberater zu wenden, der keine Provision von den Anbietern bekommt, deren Verträge er empfiehlt, sondern vom Kunden direkt bezahlt wird.
Insgesamt können Riester-Sparer inzwischen unter mehr als 5000 verschiedenen Angeboten vom Bausparvertrag bis zum Fondssparen wählen – dabei allerdings sei ein Kostenvergleich inzwischen auch für Fachleute beinahe unmöglich, kritisiert Börsch-Supan. Außerdem reduzieren offenbar immer mehr Riester-Kunden ihre Einzahlungen: Den geforderten Höchstbeitrag von vier Prozent des jährlichen Bruttogehaltes zahlt nach Informationen unserer Zeitung inzwischen nicht einmal mehr die Hälfte der Sparer in ihre Verträge ein – nur so allerdings kommen Versicherte auch an die volle staatliche Zulage.
Für wen sich Riester-Sparen noch lohnt
Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft ist der Absatz von Riester-Verträgen im vergangenen Jahr um 3,4 Prozent zurückgegangen, mit der Braunschweiger Lebensversicherung hat sich ein Anbieter sogar ganz aus dem Neugeschäft zurückgezogen. „Durch die niedrigen Zinsen ist der garantierte Erhalt der Beiträge und Zulagen eine Herausforderung“, betonte Verbandssprecher Christian Ponzel auf Anfrage. „Aber das Angebot am Markt ist nach wie vor sehr groß. Jeder, der eine Riesterpolice abschließen möchte, bekommt auch eine.“ Vor allem für Geringverdiener oder Familien lohne sich das Riestern weiterhin. Von fondsgebundenen Versicherungsverträgen rät Verbraucherschützerin Mohn dabei allerdings ab: „Hier kommen die Kosten aus der Versicherung und dem Fonds zusammen, kombiniert mit mangelnder Flexibilität.“ Für Interessenten, die in Aktien investieren wollten, könne ein Sparplan ohne Riester-Förderung womöglich sogar besser passen.
Ein Problem der Branche: Die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit lassen sich wie bei den Lebensversicherern in der Zinsflaute am Kapitalmarkt kaum noch erwirtschaften. Zugleich müssen die Anbieter aber zumindest den Erhalt der eingezahlten Beiträge fest zusagen – eine Voraussetzung für den Erhalt der staatlichen Zulagen von 154 Euro. Dazu kommen, je nach Geburtsjahr, noch 185 bzw. 300 Euro pro Kind und Jahr. mit dpa