Die Nase fängt an zu tropfen, es kratzt im Hals und plötzlich sind die Nebenhöhlen zu und die Stimme versagt. Jeder kennt die Symptome einer Erkältung, doch tatsächlich kann niemand mit Sicherheit sagen, woher sie kommt. Ganz gleich, um welchen Virus es sich handelt, die Krankheitsbilder sind immer ähnlich und oft lässt sich eine Grippe von Erkältungen kaum unterscheiden. Am besten ist natürlich, man wird gar nicht erst krank. Doch wie steckt man sich eigentlich genau an? Wie lässt sich am wirksamsten vorbeugen? Und ab wann sollte man lieber zum Arzt gehen?
Wie steckt man sich mit einer Erkältung an? Und wann hilft ein Saunabesuch?
Thomas Holzmann, stellvertretender Leiter der Krankenhaushygiene am Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Regensburg, rät dringend davon ab, präventiv Vitaminspritzen oder gar Schmerzmittel zu nehmen, wenn man eine drohende Erkältung befürchtet. „Wer sich gesund und ausgewogen ernährt und noch dazu regelmäßig Sport treibt, stärkt sein Immunsystem am wirksamsten“, so Holzmann.
Zusätzlich hilft dem Oberarzt zufolge durchaus auch ein Saunabesuch. Er bezeichnet diesen als „Challenge für das Immunsystem“, der Körper werde herausgefordert, mit einem schnellen Temperaturwechsel von heiß zu kalt umzugehen, und kommt dadurch auch besser mit kaltem Wetter zurecht. Wer allerdings bereits die ersten Anzeichen einer Erkältung spürt, sollte auf die Sauna verzichten, um den Körper nicht zusätzlich anzustrengen. Tee oder Brühe helfen ebenfalls, da Flüssigkeit wichtig ist und die Wärme einen Wohlfühleffekt auslöst. Diese präventiven Maßnahmen garantieren jedoch längst nicht, dass man den Winter über gesund bleibt. Wie steckt man sich also mit einer Erkältung an?
„Der Übertragungsweg Nummer eins sind Tröpfchen, die man beim Husten, Niesen oder Sprechen freisetzt, dicht dahinter folgt die Übertragung der Viren durch Berührungen, etwa beim Händeschütteln oder über Oberflächen“, so Holzmann. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nennt als mögliche Übertragungswege für Infektionskrankheiten Tröpfcheninfektion und Schmierinfektion. Wer beispielsweise beim Niesen die Hände vor den Mund hält, hat die Viren an den Fingern und verteilt diese dann fröhlich an Türklinken, Arbeitsplatten oder Haltegriffen in der Straßenbahn. Es helfe jedoch nichts, Handschuhe zu tragen, da wir Menschen die Angewohnheit hätten, uns ständig ins Gesicht zu fassen, erklärt der Regensburger Oberarzt.
Wer sich mit einer niesenden Person in einem Raum befindet, hat zwar ein erhöhtes Risiko sich anzustecken, trotzdem erkältet man sich nicht automatisch. Auf welche Art bei gesunden Menschen die Ansteckung mit den Viren erfolgt, beschäftigt bis heute die Wissenschaft und es kursieren zahlreiche Theorien dazu. Fest steht Thomas Holzmann zufolge, dass Erkältungen ein jahreszeitliches Phänomen sind. Weshalb sie ebenso wie der Norovirus gehäuft im Winter auftreten, ist dagegen unklar. Chronischer Stress spiele beispielsweise eine Rolle, wie etwa die Psychoneuroimmunologie beweist. Aber auch Heizungsluft fördere Erkältungen, da die Schleimhäute austrocknen und so die natürliche Barrierefunktion des Körpers wegfalle. Dr. Holzmann empfiehlt daher Luftbefeuchter, wobei man regelmäßig das Wasser wechseln sollte.
So vermeidet man Ansteckung: Hände waschen und Abstand halten
"Fakt ist, man weiß nicht, was der entscheidende Faktor ist. Dass es über Kontakt geht, ist aber unstrittig", erklärt Susanne Glasmacher. Der Pressesprecherin des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge kann man sich folglich überall anstecken, wo es Nähe gibt. Wer nicht mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt, kann sich genauso gut im Büro, im Supermarkt oder im Wartezimmer eine Erkältung einfangen. Wer mit Bus, U-Bahn oder Straßenbahn fährt, leidet Studien zufolge im Übrigen nicht öfter an Atemwegserkrankungen als andere. Da demnach theoretisch überall die Gefahr der Ansteckung lauert, sollte man sich auch nicht verrückt machen und präventiv mit Handschuhen und Mundschutz durch die Stadt laufen. "Man darf nicht paranoid werden", so die RKI-Sprecherin.
Der wirksamste Weg, um Ansteckung zu vermeiden, ist laut Glasmacher: Hände waschen und Abstand halten. Die Empfehlung gilt dabei gleichermaßen für Influenza, Erkältung und Durchfallkrankheiten. Regelmäßiges Händewaschen allein hilft jedoch nichts, wenn man es falsch macht. Während die Temperatur des Wassers unwichtig ist, sind Seife und Zeit entscheidende Faktoren. "Die Hände müssen mindestens 20-30 Sekunden lang eingeseift werden", so Glasmacher. Thomas Holzmann zufolge ist Desinfektionsmittel zuhause zu viel des Guten, auch wenn es im medizinischen Bereich Standard ist. Für die Allgemeinbevölkerung sei Händewaschen genauso effektiv.
Erkältung: Kann man sich durch einen Kuss anstecken?
Über Tröpfchen oder Berührungen steckt man sich vielleicht am häufigsten an, doch wie sieht es beim Küssen aus? Sollte man bei einer Erkältung lieber darauf verzichten? Dr. Holzmann winkt ab: „Ein Kuss wäre zwar eine Übertragungsmöglichkeit, andererseits regt küssen angeblich auch das Immunsystem an und man sollte sich das Leben auch nicht unnötig schwer machen.“
Eine Sprecherin der BZgA warnt dagegen, dass viele Krankheitserreger über Speichel direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Im Krankheitsfall solle man daher auf enge Körperkontakte wie Küssen und Umarmen verzichten, ebenso auf das förmlichere Händeschütteln. "Insbesondere sollte vermieden werden, mit ungewaschenen Händen Augen, Nase oder Mund zu berühren, da dies häufig die Eintrittspforten für Krankheitserreger sind", so die Sprecherin. Steckt man sich aber wirklich durch jeden Kuss automatisch mit einer Erkältung an?
In Wisconsin haben Forscher ein Experiment zu dieser Fragestellung gemacht. Dabei sollten erkrankte Testpersonen 16 gesunde Freiwillige wahlweise für mindestens eine Minute oder zwei Mal 45 Sekunden lang küssen. Das Ergebnis: Nur eine Person erkältete sich. Susanne Glasmacher, die Pressesprecherin des Robert Koch-Instituts erklärt es folgendermaßen: "Wenn Sie jemanden küssen, sind Sie der Person in der Regel zuvor schon nahe gekommen. Das heißt, entweder Sie haben sich zu dem Zeitpunkt schon längst angesteckt oder eben nicht."
Ab wann sollte man mit einer Erkältung zum Arzt gehen?
Als Faustregel gilt laut Oberarzt Holzmann, wenn ich hohes Fieber habe, es nach zwei Tagen nicht weggeht, ich mich sehr schlecht fühle, Kreislaufprobleme habe oder generell chronisch krank bin, sollte ich frühzeitig zum Arzt gehen. Und auch hier ist Vorsicht geboten, wenn der Arzt einem Antibiotika verschreiben möchte. Bei Erkältung oder Grippe werden der BZgA-Sprecherin zufolge meist nur die Krankheitszeichen behandelt, beispielsweise durch fiebersenkende oder schleimlösende Mittel sowie durch abschwellende Nasentropfen. "Eine virale Erkrankung kann nicht direkt bekämpft werden, da Antibiotika gegen Viren unwirksam sind", so die Sprecherin. Daher verordnet der Arzt in der Regel auch nur dann ein Antibiotikum, wenn eine bakterielle Infektion vorliegt.
Eine Erkältung sollte man grundsätzlich nicht auf die leichte Schulter nehmen. "Wer erkältet ist, sollte nicht zur Arbeit gehen, da man dort lediglich seine Kollegen ansteckt", so RKI-Sprecherin Glasmacher. Die Sprecherin der BZgA geht noch einen Schritt weiter und bittet akut Erkrankte, besonders gefährdeten Menschen wie Schwangeren, Säuglingen, alten oder immungeschwächten Menschen fernzubleiben. Thomas Holzmann rät, zuhause zu bleiben, sich ins Bett zu legen und Tee zu trinken.