Das 9-Euro-Ticket steht kurz vor dem Ende. Im Juni, Juli und August konnte mit dem Ticket der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in ganz Deutschland genutzt werden. Man kann wohl von einem vollen Erfolg des Tickets sprechen, das Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung ist. Laut dem Meinungsforschungsinstituts Ipsos wurden alleine im Juni 30 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Anfang August sprach der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) dann von rund 38 Millionen verkaufen Tickets. Kein Zweifel: Der ÖPNV ist um ein gutes Stück attraktiver geworden und hat wohl auch eine ganze Menge an neuen Fans gewonnen. Doch wie geht es nach dem August weiter?
365-Euro-Ticket als Nachfolger für das 9-Euro-Ticket?
Eine Umfrage von Ipsos machte die Stimmung in Deutschland deutlich: Demnach wünschen sich 85 Prozent der Menschen im öffentlichen Nahverkehr ein dauerhaft günstiges Angebot. Auch deswegen ist bereits die Diskussion entfacht, ob es denn einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket geben wird. Zunächst steht auch eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets bis Oktober im Raum, es braucht aber eine langfristige Lösung.
Einen solchen hat nun Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ins Spiel gebracht. "Mein Vorschlag wäre ein 365-Euro-Jahresticket für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr in ganz Deutschland", erklärte der CSU-Vorsitzende der Bild am Sonntag. Nicht nur Söder ist der Meinung, dass es ein Nachfolge-Angebot im ÖPNV ab September geben sollte. Auch die FDP und die Linke hat sich bereits für eine Folgelösung ausgesprochen. Dieser Meinung ist auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Es gibt allerdings mehrere Ansätze als das 365-Euro-Ticket.
Auch 49-EuroTicket, 69-Euro-Ticket und 29-Euro-Ticket im Gespräch
Der VDV hat das 69-Euro-Ticket als Nachfolgeangebot für das 9-Euro-Ticket ins Spiel gebracht. Dabei würde es sich um ein dauerhaftes Angebot eines Monatstickets handeln, welches für 69 Euro erhältlich ist. Mit diesem könnte dann der komplette Nahverkehr in ganz Deutschland genutzt werden. Das 365-Euro-Jahresticket wäre für die Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings deutlich günstiger.
Ein ähnlich günstiges Angebot hat die Verbraucherzentrale ins Spiel gebracht: das 29-Euro-Monatsticket. Dieses würde sich in der Größenordnung des 365-Euro-Jahrestickets bewegen, die Nutzerinnen und Nutzer von Bahnen und Bussen aber noch flexibler machen. Ein 49-Euro-Ticket sieht die SPD als eine sinnvolle Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket an. Dieses soll zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den Ländern getragen werden.
Diskussion um 365-Euro-Jahresticket in Deutschland
Die Meinungen bezüglich eines 365-Euro-Tickets gehen derzeit gehörig auseinander. Der Städte- und Gemeindebund hält ein solches Jahresticket für eine gute Idee. "Die Bürgerinnen und Bürger haben ein hohes Interesse, ohne Tarif-Dschungel Busse und Bahnen in ganz Deutschland nutzen zu können. Das zeigen auch die Erfahrungen des 9-Euro-Tickets", sagte mit Gerd Landsberg der Hauptgeschäftsführer zur Funke Mediengruppe: " Auch das Beispiel Österreich zeigt, dass ein 365-Euro-Ticket auf hohe Akzeptanz stößt." In Österreich wurde ein solches Ticket im Jahr 2012 in Wien eingeführt.
Der Deutsche Landkreistag spricht sich gegen ein 365-Euro-Jahresticket aus. "Von Vorschlägen zur Verlängerung des 9-Euro-Tickets und auch von Nachfolgemodellen wie einem 365-Euro-Jahresticket halte ich nichts. Damit ist viel staatliches Geld verbrannt worden, das wirkungsvoller hätte in Taktung und Ausstattung investiert werden können", machte Landkreistagspräsident Reinhard Sager bei der Funke Mediengruppe klar.
Die Frage der Finanzierung wird wohl entscheidend sein. Das 9-Euro-Ticket kostete den Bund insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro. Allerdings sind auch andere Faktoren von Bedeutung. So betonte die Umweltschutzorganisation Greenpeace, dass ein Klimaticket ökologische und finanzielle Vorteile mit sich bringt. Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer erklärte, dass so der Klimaschutz im Verkehr gefördert werden könne und gleichzeitig die Haushalte, die von der Energiekrise getroffen werden, entlastet werden. Als Klimaticket wird der dauerhaft vergünstigte ÖPNV bezeichnet.
Öffentlicher Nahverkehr: Wann kommt ein Nachfolger für das 9-Euro-Ticket?
Das Bundesverkehrsministerium reagierte bereits auf die Diskussionen um einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets. Es verwies auf ein festes Verfahren, welches es bei der Beratung zur Finanzierung und der Zukunft des Nahverkehrs gebe. Bund und Länder sollen demnach im Herbst die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe zu den Aspekten präsentieren. Die Organisation liegt dabei bei den Ländern. Es geht laut Bundesverkehrsminister Volker Wissing um folgende Fragen: "Was sind die Erfahrungen damit? Welche Rolle spielt der Preis? Welche Rolle spielt das einfache Handling oder die deutschlandweite Geltung?"
Der FDP-Politiker verriet der dpa, dass ein Nachfolger für das 9-Euro-Ticket erst Ende des Jahres oder Anfang des Jahres 2023 eingeführt werden kann. "Da wird ja sehr viel gemutmaßt, aber so richtig weiß man es nicht. Darum brauchen wir die Ergebnisse der Evaluation", erklärte er zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppe, die abgewartet werden sollen. Wissing verfolgt mit dem Bundesverkehrsministerium vor allem das große Ziel, einen Tarif-Dschungel zu beseitigen. Das Angebot des ÖPNV soll einfach und attraktiv gestaltet werden.
Insgesamt 52 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft
Aus Sicht des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen war die dreimonatige Sonderfahrkarten-Aktion im Öffentlichen Personennahverkehr ein voller Erfolg. Etwa 52 Millionen Tickets seien über den gesamten Zeitraum bundesweit verkauft worden, teilte der Verband mit. "Hinzu kommen mehr als zehn Millionen Abonnentinnen und Abonnenten, die das vergünstigte Ticket jeweils monatlich über den Aktionszeitraum automatisch erhalten haben", hieß es.