Hefe war im Supermarkt eigentlich schon immer schwer zu finden. Kein Wunder, die kleinen 42-Gramm-Würfel Frischhefe fallen zwischen riesigen Milchpackungen, Joghurt-Gläsern, Butterquadern und Käsepackungen ja auch kaum auf. Viele Supermärkte haben deshalb gut sichtbare Schilder in Pfeilform an ihren Kühlregalen oder auf dem Boden davor angebracht: "Hefe" steht darauf. Doch auch diese Hinweisschilder helfen Kunden in jüngster Zeit nicht weiter. Hefe ist - wie Nudeln, Klopapier und passenderweise Mehl - in der der Corona-Krise Mangelware. Aber warum eigentlich?
In den Supermärkten hat sich die Nachfrage entspannt - Hefe gibt es trotzdem nicht
Nach und nach entspannt sich bei Supermärkten und Discountern die Nachfragesituation wieder. So teilt etwa Lidl auf Anfrage mit, dass sich das Kaufverhalten der Kunden in den vergangenen Tagen verändert habe: "Die Hamsterkäufe werden weniger und unsere Kunden verteilen sich mehr oder weniger gleichmäßig auf die gesamten Öffnungszeiten. Wir freuen uns, aktuell in nahezu allen Filialen das gewohnte Sortiment anbieten zu können", heißt es aus der Lidl-Zentrale in Neckarsulm. Aber dennoch: Bei manchen Produkten, zum Beispiel Nudeln, Klopapier und Frischhefe, könne es nach wie vor zu Engpässen kommen. Bleibt die Frage: Warum kaufen alle gerade Hefe?
Hefe-Hersteller haben die Produktion hoch gefahren
Ein Grund ist offenbar, dass viele Menschen in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen und so kurz vor Ostern das Backen wiederentdeckt haben. Hefe ist in vielen Teigen eine Grundzutat. Dazu kommt, die Hefehersteller sind wohl von der abrupt ansteigenden Nachfrage überrascht worden. Wirklich äußern möchte sich dazu kein Hersteller. Sie alle verweisen auf den Deutschen Verband der Hefeindustrie. Und der teilt im Namen aller Hefe-Hersteller mit, dass die Nachfrage sehr hoch sei - wie hoch genau, lasse sich jedoch kaum beziffern. Dennoch: Ein Engpass drohe nicht.
"Die Hefehersteller in Deutschland haben den Ausstoß an Würfelhefe bereits deutlich erhöht und produzieren am Limit der Verpackungsfähigkeit. Weder die Rohstoffverfügbarkeit noch die Fermentationsleistung stellen ein Problem dar", heißt es vom Verband der Deutschen Hefeindustrie. Allerdings sagen die Hefe-Erzeuger, dass auch sie wegen des Corona-Virus personelle Schwierigkeiten haben. Und es gibt noch eine weitere Engstelle: Es fehlt Verpackungsmaterial, teilt der Verband mit. "Die frischen Hefewürfel werden für den Lebensmittelhandel einzeln in kleine Folien verpackt und diese werden im Voraus entsprechend der zu erwartenden Nachfrage bestellt, produziert und gelagert. Mit dem aktuellen Anstieg und der außergewöhnlich hohen Nachfrage nach Hefe haben die Hersteller nicht gerechnet und deshalb kommt es auch bei Verpackungen zu Engpässen."
Dennoch klingt die Mitteilung des Verbandes so, als müssten die Hefeplätze im Supermarktregal bald wieder gefüllt sein. Gäbe es da nicht ein anderes Problem. Denn aus Sicht der Hefe-Hersteller sind die Kunden nicht ganz unschuldig an der fehlenden Hefe im Kühlregal.
Fehlt auch in den Bäckereien Hefe?
"Uns haben Nachrichten erreicht, dass Kunden ganze Kartons Würfelhefe kaufen, sobald diese in die Regale eingeräumt werden. Wenn so wenig umsichtig konsumiert wird, ist es klar, dass Hefe als Mangelware erscheint", teilt der Verband mit. Dabei werde genügend Hefe produziert. Hamsterkäufe seien nicht notwendig.
Die Bäckereien in der Region hat der Hefe-Mangel nicht erfasst, sagt Georg Schneider, stellvertretender Obermeister der Bäckerinnung in Augsburg und Chef der Vollwertbäckerei Schneider aus Neusäß. Anders als Privatkunden, kaufen Bäckereien Hefe in 500-Gramm-Blöcken, erklärt Schneider. Während die Nachfrage nach den 42-Gramm-Würfeln durch Corona angestiegen sei, sei die Nachfrage nach den großen Blöcken vermutlich gleich geblieben, sagt Schneider. "Mir wäre von Engpässen nichts bekannt", sagt der Bäckermeister. Der Verband der deutschen Hefeindustrie rät übrigens, bei einem akuten Hefebedürfnis einfach in der nächsten Bäckerei zu fragen, ob sie etwas von ihrer Hefe verkaufen würde.
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