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Lesertelefon: Expertenrat: Was tun, wenn Alkoholgenuss außer Kontrolle gerät?

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Expertenrat: Was tun, wenn Alkoholgenuss außer Kontrolle gerät?

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    Der Corona-Lockdown verführt dazu, zu Hause ein Glas mehr zu trinken. Was tun, wenn es zu viel wird?
    Der Corona-Lockdown verführt dazu, zu Hause ein Glas mehr zu trinken. Was tun, wenn es zu viel wird? Foto: Gerald Matzka, dpa

    Die Corona-Pandemie war und ist für viele Menschen mit Stress verbunden. Mancher greift öfter zum Seelentröster Alkohol. Aktuelle Umfragen zeigen, dass ein Drittel der Deutschen mehr trinkt als vor der Pandemie. Entsprechend rege war die Nachfrage beim Expertenteam der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) während unserer Telefonaktion. Gefragt wurde vor allem, wie man auf den Alkoholmissbrauch von nahen Angehörigen reagieren kann, wie man es schafft weniger Alkohol zu trinken und welche Menge Alkohol noch gesundheitlich verträglich ist. Da die Leitung manchmal belegt war, finden Sie hier einen Überblick über wichtige Fragen und Antworten.

    Meine Frau ist gerade durch Homeoffice und den Unterricht der Kinder sehr belastet. Abends entspannen wir uns jetzt meistens bei einer Flasche Wein. Könnte das kontraproduktiv sein?

    Die psychoaktive Wirkung von Alkohol ist zwar zunächst oft mit einer Stimmungsaufhellung verbunden. Aber letztlich können durch den Alkoholkonsum die Symptome von Depressionen, Panikattacken und anderen psychischen Störungen verstärkt werden. Gefährlich ist außerdem die dauerhafte Verknüpfung von Stressabbau und Alkohol. Der Körper lernt schnell, dass er sich nur entspannen kann, wenn er Wein bekommt. Das Problem ist, dass man mit der Zeit die Dosis erhöhen muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen.

    Wir haben uns an den abendlichen Wein gewöhnt. Es ufert allerdings mitunter aus. Doch mir fällt nichts ein, was den Tag genauso angenehm beruhigend ausklingen lässt …

    Vielleicht versuchen Sie es einmal mit einer Teezeremonie oder einem hübsch garnierten alkoholfreien Cocktail? Rezepte finden Sie auf der Internetseite der Aktion "Kenn dein Limit". Oder tut Ihnen ein Spaziergang am Abend gut? Danach vielleicht ein warmes Bad? Viele Menschen entspannt ruhige Musik, ein guter Film, ein unterhaltsames Spiel oder ein interessantes Buch. Schauen Sie, was für Sie beide passt und probieren Sie es aus. Übrigens, ohne Alkohol ist man am nächsten Morgen ausgeruhter, da der Schlaf tiefer ist.

    In letzter Zeit, wo ich nur zu Hause sitze, ist aus der einen Bierflasche pro Tag fast ein halber Kasten geworden. Gibt es einen Trick, um wieder weniger zu trinken?

    Nein, einen Trick gibt es nicht, aber viele verschiedene Möglichkeiten, es zu schaffen. Es lohnt sich, darüber mit Experten zu sprechen. Machen Sie am besten gleich einen Termin bei einer Suchtberatungsstelle für ein erstes Informationsgespräch. Adressen stehen unter www.kenn-dein-limit.de im Internet. Man sollte, wenn man motiviert ist, möglichst umgehend Taten folgen lassen. Die Beratung ist anonym und kostenlos.

    Meine Schwiegermutter trinkt. Jetzt in der Pandemie ist es mehr geworden. Sollten wir gemeinsam als Familie ihr gegenüber das Problem ansprechen?

    Wir raten Ihnen eher dazu, einzeln mit ihr zu sprechen, vielleicht ganz zwanglos auf einem Spaziergang. Denn wenn Sie als Familie gesammelt auftreten, könnte schnell die Situation eines Tribunals entstehen, und Ihre Schwiegermutter würde sich vielleicht zurückziehen.

    Wie beginnt man ein Gespräch über Alkoholprobleme am besten?

    Es erfordert Fingerspitzengefühl, ein solches Gespräch zu führen. Sagen Sie am besten zu Beginn, dass Sie sich Sorgen machen, Sorgen um den Menschen, der zu viel trinkt. Am besten bleibt man dabei konsequent in der Ich-Form. Auf Schuldzuweisungen sollte man verzichten, da sich der Betroffene dann kaum öffnen wird. Vielleicht können Sie Unterstützung anbieten, zum Beispiel bei der Suche nach professioneller Beratung, um das Alkohol-Problem besser lösen zu können.

    Ich trinke nur am Wochenende Wein, zu besonderen Anlässen auch mal in der Woche. Das dürfte im verträglichen Rahmen liegen, oder?

    Das kann so sein. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt gesunden, erwachsenen Frauen, nicht mehr als ein Standardglas Alkohol pro Tag zu trinken. Für Männer gilt: nicht mehr als zwei Standardgläser. Unter einem Standardglas versteht man ein Glas, das zwischen 10 und 12 Gramm reinen Alkohol enthält, beispielsweise ein kleines Bierglas mit 0,3 Litern, ein Weinglas mit 0,125 Litern oder ein Schnapsglas mit 4 cl. Männer und Frauen sollten an mindestens zwei Tagen pro Woche ganz auf Alkohol verzichten, um einen Gewöhnungseffekt zu vermeiden.

    Mein Vater macht mir große Sorgen. Er war trockener Alkoholiker. Vor kurzem hatte er einen Rückfall. Was kann ich tun?

    Schildern Sie Ihrem Vater in einer ruhigen Stunde – und wenn er nüchtern ist – so konkret wie möglich, warum Sie sich Sorgen machen. Bleiben Sie dabei möglichst in der Ich-Form und vermeiden Sie Vorwürfe. Bitten Sie ihn, sich professionelle Hilfe zu holen. Wenn er aber weiter trinken will, haben Sie keinerlei Möglichkeit, es zu ändern. Das kann er nur selbst. Sie können sich aber selbst schützen, indem Sie auf Abstand gehen und den Kontakt zu ihm einschränken oder für eine Zeit ganz aussetzen. Spezielle Beratungsstellen für Angehörige finden Sie bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung unter www.dajeb.de.

    Ich möchte mich nach so vielen Ehejahren nicht trennen, obwohl mein Mann immer mehr trinkt. Im tiefsten Herzen hoffe ich, dass er sich wieder ändert.

    Das hätte er ja schon längst machen können. Offensichtlich will er das nicht. Das Einzige, was Sie tun können: sich selbst verändern! Nutzen Sie die Chance, leben Sie Ihr eigenes Leben, trotz der Alkoholsucht Ihres Mannes. Diesen Neustart können Sie jeden Tag machen. Versuchen Sie, sich Freude am Leben zu organisieren, unabhängig von Ihrem Mann: Treffen Sie sich zu einem Spaziergang mit einer Freundin, pflegen Sie ein Hobby, gehen Sie in die Natur. Wenn Sie sich nicht von Ihrem Mann trennen wollen, können Sie Verabredungen treffen, wie: „Wenn wir zusammen etwas unternehmen, gibt es keinen Alkohol.“ Vielleicht lässt sich auch eine räumliche Trennung im Haus einrichten. Auf jeden Fall sollten Sie Abstand halten, damit sein Leben das Ihre so wenig wie möglich belastet.

    Seitdem mein Mann zu Hause arbeitet, trinkt er immer mehr. Inzwischen sind es drei, vier Flaschen Bier pro Abend und dazwischen Schnaps. Mir macht das Angst. Ist er schon Alkoholiker?

    Das ist schwer zu sagen. Denn der Übergang von starker Gewöhnung bis hin zu einer Abhängigkeit ist fließend. Aber es geht ja auch darum, dass er Ihnen mit seinem Alkoholmissbrauch Angst macht und das billigend in Kauf nimmt. Überlegen Sie, ob Sie bereit sind, das noch länger zu ertragen. Wenn nicht, dann sagen Sie ihm klar und deutlich, dass Sie sein Verhalten massiv stört. Dringen Sie darauf, es zu verändern. Je konkreter Sie Ihre Forderung formulieren, desto besser. Suchen Sie für das Gespräch eine Zeit, in der er nüchtern ist. Wenn er blockiert, wäre eine Frauenberatungsstelle für Sie vielleicht hilfreich, damit Sie Unterstützung bekommen. Adressen finden Sie bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung unter www.dajeb.de.

    Mein Mann sieht die Alkohol-Eskapaden unseres Sohnes, 17, an den Wochenenden sehr entspannt. Ich bin besorgt. Was tun?

    Ihre Sorge ist berechtigt. Jeder Schluck Alkohol und insbesondere das Rausch-Trinken sind für Jugendliche gesundheitlich riskant, da der Reifungsprozess des zentralen Nervensystems noch nicht abgeschlossen ist. Versuchen Sie, mit Ihrem Sohn darüber ins Gespräch zu kommen. Sagen Sie ihm, dass und warum Sie sich Sorgen machen. Für mehr Informationen können Sie ihm das Internetportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für Jugendliche empfehlen. (Protokoll: Birgit Malchow)

    Hier gibt es Rat:

    Sucht-Beratungstelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Mo – Do von 10–22 Uhr, Fr – So von 10–18 Uhr unter 0221/892031.

    Kostenlose Info-Materialien www.bzga.de/Infomaterialien

    Weiterer Rat Für Jugendliche unter 16 Jahren: www.null-alkohol-voll-power.de, für Jugendliche von 16 bis 20 Jahren: www.kenn-dein-limit.info, für Erwachsene: www.kenn-dein-limit.de

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