Manchmal fühle ich mich ja beim Durchblättern von Gartenkatalogen ein wenig an Mary Shelleys „Frankenstein“ erinnert: Da wird gekreuzt und gezüchtet, geforscht und genmanipuliert, dass der Laie nur noch verwundert den Kopf schütteln kann. Manchmal fühle ich mich ja beim Durchblättern von Gartenkatalogen ein wenig an Mary Shelleys „Frankenstein“ erinnert: Da wird gekreuzt und gezüchtet, geforscht und genmanipuliert, dass der Laie nur noch verwundert den Kopf schütteln kann. Japanischen Gentechnikern etwa ist es nach 20-jähriger (!) Forschung offenbar gelungen, eine blaue Rose zu züchten. Mit der „Gigantella Maxim“, einer handtellergroßen Erdbeere, wird hingegen das Obstkuchenbacken zum Kinderspiel. Und was am Apfelbirnbaum wächst ist unschwer zu erraten.
Kreuzung aus Tomate und Kartoffel: Die Tomoffel
Doch eine Pflanze, die es schon allein aufgrund ihres Namens verdient hat, auf dieser Seite vorgestellt zu werden, übertrifft die vorgenannten mit links: die Tomoffel. Zugegeben, das Wort allein setzt bereits wilde Fantasien frei, die in Wirklichkeit wohl nicht erfüllt werden. So fragte meine Chefin bei der Redaktionskonferenz erstaunt: „Ist die dann halb Tomate und halb Kartoffel?“, wobei sie vermutlich eine Art mutiertes Monstergemüse mit rot-brauner Schale im Sinn hatte. Nun, ganz so spektakulär ist die Tomoffel auf den ersten Blick nicht. Dafür aber nicht minder skurril.
Oberflächlich könnte man die Züchtung, die bereits 1978 in Tübingen das Licht der Welt erblickte, für eine ganz normale Tomatenstaude halten. Ein bisschen Grün, ein bisschen Rot – nicht weiter ungewöhnlich. Doch unter der Erde schlummert das Kuriosum: Denn während oben Tomaten wachsen, sind es unten eben Kartoffeln. Eine Art Gemüsedoppelpack also. Praktisch. Erfunden hat’s ein Deutscher, der Biologe Georg Melchers nämlich. Und ganz im Sinne der nach Fortschritt strebenden 70er-Jahre mit einem nach Science Fiction riechenden Verfahren, der – Achtung, aufgepasst – Protoplastenfusion.
Neue Kreuzungen: So entstehen neue Pflanzen
Bei diesem Wort habe ich stets einen dem Wahnsinn verfallenen, mit irrem Lachen und wirren Haaren die Hände reibenden Wissenschaftler vor Augen (wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass Melchers so wohl nicht aussah). Dabei werden Pflanzenzellen, deren Zellwände zuvor mit Enzymen aufgelöst wurden, miteinander verschmolzen. Alles klar… Weit einfacher, wenn auch um Längen weniger extravagant ist es, eine Tomaten- auf eine Kartoffelpflanze zu pfropfen. Funktioniert auch.
Was aber bringt eine solche Kreatur denn nun, außer dass man am botanischen Stammtisch ordentlich mit seinem rot-grün-gelben Fiffi angeben kann? Um ehrlich zu sein eigentlich recht wenig. Der Patentinhaber, die englische Firma „Thompson & Morgan“, bewirbt sie mit dem Werbeversprechen, zwei ergiebige Nutzpflanzen auf engsten Raum, ja sogar im Topf oder in der Wohnung wachsen lassen zu können. Insofern eine echte Bereicherung, gar ein Meilenstein für die mikro-minimalistische Gartenanlage. Und somit zu Recht eine Meldung wert. Die Tomoffel, meine Damen und Herren - Applaus!