Wenn es um Themen wie die Zuckersteuer oder um eine Lebensmittelampel geht, sagt früher oder später jemand: Staatliche Regulierung hilft nichts. Schon Kinder müssten lernen, sich gesund zu ernähren. Die Frage ist nur: wie?
Ein Besuch in Friedberg am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Dort arbeiten Hildegard Engelhart und Sonja Fäustlin. Die beiden sind Expertinnen, wenn es um das Thema Kinder und Ernährung geht. In jedem bayerischen Landkreis gibt es ein solches Amt wie in Friedberg. Und in jedem Amt werden kostenlose Kurse für Eltern zum Thema Ernährung angeboten. Fäustlin und Engelhart wissen also, worüber sich Eltern Gedanken machen und welche Tricks helfen, damit Brokkoli und Apfelschnitze schmecken. Ein Überblick:
Vorbereitung Wer seine Kinder für gesundes Essen begeistern möchte, der muss schon vor der eigentlichen Mahlzeit beginnen. Ältere Kinder können zum Beispiel in die Gestaltung eines Wochenspeiseplans einbezogen werden. Und wenn sich das Kind ein oder zwei Mahlzeiten in der Woche wünschen kann, lassen sich weniger beliebte Speisen besser verkaufen, sagt die Expertin. „Eltern können dann argumentieren: Gestern gab es das, was du wolltest, heute gibt es das, was ich will“, erklärt sie.
Kinder müssen lernen, zu festen Zeiten zu essen
Kochen Fäustlin hat selbst drei Kinder und erzählt, dass die schon im Kleinkindalter mit in der Küche dabei waren. Dabei ist Geduld gefragt. Wenn ein kleines Kind zum ersten Mal Tomaten schneidet, sieht das nicht perfekt aus. Dafür isst es den Salat hinterher. Er ist schließlich selbst gemacht, sagt die Expertin. „Viele Eltern haben auch Angst, dass sich die Kinder beim Schneiden verletzen“, sagt Engelhart. „Aber man muss ihnen etwas zutrauen. Nur so lernen sie.“ Was auch hilft: Gemüse im Garten oder auf dem Balkon anbauen. „Wenn man die eigenen Radieschen erntet, sagt kein Kind: Igitt, Radieschen esse ich nicht“, sagt Fäustlin.
Regelmäßigkeit Ein Punkt, der vielen Eltern schwerfällt, ist die Regelmäßigkeit. Für Kinder sei ein Ess-Rhythmus sehr wichtig. Die beiden Fachfrauen empfehlen, dass Kinder fünf Mal am Tag essen. Nicht mehr und nicht weniger. Zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen eine große Portion. Dazwischen eine Kleinigkeit – etwa Obst. Wichtig: Zwischendurch sollten die Kinder nichts bekommen. „Wenn ein kleines Kind gerade erst einen Keks oder eine Brezel geknabbert hat, wird es mittags nicht wieder Hunger haben“, sagt Engelhart. Der Magen eines Kindes sei ziemlich klein. Wenn Kinder an einen festen Takt gewohnt sind, werden sie zu dieser Zeit hungrig am Tisch sitzen.
Durchhalten Dieser Punkt mag sich erst einmal schwer anhören, aber wenn es darum geht, Kinder zu gesunder Ernährung zu erziehen, lohnt es sich, durchzuhalten. Das heißt: Wenn das Kind am Tisch sitzt und sagt: „Bäh, Tomaten mag ich nicht. Das esse ich nicht“, aufsteht und geht, sollten die Eltern es dabei belassen. Fäustlins Erfahrung nach machen Eltern in solchen Situationen oft die gleichen Fehler: Entweder es gibt von vornherein extra Gerichte, weil Kinder irgendetwas nicht mögen. Oder die Eltern laufen ihnen mit Essen und Trinken hinterher. Oder aber, das Kind kommt eine halbe Stunde nach der Essenszeit und klagt, dass es Hunger habe. „In solchen Situationen ist es ganz wichtig, dass die Eltern dann vielleicht ein Brot anbieten, aber nicht extra etwas kochen“, sagt Fäustlin. Nur so würden die Kinder lernen, dass es eben nur zu bestimmten Zeiten Essen gibt. Und nur das, was gekocht wurde. Und noch etwas ist interessant: Gerade kleine Kinder müssen Geschmäcker erst lernen. Bis sie etwas mögen, müssen sie es etwa 35 Mal probieren. Durchhalten lohnt sich also – auch auf lange Sicht: Trotz aller Bemühungen kann es natürlich sein, dass sich Kinder vom Taschengeld vor allem ungesunde Dinge wie Chips, süße Teilchen oder Cola kaufen. Jedoch: „Es lässt sich aber beobachten, dass man irgendwann wieder zu der Ernährung zurückkehrt, die man als Kind gelernt hat“, sagt Fäustlin. Wer also von klein auf gesund isst, behält das bei.
Dürfen Kinder Süßes essen? Ja, aber in Maßen
Süßigkeiten Süßes ist nicht verboten. Das ist eine ganz wichtige Regel. Aber: Süßes gibt es eben nur in Maßen – nämlich eine Portion am Tag. Wie groß eine Portion ist, lässt sich sehr gut an der Größe der Hände eines Kindes abmessen. Die Menge, die in eine Hand passt, ist eine Portion. „Und was viele Eltern nicht wissen, viele Gerichte, die scheinbar extra für Kinder gemacht sind, zählen eigentlich als Süßigkeit, weil sie so viel Zucker enthalten“, sagt Engelhart – zum Beispiel Frühstücksflocken, Milchspeisen oder Joghurts. „Die Eltern sollten genau hinschauen, was in den Kinderprodukten enthalten ist.“ Auch diese Lebensmittel sind nicht verboten. Dürfen aber eben nicht im Übermaß gegessen werden.
Vorbild sein Eltern kommen nicht darum herum, selber auf ihre Ernährung zu achten. Wer möchte, dass sein Kind möglichst viele verschiedene Gemüsesorten isst, darf selber nicht nur Fleisch essen und den Rest verschmähen. „Kinder merken es genau, wenn der Papa nur Schnitzel isst und keinen Salat“, sagt Engelhart. Deshalb gilt: Auch Mama und Papa müssen sich immer eine Portion Gemüse nehmen und die ohne Beschwerden essen. Auch wenn die Großen heimlich naschen, bemerken das die Kinder meist. „Die sind schlauer, als man oft denkt, und finden die leeren Papiere dann am nächsten Tag ganz bestimmt im Mülleimer“, sagt Engelhart. Sagen die Eltern dagegen ganz bewusst: „Schau, ich esse jetzt auch meine Portion Schokolade und ich genieße die“, lernen Kinder früh einen guten Umgang mit Süßem.
Mehr hilfreiche Informationen finden Sie hier in unserem Ratgeber zum Thema Familie.
Hinweis der Redaktion: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Beitrag aus unserem Online-Archiv.