Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch schildert in einem am Donnerstag erschienenen Report Schwachstellen im System der Lebensmittelwarnung in Deutschland. Dazu Fragen und Antworten.
Wie häufig werden Lebensmittel zurückgerufen?
Im Schnitt der vergangenen Jahre gab es nach Foodwatch-Berechnungen zwei Rückrufe pro Woche. Die Anzahl hat allerdings über die Jahre zugenommen, von 83 Rückrufen im Jahr 2012 auf 148 im vergangenen Jahr. Meist ging es um Verunreinigungen mit Bakterien wie Salmonellen. Aus Sicht von Experten hängt die Zunahme mit einer gestiegenen Bereitschaft der Unternehmen zusammen, fehlerhafte Produkte auch tatsächlich zu melden.
Wie läuft ein Rückruf ab?
Betroffene Chargen werden nicht weiter ausgeliefert und der Verkauf gestoppt, die Ware wird aus den Regalen und Lagern von Händlern geräumt, Kunden werden informiert und zur Rückgabe gekaufter Ware aufgerufen. So sollte es jedenfalls sein. Die öffentliche Warnung gebe es aber nicht immer, berichtet Foodwatch - es komme "immer wieder zum Rechtsbruch". Genaue Zahlen liefert die Organisation dazu aber nicht, sie beruft sich auf Angaben anonymer Branchenexperten. Je nach Fall kann es auch reichen, wenn ein Unternehmen nur Verzehrhinweise herausgibt - zum Beispiel, dass belastetes Hackfleisch gut durchgegart werden sollte.
Was tun die Behörden?
Ihnen seien oftmals die Hände gebunden, so Foodwatch. Denn Risikoeinschätzung und öffentliche Warnung seien vorrangig Aufgabe der Unternehmen. Behörden würden in der Regel überhaupt nur informiert, wenn ein Hersteller sich für Rückruf oder Rücknahme entschieden hat, so Foodwatch. Hinzu kommt: Behörden-Warnungen bergen die Gefahr, dass betroffene Unternehmen Schadenersatz fordern.
Wie erfährt man als Verbraucher von Rückrufen?
Eigentlich gibt es viele Möglichkeiten: Medien, Aushänge, soziale Netzwerke, Firmenwebseite, Newsletter - doch diese werden aus Sicht der Verbraucherschützer längst nicht ausgeschöpft. Unternehmen legen dem Report zufolge weitgehend selbst fest, wie und in welchem Umfang sie warnen. Das staatliche Portal lebensmittelwarnung.de kommt nicht gut weg: Fast jede zweite der gut 90 für den Report untersuchten Warnungen gelangte demnach mit Verspätung auf die Seite, teils geht es um Tage oder gar Wochen. Gründe seien etwa eine verzögerte Weitergabe von Informationen zwischen Behörden, das Warten auf eine Reaktion des Herstellers oder Feiertage.
Was bestimmt die Informationspolitik von Unternehmen?
Die Verbraucherschützer sehen Firmen in einem "unauflösbaren Interessenkonflikt" - es gehe um die Angst vor Umsatzeinbrüchen und vor einem Imageschaden. Entsprechend werde zum Beispiel von einer Information über breitenwirksame, aber für Werbebotschaften gedachte Kanäle wie Facebook tendenziell eher abgesehen. Einheitliche Vorgaben zu den zu Informationskanälen gebe es nicht, beklagt Foodwatch.
Gibt es auch positive Beispiele?
Foodwatch schildert einen Fall, in dem eine Firmenchefin sogar ihre Handynummer veröffentlicht habe, um Verbrauchern bei Fragen zur Verfügung zu stehen. So etwas sei aber die Ausnahme. Dabei betont die Organisation, dass etwa vorsorgliche Rückrufaktionen zunehmend als Zeichen verantwortlichen Handelns von Kunden honoriert würden. Über den vorsorglichen Eier-Ruckruf großer Discounter im Zuge des Fipronil-Skandals hatte ein Marketing-Experte zum Beispiel kürzlich der dpa gesagt: "Sie signalisieren den Kunden damit, wir kümmern uns, wir tragen Sorge für Euch."
Was sollte sich beim Rückruf-System ändern?
Neben gesetzlichen Klarstellungen - es gehe um das deutsche und das europäische Lebensmittelrecht - und einer Überarbeitung des staatlichen Warn-Portals müssten aus Sicht von Foodwatch Supermärkte an zentraler Stelle über alle Rückrufaktionen informieren, die ihr Sortiment betreffen. Bislang machten das die wenigsten Händler. Gisela Gross, dpa
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