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Friedberg
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Traurige Tierschicksale im Tierheim Lech-Arche

Katze Rocky blickt erwartungsvoll aus ihrem kleinen Käfig in der Katzenquarantäne und freut sich auf das Frühstück.
Friedberg-Derching

Problemhunde, Qualzucht und Straßenkatzen: Tierheim Lech-Arche hilft

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    Joana Müller stößt die Tür zur Katzenquarantäne auf. Der Geruch von Medizin, Futter und Kot schlägt der Tierpflegerin entgegen. Kater Rocky miaut ungeduldig nach Nahrung und Aufmerksamkeit. In dem kleinen Raum bestehen die Wände rechts und links aus Käfigen wie in einer Massentierhaltung. Nur wenige sind belegt. Auf einem kleinen Tisch in der Mitte befüllt die Tierpflegerin vier Näpfe mit Nassfutter. Um den ersten Käfig zu putzen und die Katzenstreu auszuwechseln, öffnet Müller den Riegel und gibt Rocky den Weg in den Quarantäneraum frei. Der springt leichtfüßig auf den Futtertisch und macht sich sofort über einen Napf her. „Ist das hier Selbstbedienung?“, fragt die Pflegerin schmunzelnd. Doch sie lässt ihn gewähren. 

    Rocky ist zum zweiten Mal im Tierheim Lech-Arche in Friedberg-Derching. Er war eigentlich vermittelt, aber kam dann schnell zurück, weil sich die Besitzer nicht um den schwierigen Gesundheitszustand des Katers gekümmert hatten. Also nahm das Heim ihn wieder auf. Insgesamt sind im

    Unter den Tieren sind auch Scottish-Fold-Katzen, die der Tierschutzverein aus einem kleinen Zimmer in Augsburg gerettet hat. Durch die Qualzucht leiden die Tiere unter einer unheilbaren genetischen Erkrankung und haben Schmerzen.
    Unter den Tieren sind auch Scottish-Fold-Katzen, die der Tierschutzverein aus einem kleinen Zimmer in Augsburg gerettet hat. Durch die Qualzucht leiden die Tiere unter einer unheilbaren genetischen Erkrankung und haben Schmerzen. Foto: Anna Faber

    Aus Qualzucht gerettet: Scottish-Fold-Katzen leben im Tierheim Lech-Arche

    Unter den Katzen sind auch 20 Scottish-Fold-Katzen aus einer Qualzucht, die der Tierschutzverein im März aus einem 15 Quadratmeter kleinen Zimmer in Augsburg gerettet hat. Bei einer Qualzucht werden Tiere so gezüchtet, dass sie für Menschen besonders "süß" aussehen, aber unter gesundheitlichen Problemen leiden. Scottish-Fold-Zucht ist in Deutschland verboten. Die Tiere in der Lech-Arche sind schwierig zu vermitteln, weil Besitzer mit den gesundheitlich beeinträchtigten Tieren vieles beachten müssen.

    Tierpflegerin Joana Müller hat ein Herz für Tiere, die keine Besitzer finden. Auch für Flake, der für Fotos gerne Modell steht.
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    13 Bilder
    Im Derchinger Tierheim Lech-Arche leben Hunde, Katzen und andere Tiere mit schwerem Schicksal. Fotos geben einen Einblick.

    Hunde, Vögel, Katzen und Nagetiere - sie alle sollen in Derching möglichst gut gehalten werden. Ende 2022 ist das Augsburger Tierheim in die größere Lech-Arche umgezogen. Um Tieren in Not gerecht zu werden, waren mehr Platz und eine modernere Einrichtung erforderlich. Mittlerweile haben die Hundezwinger Fußbodenheizung, bald kommen Hütten auf die Hundewiese mit Infrarotlampen, um aggressivere Hunde in der Anfangszeit einfacher versorgen zu können. Die Voliere ist so geräumig, dass die Tiere sogar einige Meter fliegen können. Das sei nicht selbstverständlich für ein Tierheim. Weitere Baumaßnahmen wie Futtercontainer, geschützt vor Mäusen, und mehr Platz für Quarantäne von Nagetieren sind geplant. 

    Bei den Hundezwingern bellen die Hunde um die Wette. Müller bringt Barack an der Leine an den Zellen vorbei zur Auslaufwiese, damit sein Zwinger geputzt werden kann. Der große braune Mischlingsrüde mit einer weißen Pfote zerrt an der Leine, bellt laut und springt um sich selbst. Als er mit der Tierpflegerin alleine auf der 200 Quadratmeter großen Wiese ist, wird er ruhiger, läuft schwanzwedelnd von rechts nach links und schließlich zurück zu Müller. Auf Kommando senkt er sein Hinterteil ab und hebt eine Pfote. „Eigentlich ist er sehr lieb, aber er kann mit Stresssituationen nicht gut umgehen“, erklärt Müller. Barack lebt so lange hier wie kein anderes Tier: Seit sieben Jahren wartet er auf ein neues Herrchen. „Solche Schicksale brechen einem schon das Herz“, gibt Joana zu. Die 32-Jährige ist seit elf Jahren Tierpflegerin. Am Anfang sei es für sie schwierig gewesen, mit traurigen Geschichten wie der von Barack umzugehen. "Aber über die Jahre habe ich viele Tiere hier begleitet und auch Erfolgsgeschichten miterlebt." 

    Problemhund Barack wartet seit sieben Jahren auf einen Besitzer

    Barack ist einer von mehreren sogenannten Problemhunden im Tierheim bei Friedberg. Hunde wie er können sich in bestimmten Situationen nicht kontrollieren und beißen zu. Im Tierheim ist das zum Glück noch nicht passiert. Das Problem liegt auch nicht wirklich beim Tier, sondern an einer schlechten Haltung in der Vergangenheit. Zum Beispiel wüssten manche Halter nicht, auf was für einen Hund sie sich einlassen, wenn sie sich ihn als süßen Welpen zulegen. "Die möchten einfach einen Hund zum Kuscheln, aber in der Rasse steckt vielleicht ein Herdenschutzhund mit drin und dann beißt er zu, wenn sich die falsche Person nähert", so Müller. 

    Hoffnung besteht trotzdem. "Es gibt immer mal wieder den Fall, dass diese eine Person kommt und es zwischen Mensch und Tier einfach Klick macht", weiß die Pflegerin. Ein weiterer Lichtblick für Barack: Mehrmals in der Woche kommen Gassigeher vorbei. Das sind Menschen, die den Hund regelmäßig besuchen, mit ihm spazieren gehen und über die Jahre eine Verbindung aufgebaut haben. Trotzdem bleibt Baracks Zuhause die Lech-Arche.

    Mit Tierpflegerin Joana Müller auf der Auslaufwiese ist Barack entspannt und gibt die Pfote.
    Mit Tierpflegerin Joana Müller auf der Auslaufwiese ist Barack entspannt und gibt die Pfote. Foto: Anna Faber

    Zwei Monate später. Besuchszeit im Tierheim. Eltern mit Kindern, Ehepaare und alleinstehende Tierliebhaber schauen sich in der Lech-Arche um. Die Katzen sind nervös, der Andrang ist hier am größten. Zumindest bei den zutraulichen Katzen. Rocky liegt in seiner Zelle auf dem Katzenbaum ganz oben unter der Decke und hat die Augen geschlossen. In den Kabinen rechts und links von ihm sind schon mehrfach neue Nachbarn ein- und ausgezogen. Eine Familie mit zwei Jungs kommt vorbei und bleibt stehen. Rocky schlägt die Augen auf. 

    Die Mutter schaut sich Rockys Steckbrief an. "Zurückhaltend und wild", liest sie laut. Die beiden Jungs gehen schon weiter. "Lieber eine Katze, die kuscheln will", sagt der eine. Rocky hat die Augen wieder geschlossen. Einen Besitzer wird er auch heute nicht finden.

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