München (dpa/tmn) - In den sozialen Medien stößt man immer wieder auf den Begriff "Body Count". Der Ausdruck reduziert Intimität auf Zahlen, sagt Beziehungs-Expertin und Psychologin Stella Schultner. Im Interview klärt sie über den "Body Count" auf - und warum er bei Frauen und Männern unterschiedlich bewertet wird.
Frage: Was ist der "Body Count"?
Stella Schultner: "Body Count" stammt ursprünglich aus dem militärischen Kontext, wo er die Anzahl der getöteten Gegner bezeichnete. Heutzutage ist er vor allem aus den sozialen Medien und der Online-Dating-Community bekannt und bezieht sich auf die Anzahl der Sexualpartner einer Person.
Beispiel: Wenn jemand einen Body Count von acht angibt, hatte sie oder er bislang mit acht Personen Geschlechtsverkehr. Es geht also ausschließlich um die Anzahl der Menschen, mit denen man Intimität geteilt hat.
Dieser "Wert" spielt vor allem bei Jugendlichen eine Rolle, die sich manchmal mit ihrer sexuellen Erfahrung profilieren wollen. Ältere Generationen sind eher weniger vertraut damit oder sehen es als unangemessenes Thema.
Frage: Welche Rolle spielt ein (hoher) Body Count?
Stella Schultner: Für manche Menschen spielt der Body Count eine Rolle bei der Partnerwahl. Ein hoher Body Count kann für manche Menschen abschreckend sein, da sie befürchten, dass die Person keine langfristigen Beziehungen eingehen kann oder nicht treu ist. Außerdem haben Menschen in festen Beziehungen tendenziell häufiger Geschlechtsverkehr als solche, die häufig ihre Partner wechseln.
Der Body Count sagt daher nichts über die Beziehungsfähigkeit einer Person aus. Es gibt keine festgelegte Grenze, welcher Body Count "zu hoch" oder "okay" ist. Jeder Mensch hat unterschiedliche Einstellungen und Vorlieben in Bezug auf Sexualität - Und sollte selbst entscheiden, welcher "Wert" für sie oder ihn in Ordnung ist. Was für den einen völlig normal ist, kann für den anderen unangemessen sein.
Frage: Was macht den Begriff problematisch?
Stella Schultner: Es gibt immer noch gesellschaftliche Vorurteile und Doppelstandards in Bezug auf Sexualität und Geschlecht, die dazu führen, dass der Body Count von Frauen und Männer unterschiedlich diskutiert wird. Frauen befürchten häufig, aufgrund ihrer sexuellen Erfahrungen negativ beurteilt zu werden, während Männer meist mit ihren Erlebnissen prahlen können. Diese Diskussion kann problematisch sein, da sie auf veralteten Geschlechterstereotypen und moralischen Urteilen basiert.
Der Begriff kann auch eine Distanz zur persönlichen Intimität schaffen und Menschen auf Objekte reduzieren. Es ist durchaus legitim, eine eigene "Liste" zu führen, um Erfahrungen zu reflektieren, aber nicht, um damit anzugeben. Jeder Mensch darf seine eigenen Erfahrungen machen - unabhängig vom Geschlecht.
Zur Person: Stella Schultner ist Psychologin und Beziehungs-Expertin aus München. Nach ihrem Studium hat die 36-Jährige eine hypnotherapeutische Ausbildung gemacht und gibt in ihrer Praxis und auf der Social-Media-Plattform Instagram Dating-Tipps für Frauen und Männer.
(Interview: Evelyn Denich, dpa)