Auf der Internetseite ist die Welt des Energie-Anbieters BEV noch in Ordnung. Ein großes Foto zeigt eine gut gelaunte Frau mit Kind, im Hintergrund sind die zwei Türme der Münchner Frauenkirche zu sehen. Darüber steht: „Ihr Energieversorger aus dem Herzen Bayerns.“ Hinter den Kulissen der Bayerischen Energieversorgungsgesellschaft geht es aktuell allerdings weniger idyllisch zu. Unzählige Verbraucher beschweren sich über den Discount-Anbieter. Es geht um enorme Preissteigerungen, einbehaltene Guthaben und ein Unternehmen, das nicht mehr zu erreichen ist.
BEV erhöhte seinen Grundpreis für Strom zum Teil um fast 1000 Prozent
Was ist passiert? Kurz vor Weihnachten haben viele Kunden der BEV Post bekommen, die Verbraucherzentralen haben den Inhalt einiger Schreiben öffentlich gemacht. In den Briefen kündigte das Unternehmen an, die Preise zum Teil drastisch zu erhöhen. Bei einem Kunden aus Nordrhein-Westfalen stieg etwa der Grundpreis für Strom um fast 1000 Prozent – von vier auf 42 Euro im Monat. Einem anderen Verbraucher wurde mitgeteilt, dass der Abschlagspreis von 6,23 Euro auf 50,16 Euro angehoben werde.
Dazu kommt: Viele Kunden sollten mehr zahlen, obwohl der Anbieter ihnen für einen bestimmten Zeitraum eine Preisgarantie zugesagt hatte. Daneben klagen Verbraucher darüber, dass Guthaben einbehalten oder versprochene Boni nicht ausgezahlt würden. Auch die Bundesnetzagentur ermittelt mittlerweile gegen das Unternehmen. Ein Sprecher teilte auf Anfrage mit, dass wegen „intransparenter Zwischenabrechnungen“ aktuell ein Aufsichtsverfahren gegen die BEV geführt werde.
Für Verbraucherschützerin Heidemarie Krause-Böhm ist das ein Unding und ganz und gar „nicht alltäglich“. Im Fall der Preissteigerungen empfiehlt die Energieexpertin der Verbraucherzentrale Bayern betroffenen Kunden, die Erhöhung zurückzuweisen oder eine Sonderkündigung geltend zu machen. Die Verbraucherzentralen haben dafür ein Musteranschreiben ins Internet gestellt.
Allerdings berichten Kunden, die sich beschwert haben, dass sie daraufhin ein weiteres Schreiben erhalten hätten. Darin wurden sie aufgefordert, der Anhebung schon vor Ablauf der Preisgarantie „freiwillig“ zuzustimmen. Melden sie sich nicht, gilt das laut BEV bereits als Zustimmung. Andere Kunden berichten jedoch, dass eine Sonderkündigung bei Ihnen problemlos geklappt habe.
Der Energieversorger erklärt die Anhebung in seinem Schreiben mit „widrigen Umständen“ und einer „weggefallenen oder gefährdeten Geschäftsgrundlage“. Unternehmen müssten seit einiger Zeit deutlich mehr zahlen, wenn sie Strom einkaufen.
Kunden bekommen von BEV keine Antwort
Natürlich könnten Kunden „jederzeit“ mitteilen, dass sie eine freiwillige Preiserhebung nicht mitmachen wollen. Allerdings ist es offenbar gar nicht so einfach, die BEV zu kontaktieren. Verbraucher klagen darüber, dass sie weder per Telefon, Fax oder Mail eine Antwort bekommen. Bei Einschreiben würde zum Teil die Annahme verweigert. Auch auf Anfrage der Redaktion antworteten das Unternehmen und Geschäftsführer Ralph Steger nicht. Steger ist in Augsburg kein Unbekannter: Bis 2018 war er kaufmännischer Direktor der Stadtwerke Augsburg, laut Handelsregister ist er seit diesem Jahr BEV-Chef.
Auch wenn das Unternehmen nur schwer zu erreichen ist, rät Verbraucherschützerin Krause-Böhm, der Preisanhebung ausdrücklich zu widersprechen und am besten auch das Lastschriftmandat zu kündigen, damit der Energie-Anbieter nicht weiterhin Geld abbuchen kann. Verbraucher sollten dafür einen Brief an die BEV schicken – am besten als Einwurf-Einschreiben. Dabei dokumentiert der Postbote, dass der Brief im Briefkasten gelandet ist. So könne die Annahme nicht abgelehnt werden. Der letzte und auch teuerste Weg sei eine Zustellung über einen Gerichtsvollzieher. Krause-Böhm beziffert die Kosten dafür auf etwa 13 bis 20 Euro.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die BEV in den Fokus der Verbraucherschützer geraten ist. Die Marktwächter Energie Niedersachsen, eine Einheit der dortigen Verbraucherzentrale, hatte den Anbieter bereits Ende 2017 abgemahnt, weil er für einige Kunden mitten im Jahr die Abschläge erhöht und das mit einer neuen Zählerablesung begründet hatte. Diese Ablesung hat es nach Angaben der Verbraucherschützer aber nie gegeben.
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