Die Publikation der beiden niederländischen Umweltrechtler Arie Trouwborst und Han Somsen in der Fachzeitschrift Journal of Environmental Law schlug in der Katzenliebhaberszene in ganz Europa ein wie eine Bombe. Stein des Anstoßes ist das Resultat ihres Gutachtens. Es besagt, dass nach geltendem Recht in ganz Europa keine Hauskatze frei herumlaufen dürfe. Dabei beziehen sich die Juristen unter anderem auf die Vogelschutzrichtlinie, nach der jedes EU-Land dagegen vorgehen muss, wenn heimische Vögel absichtlich getötet werden. Trouwborst und Somsen klagen an, dass kein einziges Land dieser Verpflichtung nachkomme.
Damit kommt Bewegung in eine Sache, über die abseits der breiten Öffentlichkeit unter Tier- und Naturschützern bereits länger heiß diskutiert wird. Die Katze ist unser liebstes Haustier, geschätzte 15 Millionen Katzen leben in Deutschland – doppelt so viele wie Hunde. Ein Grund für die Beliebtheit: Eine Katze, die ins Freie darf, kümmert sich ein Gutteil des Tages um sich selbst und ist als Haustier weniger zeitaufwendig. Doch genau da liegt der Hase im Pfeffer, denn frei laufende Katzen jagen. Das gefällt zwar auch den meisten Katzenbesitzern nicht, lässt sich aber definitiv nicht wegerziehen.
Katzen können lokal zu einem Rückgang oder Verschwinden von Tierarten führen
Seit vielen Jahren versuchen Wissenschaftler, die Auswirkungen von Katzenhaltung auf die Bestände wilder Tiere zu beziffern. Schwierig dabei: Die Katze ist in Bezug auf ihr Beutespektrum sehr flexibel. Von der kleinen Amsel bis zur Eidechse kann sie an etlichen Arten Gefallen finden. Hinzu kommt, dass sich Beutetiere kaum zählen lassen. Einmal frisst Mieze alles auf, dann lässt sie das getötete Tier liegen. Manchmal verletzt sie das Opfer nur und lässt es liegen, dann versteckt sie es und ein ander Mal bringt sie es als Geschenk heim. Doch nach jahrelangen Untersuchungen, Zählungen und Rechnungen ist sicher, dass Katzen zumindest lokal zu einem Rückgang oder Verschwinden einzelner Arten führen können. In Wohngebieten holen sie sich im Durchschnitt die Hälfte der Jungvögel. Und weil Katzen beliebter sind denn je und es immer mehr gibt, steigt auch die Bedrohung für ihre Beutetiere. Der Aufschrei der Artenschützer war längst zu erwarten.
Vorschlag: Eine Chippflicht und eine Katzensteuer
Was tun in diesem Dilemma? Katzen einsperren? Dazu müssten alle Katzen drinnen zur Welt kommen und nie durch grüne Wiesen streifen. Eine Katze, die einmal im Freien war, lässt sich nicht mehr zur Wohnungskatze umerziehen. Aber es wäre hilfreich, wenn die Gesamtzahl der Freigänger sinken würde. In Österreich etwa muss jede Freigängerkatze, männlich wie weiblich, kastriert werden. Klingt auf Anhieb gut, aber weil das kein Mensch kontrollieren kann, hat es nicht mehr als eine Signalwirkung.
Mein Vorschlag, analog zur Hundehaltung: konsequente Chippflicht für Katzen inklusive Katzensteuer. Damit wäre klar, wie viele Katzen es tatsächlich gibt und wem welches Tier gehört. Jeder müsste sich gut überlegen, wie viele Katzen er sich leisten kann und will. Vorteil 1: Diese Maßnahmen schützen vor der jährlichen Flut kleiner, oft kranker Katzenkinder. Vorteil 2: Es hilft unzähligen Wildtieren.
Zur Autorin: Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.
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