Seit bekannt ist, dass in den USA Menschen durch das Rauchen von E-Zigaretten gestorben sind, steuern weniger Kunden das "Haus des Dampfes" von David Spiller in Berlin-Charlottenburg an. "Viele Kunden kommen vorbei und stellen Fragen zu den Toten in den USA", sagt der Mann, der E-Zigaretten verkauft. Nachdem die ersten Nachrichten über Todesfälle aufschlugen, habe es in allen drei Filialen in der Hauptstadt einen schlagartigen Umsatzrückgang gegeben. Nur langsam würde sich das Geschäft erholen.
Der Umsatzeinbruch hat nicht nur Spiller getroffen, sondern die ganze Branche. Das Bündnis für Tabakfreien Genuss (BTG) hat in einer Umfrage unter 600 Läden festgestellt, dass bei mehr als der Hälfte die Erlöse um 30 bis 40 Prozent weggebrochen sind. Das ist ein harter Schlag für die Tabakindustrie, die mit den E-Zigaretten die Rückgänge im klassischen Tabakgeschäft ausgleichen wollte.
In Bremerhaven mussten zwölf Jugendliche ins Krankenhaus
Doch ist die Angst der Verbraucher begründet? Die US-Gesundheitsbehörde CDC vermeldet 34 Tote im Zusammenhang mit E-Zigaretten. Allerdings enthält ein Großteil der gesammelten Proben THC, den Wirkstoff aus Cannabis. Die Indizien sprechen dafür, dass die Todesfälle vor allem im Zusammenhang mit gepanschten Flüssigkeiten vom Schwarzmarkt stehen, die verdampft wurden. In Bremerhaven mussten vergangene Woche mindestens zwölf Jugendliche ins Krankenhaus, die an E-Zigaretten oder E-Shishas gezogen hatten. Auch hier lautet der Verdacht auf gepanschte Flüssigkeiten mit Cannabis-Wirkstoffen.
Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum sagt: "Es ist noch nicht ganz klar, welche Substanzen dafür verantwortlich sind." Da die Fälle plötzlich innerhalb weniger Wochen aufgetreten seien, werde allerdings sehr deutlich, dass es sich um ein akutes Problem und kein generelles Problem der E-Zigaretten handele. Es gebe in Europa keine vergleichbaren Fälle.
Auch E-Zigaretten-Verkäufer David Spiller sieht das Problem nicht bei den Geräten. Sie seien schließlich nur ein Gebrauchsgegenstand, um die Flüssigkeiten – die sogenannten Liquids – zu verdampfen. Wer diese auf dem Schwarzmarkt kaufe, sei selbst schuld. Über die fälschliche Berichterstattung in den Medien ärgert er sich. Schließlich sei es nachgewiesen, dass E-Zigaretten weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten seien und vielen Rauchern Lebensqualität zurückgeben würden. Tatsächlich stuft auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) E-Zigaretten als weniger gesundheitsgefährdend als herkömmliche Zigaretten ein.
In Deutschland gibt es strenge Richtlinien für Liquids
Anlässlich der Entwicklungen in den USA rät allerdings auch das BfR Dampfern davon ab, sich das Gemisch für ihre E-Zigaretten selbst herzustellen. Das gelte besonders dann, wenn Konsumenten keine ausreichenden Kenntnisse hätten. Allerdings gibt Präsident Andreas Hensel Entwarnung: "Konsumenten von E-Zigaretten in Deutschland drohen nach aktuellem Kenntnisstand keine erhöhten Risiken, sofern sie Produkte verwenden, die europäischen und deutschen Regelungen entsprechen."
Für Dampfer, die ihre Produkte im Fachhandel von deutschen Herstellern beziehen, besteht also kein Grund zur Sorge. Die Liquids enthalten als Trägerstoff ein Gemisch aus Propylenglykol und Glyzerin, außerdem Aromen und Nikotin.
Insgesamt gibt es in Deutschland wesentlich strengere Richtlinien für Liquids als in den USA. So liegt der maximale Nikotingehalt hierzulande bei 20 Milligramm je Milliliter. In den Vereinigten Staaten gab es bisher keine Obergrenze. So hatte der schwer in die Kritik geratene Hersteller Juul dort Produkte mit bis zu 50 Milligramm im Sortiment. Da die nikotinhaltigen Liquids in Deutschland zu den Tabakprodukten gezählt werden, sind auch einige Inhaltsstoffe verboten. Sie dürfen keine Vitamine oder anderen Stoffe enthalten, die dem Dampfer einen gesundheitlichen Nutzen vorgaukeln. Auch stimulierende Mischungen mit Koffein, Taurin oder Glucose sind untersagt; genauso wie Farbstoffe und verschiedene für die Gesundheit schädliche Stoffe.
Ein starkes Erhitzen ist möglich
Die Liquids, die kein Nikotin enthalten, fallen allerdings nicht darunter. "Es sind Aromastoffe zugelassen, die nach Lebensmittelrecht zulässig sind", erläutert Ute Mons. Es sei nicht auszuschließen, dass bei der Erhitzung Schadstoffe entstünden, gerade weil die Entwicklung der Geräte so rasch voranschreite und ein stärkeres Erhitzen möglich sei.
Die neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, sieht hier Handlungsbedarf: "Gerade bei den nikotinfreien Liquids herrscht noch eine große Unsicherheit über die genauen Inhaltsstoffe und was diese langfristig für die Gesundheit bedeuten", sagte die CSU-Politikerin. Die Situation in den USA mache deutlich, dass hier ein schnelles Handeln der Behörden gefragt sei. Ludwig will erreichen, dass es in Deutschland keine Grauzonen gibt.
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