Weihnachten im Tierheim, das ist für viele Tiere leider traurige Realität. Tierschutzvereine und Tierheime kommen auch im Landkreis Aichach-Friedberg an ihre Grenzen, denn für einige Vierbeiner ist das Tierheim mehr als nur eine kurze Auffangstation. Die Zahl an schwer vermittelbaren Hunden und Katzen steigt seit Jahren an.
Dass etwa ein Hund zu einem schwer vermittelbaren Tier wird, kann viele Ursachen haben. „Oft spielen Verhaltensweisen oder das Alter eine wichtige Rolle, bei uns sind allerdings 90 Prozent aller schwer vermittelbaren Hunde nur deswegen Problemfälle, weil sie ein Handicap mitbringen“, erklärt Karina Schnell, erste Vorsitzende des Kissinger Tierschutzvereins. Vielen Menschen ginge es bei der Auswahl ihres Familienzuwachses vor allem um Ästhetik, ein Handicap sei für viele ein sofortiges Ausschlusskriterium.
Ausschlusskriterium Handicap: Hunde mit Behinderung warten länger
Happy-End-Geschichten sind selten, so Schnell, viele Hunde verbringen mehrere Jahre im Tierheim. Umso größer ist die Freude bei Schnell und ihren Kolleginnen und Kollegen, wenn ein Hund doch noch vermittelt werden kann. Hündin Kalea war vermutlich nur einen Monat alt, als ihr Menschen die Hinterbeine abhackten. Die in Bosnien geborene Hündin wurde in den Kissinger Tierschutzverein gebracht und dort mithilfe von Prothesen und Physiotherapie bestmöglich versorgt. „Die Aussicht auf eine Vermittlung für Kalea war verschwindend gering“, erzählt Karina Schnell. Heute lebt die Hündin glücklich bei einer Physiotherapeutin. Eine Geschichte, die Hoffnung macht.
Auch Hund Snoopy hofft auf eine Vermittlung. Der Rollstuhl-Hund sucht eine neue Familie, die viel Zeit mitbringt, denn mit ausreichend Training und Fürsorge besteht für Snoopy die Aussicht wieder laufen zu können. Doch genau das bringen viele Interessenten nicht mit. „Die Anzahl an Adoptanten, denen bewusst ist, was es bedeutet, einen Hund zu adoptieren, geht zurück, dafür steigt die Anzahl an Anfragen von Menschen, die nicht geeignet sind“, erzählt Schnell. Oft seien Interessenten ungeduldig oder geben ihre Tiere leichtfertig schon bei kleinen Problemen wieder zurück. Dabei müsse man, genau wie bei Menschen auch, Eigenschaften akzeptieren, die nicht perfekt sind, appelliert die Vorsitzende.
Auch viele Katzen sind von niedrigen Vermittlungschancen betroffen. Besonders Straßenkatzen, die bei Kastrationsaktionen eingefangen werden und scheu gegenüber Menschen sind, werden zu Problemfällen. Es braucht viel Arbeit, Zeit und Geduld, um die Katzen zu sozialisieren und so ein liebevolles Zuhause für sie zu finden, erklärt Sahra Scheffler. Die erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Attis lässt sich allerdings nicht unterkriegen: „Für jede Katze wird ein Platz gefunden, nicht vermittelbar gibt’s nicht!“
Viele Hunde und Katzen würden erst dann zu schwer vermittelbaren Fällen werden, wenn ihre Vorbesitzer mit ihnen überfordert sind und den Tieren nicht die notwendige Fürsorge bieten können. Menschen würden nicht schnell genug Hilfe annehmen und sich oftmals im Vorfeld nicht klarmachen, welche Rasse überhaupt die richtige für sie ist. Strenge Auflagen, um ein Tier aus dem Tierheim oder Tierschutzorganisationen zu adoptieren, würden das ganze Jahr über herrschen. Vor allem um die Weihnachtszeit herum sind Verantwortlichen aber nochmals besonders streng.
Keine Adoptionsmöglichkeiten an den Feiertagen
„Tiere sind kein Geschenk. Nur unseriöse Stellen würden über die Feiertage Tiere hergeben“, erklärt Natalie Gaugel. Die Tierpflegerin aus dem Hundebereich im Tierheim Lech-Arche in Friedberg kennt sich mit schwer vermittelbaren Hunden aus, bis vor Kurzem gab es bei ihnen noch neun Hunde, die seit längerer Zeit vergebens auf eine neue Familie warteten. „In unseren Augen sind die Hunde überhaupt nicht schwierig. Das Problem ist oft, dass den Hunden nicht genug Zeit gegeben wird, um sich an neue Menschen zu gewöhnen und sofort erwartet wird, dass sie freudig auf einen zuspringen“, erzählt die Tierpflegerin.
Viele Hunde, die im Friedberger Tierheim landen, wurden aus dem Ausland an deutsche Privathaushalte vermittelt. „Das sind in der Regel Straßenhunde, die gelernt haben, dass sie sich nur durch aggressives Verhalten durchsetzen und auch überleben können. Dieses Verhalten legen die Vierbeiner dann in Deutschland natürlich nicht einfach ab“, erklärt Gaugel. Maulkorb-Training sei dabei ein wichtiger Baustein, um die Tiere wieder zu sozialisieren. Vor allem braucht es aber Geduld und Verständnis für die Tiere.
Friedberg: Tierheim Lech-Arche kann drei Hunde vermitteln
Kürzlich konnte das Tierheim drei der insgesamt neun Langzeitbewohner vermitteln. Die Tiere, die mehr als ihr halbes Leben im Tierheim verbracht haben, dürfen die Festtage bei ihrer neuen Familie verbringen. Ein Geschenk, an das auch die Tierpflegerin nicht geglaubt hat.
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