Auf einer langen Eichentafel stehen zig Keramikschälchen mit farbigen Körnern sowie schwere gusseiserne Mörser. Während die Teilnehmer, sieben Männer und sieben Frauen, geduldig warten, bis ein Mörser frei ist, wird angeregt über mögliche Eigenkreationen diskutiert. Zum Probieren stehen runde und zapfenförmige Körner bereit sowie einige mit winzigem Stiel, darunter der Voatsiperifery. Dieser seltene Urwaldpfeffer aus Madagaskar ist ein Favorit von Simon Mendel, dem Chef der Gewürzmühle Rosenheim.
Mehr als 30 verschiedene Pfeffer hat der Kenner im Programm, der sein Handwerk unter anderem bei Feinkost Dallmayr in München erlernte. Er schwärmt von der Vielfalt, sowohl beim Schärfegrad wie beim Aroma: erdig-harzige bis fruchtig-frische oder zitronige Noten gibt es. „Spannend wird es, wenn man verschiedene Sorten bewusst einsetzt“, so Mendel.
Pfeffer-Verkostungen sind derzeit angesagt. Wenn auch mit anderem Charakter als bei Patrizierfamilien wie den Fuggern und Welsern, die das damals noch sehr kostbare Gewürz als Naschwerk oder schwarze Hülle für ein Huhn auftischten, um damit ihren Reichtum und Status zu demonstrieren.
Pfeffer: Welche Sorte passt zu welchem Gericht?
Als „echter“ Pfeffer gelten Sorten wie Piper longum, Piper retrofactum, Piper borbone oder Piper nigrum, den es in Schwarz, Rot, Weiß oder Grün gibt. Die Farb- und Geschmacksunterschiede ergeben sich aus verschiedenen Reifestadien beziehungsweise der Weiterverarbeitung. Trocknet man die unreifen, grünen Früchte an der Luft, und lässt sie schwarz und hart werden, erhält man schwarzen Pfeffer, mit einer Betonung auf der Schärfe.
Für weißen Pfeffer wässert und schält man vollreife, rote Früchte, befreit sie vom Fruchtfleisch und trocknet sie. Weißer Pfeffer ist schärfer (und weniger aromatisch) als schwarzer. Grüner Pfeffer wird seit dem 20. Jahrhundert hergestellt. Die unreifen grünen Beeren werden gekocht, gefriergetrocknet oder sofort in Lake eingelegt, damit sie ihre Farbe und ihren frischen Geruch beibehalten.
Grüner Pfeffer passt gut in Soßen, zu Früchten oder dunkler Schokolade bzw. Gewürzen wie Ingwer in Thai-Currys. „Echter“ roter Pfeffer ist seltener und teurer. Es handelt sich meist um vollreife, handverlesene, ungeschälte und sehr aromatische Früchte aus dem indischen Kerala oder aus Kambodscha, die nur in kleinen Mengen in den Handel gelangen. Sie sind nicht zu verwechseln mit rosa Schein-Beeren, die eher aus optischen Gründen und weil sie günstiger sind als echter roter Pfeffer, in bunten Pfeffermischungen zum Einsatz kommen.
Warum Pfeffer ein Scharfmacher ist
Auch Paradieskörner oder Kubebenpfeffer sind keine „echten“ Pfeffer, sie gelten aber wegen ihres besonderen Aromas als interessante andere Scharfmacher. Apropos Geschmack: Was wir beim Pfeffer wahrnehmen, ist in Wahrheit ein leichter Schmerz. Denn das in echtem Pfeffer enthaltene Piperin und seine chemischen Verwandten reizen die Enden des Trigeminus-Nervs im Mund und vermitteln uns ein Gefühl wie „heiß“.
Pfeffer passt zu fast jedem Gericht, er unterstützt die Aromen anderer Gewürze und überdeckt sie nicht. Nur mit Paprika und Chili harmoniert er eher nicht, da sich die Schärfen gegenseitig potenzieren würden, schreiben die Gewürz-Päpste Thomas Vierich und Thomas Vilgis („Aroma“) und dass man Pfefferkörner ruhig die ganze Zeit mitkochen lassen kann, weil Schärfe und flüchtige Aromen nur langsam durch die harte Schale entweichen.
Wer auf Pfefferkörner im Gericht, nicht aber auf die Schärfe verzichten will, mörsert die Körner grob oder mahlt sie in einer Mühle, um sie kurz vor dem Servieren über das fertige Gericht zu geben. Dabei kommen auch die frischen Zitrusnoten zur Geltung, die sich sonst bei hohen Temperaturen leicht verflüchtigen. Weil gemahlener Pfeffer wegen der großen Oberfläche schnell sein Aroma verliert, am besten ganze Körner kaufen und in einem Schraubglas aufbewahren.
Erdbeeren und Pfeffer: Wie passt das zusammen?
Doch Pfeffer kann noch mehr. Bald kommen die ersten in Deutschland gereiften Erdbeeren auf den Tisch. Servieren Sie die frischen Früchte zur Abwechslung doch mal mit einem Hauch frisch gemahlenen Langpfeffers. Simon Mendel schätzt sein waldig-warmes Aroma: „Es schlägt perfekt die Brücke zu den Fruchtaromen.“ Einem Mango-Avocado-Vorspeisen-Salat mit Soße auf Orangenbasis, etwas Koriander und Salz verleiht Mendel mit weißem Muntokpfeffer aus Indonesien sowie Bhutan-Zitronenpfeffer den besonderen Kick.
Feines Rindertartar enthält in der Rosenheimer Gewürzmühle salzfermentierten Pondicherry-Pfeffer – statt Kapern. Nach der Ernte in Salz eingelegt hält der indische Pfeffer die Feuchtigkeit und bereichert Käse, Salate oder auch mal Steaks ebenso mit knackiger Schärfe wie mit fruchtig-frischen Aromen.
Das Gewürz ist auch noch gesund
Tasmanischer Bergpfeffer zeichnet sich durch sein süßlich-rauchiges Beerenaroma aus. Fein gemörsert und unter Frischkäse oder in weiße Soße gerührt gibt er eine intensive lila-violette Farbe ab. Macht also auch optisch was her!
Doch Pfeffer verleiht nicht nur Speisen ein feines Aroma, sondern gilt auch als gesund. Schon die heilkundige Kaufmannstochter Philippine Welser, verheiratete Habsburg, kannte ein Rezept gegen Husten, zu dem sieben Pfefferkörner mit Kandiszucker und Honig in Wasser gekocht wurden. Der Sud sollte so heiß wie möglich morgens und zur Nacht getrunken werden.
Heute schätzt man Pfeffer vor allem wegen seiner antibakteriellen Wirkung gegen Blähungen, Sodbrennen, Magen- und Darmkrämpfe. Zudem steigert Piperin die Aufnahme und Wirkung von Curcumin, dem Hauptwirkstoff von Kurkuma, um ein Vielfaches.
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