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Finanzamt: Steuererklärung für Tote: Nachzahlungen und Ärger vermeiden

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Steuererklärung für Tote: Nachzahlungen und Ärger vermeiden

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    Die Beziehung des Menschen mit dem Finanzamt endet nicht mit dem Tod.
    Die Beziehung des Menschen mit dem Finanzamt endet nicht mit dem Tod. Foto: Benjamin Nolte, dpa

    Wer erbt, bekommt es schnell mit dem Finanzamt zu tun. Und zwar nicht allein wegen fälliger Erbschaftssteuer. Der Tod setzt auch keinen Schlusspunkt unter offene Steuersachen. Was in der Regel heißt: Die letzte Steuererklärung für den Toten bleibt an den Erben hängen. "Angehörige fallen meist aus allen Wolken, wenn sie erfahren, dass sie auch die steuerlichen Pflichten erben", sagt Sigurd Warschkow, Leiter der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer in Gladbeck. Bestenfalls kriegen sie Geld zurück. Schlimmstenfalls müssen die Erben viel nachzahlen. War der Verstorbene Rentner, kann es teuer werden. "Das erleben wir in den Beratungsstellen häufig, die Fälle nehmen zu", warnt Warschkow.

    Wer erbt, übernimmt auch rechtliche Pflichten: Was kommt auf Erben zu?

    Auf die Erben gehen sämtliche Rechte und Pflichten nach dem Tod des Vaters, der Mutter, der Tante über – selbst die Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt. Die Steuerpflicht bleibt auch im Todesjahr bestehen. Was bedeutet: Es ist Aufgabe der Erben, an die letzte Einkommenssteuererklärung zu denken, wie Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler in Berlin erklärt. War der Tote noch berufstätig oder hatte er zwischen Jahresbeginn und Todestag steuerpflichtige Einkünfte, die noch nicht besteuert wurden, ist die Abrechnung mit dem Finanzamt unvermeidlich. Die Erben müssen die Steuererklärung dann in seinem Namen einreichen und mit ihrem unterschreiben. Dieser Aufgabe können sie sich nur entziehen, wenn sie das Erbe ausschlagen.

    Der Erbe muss sich um die Steuererklärung kümmern: Was ist zu tun?

    Ein Alleinerbe muss sich selbst um die Steuererklärung für den Verstorbenen kümmern. Eine Erbengemeinschaft muss sich auf jemanden einigen, der die Abgabe erledigt. Soll ein Lohnsteuerhilfeverein oder ein Steuerberater übernehmen, müssen alle Miterben zustimmen, wie Christina Georgiadis von der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH) erläutert. Ihr Rat: Vorsicht beim Wegwerfen von Papieren. Wird die Bleibe des Verstorbenen geräumt, sollten Erben sicherstellen, dass keine Belege fürs Finanzamt verloren gehen. Das kann bares Geld wert sein. Wichtig: Für die letzte Steuererklärung ist die vorletzte hilfreich. Sie bringt Aufschluss, welche Einkünfte und welche Kosten da waren, zum Beispiel für Fahrten, Krankheit, Handwerker, Spenden, Versicherungen. Zuständig für die letzte Steuererklärung ist das Finanzamt in der Stadt oder in dem Bezirk, wo der Verstorbene zuletzt gemeldet war.

    Wann ist mit einer Steuerrückerstattung zu rechnen?

    War der Tote bis zuletzt berufstätig, dann ist die bereits einbehaltene Lohnsteuer in der Regel zu hoch angesetzt. Ausgaben dürfen gegengerechnet werden. Im Normalfall gibt es dann Geld zurück, das die Erben einstreichen dürfen. "Bei jünger versterbenden Menschen, die noch im Berufsleben waren, können sich Erben in der Regel auf eine Steuererstattung einstellen", sagt Warschkow. Überlebende Ehegatten können vom sogenannten Witwensplitting profitieren. Das ist eine Zusammenveranlagung wie in der Ehe, obwohl es keine Ehegemeinschaft mehr gibt, wie Klocke erläutert. Der günstigere Splittingtarif gilt noch für das Todesjahr und das darauffolgende Kalenderjahr. Auch bei der Steuererklärung für Tote sind Abgabefristen einzuhalten. Ist der Vater oder die Tante beispielsweise im Juni dieses Jahres gestorben, muss die Steuererklärung bis spätestens 31. Juli 2021 beim Finanzamt sein. Wer sich vom Lohnsteuerhilfeverein oder Steuerberater helfen lässt, hat Zeit bis Ende Februar 2022.

    Lohnt sich eine freiwillige Steuererklärung für den Verstorbenen?

    Hat der verstorbene Arbeitnehmer Steuern gezahlt, war aber nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, sollten Angehörige überlegen, freiwillig mit dem Finanzamt abzurechnen, rät Warschkow. Auch in diesen Fällen lässt sich zu viel Bezahltes zurückholen. Freibeträge für eine Behinderung, Ausgaben für Handwerker oder auch Zuzahlungen für eine Unterbringung im Pflegeheim mindern die Steuerlast und können zu einer Erstattung führen. Bei der freiwilligen Abgabe können Hinterbliebene die Steuererklärung noch bis zu vier Jahre nach dem Todesfall einreichen.

    Wann wird es teuer?

    War der Verstorbene schon im Ruhestand, kann es für seine Erben teuer werden. Denn: Rentner müssen zunehmend Steuern nachzahlen. Die Rentenversicherung nimmt – im Gegensatz zu Arbeitgebern – keinen Lohnsteuerabzug vor, wie Warschkow betont.

    Auch in Corona-Zeiten müssen sich Erben mit dem Nachlass Verstorbener beschäftigen.
    Auch in Corona-Zeiten müssen sich Erben mit dem Nachlass Verstorbener beschäftigen. Foto: Christin Klose, dpa

    Das Finanzamt kann bis zu sieben Jahre rückwirkend fehlende Steuererklärungen nachfordern. Im klassischen Fall seien oftmals die Witwe respektive die Kinder mit teilweise hohen Nachzahlungen konfrontiert, so Warschkow. Mal steht mehr als nur eine Steuererklärung noch aus, mal sind noch alte Steuerschulden offen, mal tauchen verschwiegene Schwarzgeldkonten auf, mal wirkt sich die Steuerpflicht verspätet aus.

    Wer kassiert, wer bezahlt?

    Erben stehen nicht nur in der Pflicht, die letzten Steuerangelegenheiten des Toten zu regeln. Es ist auch in ihrem ureigenen Interesse. Denn: Sowohl die Rückerstattung vom Finanzamt als auch Steuerschulden zählen zum Nachlass und können sich auf die Höhe der Erbschaftssteuer auswirken. Alleinerben dürfen Erstattungen allein kassieren, müssen aber auch Nachzahlungen allein schultern. "Bei Erbengemeinschaften kann es zu Streit kommen, wer wie viel behalten darf und vor allem, wer wie viel ans Finanzamt zahlen muss", so die Erfahrungen Warschkows. Grundsätzlich gilt: Gutschriften des Fiskus wie auch Steuerschulden müssen gemäß den Erbanteilen aufgeteilt werden. "Bei enormen Nachforderungen sollten Erben prüfen, ob es überhaupt Sinn macht, das Erbe anzutreten", empfiehlt Warschkow.

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