Stundenlanger Starkregen und dazu lokale Gewitterzellen: Erinnerungen ans Pfingsthochwasser 1999 werden wach bei den Wetterprognosen fürs letzte Ferienwochenende. Klar ist, dass die Paar an mehreren Stellen mindestens Meldestufe 3 erreichen wird. Der Deutsche Wetterdienst hat eine Unwetterwarnung ausgesprochen. Das Landratsamt fordert die Bevölkerung dazu auf, die Wetterlage und die Pegelstände in ihrem jeweiligen Gemeindegebiet zu beobachten. Feuerwehren und Rettungskräfte sind entsprechend gewappnet. Einige Unterschiede zum Jahr 1999 geben aber Anlass zur Hoffnung, dass sich eine solche Katastrophe nicht wiederholen wird.
Ludwig Humbaur ist für den Hochwassernachrichtendienst des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth im Einsatz. Er sagt: "Bei der Paar ist dieses Wochenende schon etwas zu erwarten". Sowohl in Mering, Dasing als auch Aichach könnte die Meldestufe 3 erreicht werden. Bereits jetzt lasse sich ein Ansteigen der Pegel beobachten. Mit dem Höhepunkt des Paar-Hochwassers sei je nach Ort zwischen Samstagvormittag und -nachmittag zu rechnen. "In Aichach kommt es verzögert an, da kann der Pegel noch bis Sonntagvormittag steigen", sagt Humbaur.
Die höchste Meldestufe 4 wird nach derzeitiger Prognose des Wasserwirtschaftsamtes nicht erreicht. Aber eine kleine Ungewissheit bleibe bei diesen Prognosen. Falls noch eine lokale Gewitterzelle mit starken Niederschlägen dazu kommt, könne das Hochwasser noch heftiger ausfallen, erklärt Humbaur. Die aktuellen Pegelstände können beim Hochwassernachrichtendienst des bayerischen Umweltamtes abgerufen werden.
Hochwasser an der Paar und an allen Zuflüssen wie der Ecknach sind zu erwarten
Betroffen sind allerdings nicht nur Paar und Lech, bei denen die Pegelstände erfasst und veröffentlicht werden. "Auch die kleineren Gewässer und Zuläufe wie die Ecknach können ansteigen und ausufern, die muss man dieses Wochenende auch im Blick behalten", sagt Humbaur. Die Böden sind bereits stark gesättigt und werden deswegen die Niederschläge schlecht aufnehmen.
Dennoch ist die Situation grundlegend anders als beim Pfingsthochwasser 1999, wie der Fachmann betont. Denn damals herrschte auch noch massiv Hochwasser am Lech. Das ist aktuell nicht zu erwarten. Der Forggensee hat noch Aufnahmekapazitäten. Außerdem geht die Schneefallgrenze herunter bis auf 1500 Meter. Pfingsten 1999 herrschte dagegen Tauwetter. "Der Lech steigt sicher ein bisschen, bleibt aber weit weg von den Meldestufen", meint Humbaur.
Zudem ist in den vergangenen Jahren im Hochwasserschutz einiges vorangegangen. So wurden die beiden Hochwasserrückhaltebecken Putzmühle und Merching an der Paar fertiggestellt. Diese gehen in Betrieb, wenn die Paar entsprechende Wassermengen führt. Ob das an diesem Wochenende der Fall ist, werde sich vermutlich Samstagvormittag herausstellen. "Wir sind das ganze Wochenende im Einsatz und beobachten das genau. Und wenn es erforderlich ist, werden die Rückhaltebecken aktiviert", sagt Humbaur.
Überall im Landkreis rüsten sich jetzt Kommunen, Rettungskräfte und vor allem die Feuerwehren. So informiert die Gemeinde Kissing in ihrer Bürger-App bereits darüber, wo sich Anwohnerinnen und Anwohner gefährdeter Grundstücke Sandsäcke abholen können. "Wir sind bereit", sagt auch der Kissinger Feuerwehrkommandant Matthias Rawein. Auch in Kissinger stellt man sich darauf ein, dass Keller voll laufen könnten. Beim Pfingsthochwasser besonders betroffen war davon der Bereich der Badangerstraße. Da habe die Feuerwehr durch den mobilen Hochwasserschutz heute andere Möglichkeiten. "Mit den großen Wasserschläuchen der Firma Öko-Tec und Sandsäcken können wir das Wasser umleiten", erklärt er.
Regen: Im Landkreis Aichach-Friedberg rüsten sich Kommunen und Feuerwehren
Feuerwehr-Kreisbrandrat Christian Happach rechnet aufgrund der derzeitigen Prognosen damit, dass der Höhepunkt des Regen-Wochenendes im Lauf des Samstags bevorstehen wird. Die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes vor verstärktem Regen beziehungsweise Hochwasser und des Hochwassernachrichtendienstes zum erwarteten Wasserstand der Paar seien an die Gemeinden und Feuerwehren weitergeleitet worden. "In der Regel informieren die Kommandanten vorab schon ihre Mitglieder, damit auch sie das Wetter im Blick haben." Auch Kreisbrandmeister Dominik Sauter bestätigt: "Wir sind vorgewarnt und wenn die Lage dramatischer wird, sind wir schnell einsatzbereit
Friedbergs Feuerwehr-Kommandant Michael Geiger betont, die Wehr sei trotz Urlaubszeit personell für das Unwetter gerüstet. Bereits jetzt nehme der Boden stellenweise das Wasser nicht mehr auf, meinte er am Freitagvormittag. Doch auch er verweist auf verbesserten Hochwasserschutz sowie andere Bedingungen als an Pfingsten 1999. Es gebe eine Menge Unwägbarkeiten, etwa die Aufnahmefähigkeit der Böden und der Kanäle.
Bürgermeister Roland Eichmann sagt: „Die Lage ist angespannt, entscheidend wird letztlich sein, in welchem Ausmaß der Starkregen regional auftritt. Die Feuerwehren, die Stadtwerke und der Baubetriebshof sind gerüstet und in Alarmbereitschaft.“
Die Feuerwehrleute Happach und Geiger appellieren auch an die Eigenverantwortung der Menschen. Folgende Tipps geben sie und die Stadt Friedberg:
Drohendes Hochwasser in Aichach-Friedberg: Das sollten Hausbesitzer beachten
- Eigentümer und Bewohner von Hochwasser-gefährdeten Wohngebäuden sollten die Situation dauerhaft – auch nachts - im Auge behalten. Eigenschutz ist wichtig - gerade dann, wenn sich die Notfalleinsätze für die Rettungskräfte häufen.
- Wichtig ist, Kellerkontrollen durchzuführen, Schmutzfangkörbe von privaten Sinkkästen sauber zu halten, die Funktionalität von Rückschlagklappen zu kontrollieren, eventuelle Sachgüter in Sicherheit zu bringen und gegebenenfalls Sandsäcke anzurichten.
- Bei Eindringen von Wasser in Kellerräume ist der Strom abzustellen und die Feuerwehr zu informieren.
- Es wird darauf hingewiesen, dass in schnell volllaufenden Kellern und Tiefgaragen die Gefahr besteht zu ertrinken.
Auch die Gemeinde Kissing informiert in ihrer Bürger-App bereits darüber, wo sich Anwohnerinnen und Anwohner gefährdeter Grundstücke Sandsäcke abholen können. "Wir sind bereit", sagt der Kissinger Feuerwehrkommandant Matthias Rawein. Auch in Kissing stellt man sich darauf ein, dass Keller voll laufen könnten. Beim Pfingsthochwasser besonders betroffen war davon der Bereich der Badangerstraße. Da habe die Feuerwehr durch den mobilen Hochwasserschutz heute andere Möglichkeiten. "Mit den großen Wasserschläuchen der Firma Öko-Tec und Sandsäcken können wir das Wasser umleiten", erklärt er.
Bei der Feuerwehr Mering gab es bereits am Freitagvormittag einige Male Alarm. "Die ersten Keller sind vollgelaufen und zwei Unterführungen waren überflutet - im Moment ist die Lage wieder voll im Griff", sagte Merings Kommandant Andreas Regau Freitagmittag. Der Hochwasserschutz für die Paar sei gut. Sorgen bereiten dem Kommandanten aber das Oberflächenwasser und das steigende Grundwasser. Das führe dazu, dass die Kanäle voll laufen. "Das wird noch zunehmen und wir haben auch schon einige Sandsäcke an Bürger ausgegeben", sagt Regau.
Bauhof und Feuerwehren in Aichach sind auf Unwetter vorbereitet
Auch in Aichach sind Stadtbauhof und Freiwillige Feuerwehr vorbereitet, sagt Bürgermeister Klaus Habermann. Ein mögliches Hochwasser an der Paar macht ihm trotz der zu erwartenden Meldestufen weniger Sorgen. "Das haben wir seit der Hochwasserfreilegung gut im Griff." Der Bürgermeister weiter: "Die Gewässer dritter Ordnung wie der Kulturgraben in Griesbeckerzell machen mir eher Sorgen." Der Kulturgraben war in der Vergangenheit immer wieder vollgelaufen und hatte zu Überschwemmungen geführt.
Im Sommer 2023 hatte es – zum Entsetzen der Stadt sowie der Anwohnerinnen und Anwohner – dennoch kurzzeitig so ausgesehen, als sollte der geplante Hochwasserschutz am Kulturgraben an der Förderfähigkeit scheitern. Bei der Bürgerversammlung in Zell vor wenigen Wochen äußerte sich Habermann optimistisch, dass sich das Problem nun doch lösen lasse.
Mit Blick auf das Wochenende sagt Habermann: "Man darf sich nicht verrückt machen lassen." Ein Patentrezept gebe es ohnehin nicht. Es sei schließlich schwer vorherzusagen, welche Gebiete es möglicherweise trifft. "Manchmal trifft es Orte, wo jahrzehntelang nichts war. Wir hoffen, dass es nicht so dramatisch wird."
Organisatoren von Großveranstaltungen in Aichach-Friedberg rüsten sich gegen Regen
Das hoffen auch die Organisatoren mehrerer Großveranstaltungen, die an diesem Wochenende stattfinden. So feiert beispielsweise die Freiwillige Feuerwehr Aindling ab diesem Freitag drei Tage lang ihr neues Feuerwehrhaus, den Logistik-Gerätewagen und das 150-jährige Bestehen des Vereins. Michael Pollety ist der Leiter des Festausschusses, betont: "Das Fest findet statt." Pollety zufolge hat die Feuerwehr zusätzliche Zelte und Pavillons aufgebaut und damit große Bereiche überdacht: "Es braucht keiner Angst haben, dass er nass wird." Die Bar befinde sich im Feuerwehrhaus.
Ob der für Sonntagnachmittag geplante Festumzug mit rund 60 Vereinen stattfinden könne, werde kurzfristig entschieden. Für die Rockparty an diesem Freitagabend haben sich die Veranstalter übrigens etwas Besonderes einfallen lassen: Wer in Gummistiefeln kommt, zahlt nur den halben Eintrittspreis.
Pöttmeser Volksfest und Friedberger Street Food Festival finden statt
Auch Hans Liebhart, Vorsitzender des Verkehrs- und Verschönerungsvereins, der das Pöttmeser Volksfest organisiert, stellt klar: „Das Volksfest wird nicht abgesagt.“ Das für diesen Freitagabend geplante Standkonzert werde bei Regen ins Rathaus verlegt. Ob der anschließende Umzug zum Festzelt wie geplant stattfinde, werde kurzfristig entschieden. „Wenn ein Gewitter käme, könnten wir ihn nicht machen – nicht dass der Blitz in eine der Fahnen oder Standarten einschlägt.“ Dann müssten die Menschen eben ohne Umzug ins Festzelt gehen, sagt Liebhart. Das Brauereigespann sei dieses Mal aufgrund der unsicheren Wetterprognosen nicht dabei.
Liebhart und der Verein hoffen, dass trotz der Wettervorhersagen viele Menschen kommen. Das wäre vor allem auch für Festwirt Christian Egerer und die Schausteller wichtig, zumal das Volksfest in diesem Jahr ohnehin schon auf vier Tage verkürzt wurde. Liebhart ist dennoch zuversichtlich: Es könne sein, dass es jetzt regne und in einer Stunde schon wieder ganz anders sei. Beim Bulldogtreffen und im Biergarten sei am Donnerstag jede Menge los gewesen.
Auch das Street Food Festival, das von Freitag bis Sonntag auf dem Friedberger Volksfestplatz geplant ist, soll stattfinden.