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Friedberg: Ukraine-Krieg: Wie der Sport zwei Mädchen bei der Integration hilft

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Ukraine-Krieg: Wie der Sport zwei Mädchen bei der Integration hilft

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    Milana Bricka (links) und Taisiia Chefranova mussten aus der Ukraine fliehen. Seit rund einem Jahr sind sie in Deutschland und auch bei den Sportgymnastinnen des TSV Friedberg.
    Milana Bricka (links) und Taisiia Chefranova mussten aus der Ukraine fliehen. Seit rund einem Jahr sind sie in Deutschland und auch bei den Sportgymnastinnen des TSV Friedberg. Foto: Sebastian Richly

    Nicht jedes Kommando verstehen Taisiia Chefranova und Milana Bricka. Eine kurze Geste mit der rechten Hand von Trainerin Sylvia Basch, und die beiden Mädchen wissen, wie sie sich zu bewegen haben. Knie durchdrücken, Fuß ausstrecken - Spagat ist nicht gleich Spagat. Seit rund einem Jahr trainieren die beiden ukrainischen Mädchen bei den Sportgymnastinnen des TSV Friedberg. Damals mussten sie aus ihrer Heimatstadt Charkiw vor dem Krieg fliehen. Die Mädchen haben viel durchgemacht. Der Sport hilft bei der Integration. Nicht nur die Ukrainerinnen profitieren.

    Turnen Rhythimsche Sportgymnastik Trainerin Sylvia Basch zeigt Milana Bricka, wei es geht.
    Turnen Rhythimsche Sportgymnastik Trainerin Sylvia Basch zeigt Milana Bricka, wei es geht. Foto: Sebastian Richly

    Mittlerweile sind die beiden Mädchen sehr gut integriert. In den Pausen scherzen sie mit ihren Sportkameradinnen. Die Übungen gehen leicht von der Hand. In der rhythmischen Sportgymnastik führen die Mädchen mit unterschiedlichen Geräten, wie Ball, Reifen oder Band, eine Kür vor. Auf die Musik abgestimmt bewegen sich die Sportgymnastinnen und versuchen, eine möglichst fehlerfreie Darbietung abzuliefern. 

    Sport beim TSV Friedberg überbrückt Sprachbarrieren

    Die Sportart war für die beiden Mädchen aus der Ukraine kein Neuland. Die zehnjährige Milana Bricka übt bereits, seit sie drei Jahre alt ist. "Das machen bei uns fast alle. Schon ganz früh bekommen wir beigebracht, wie wir uns bewegen müssen", erklärt Bricka, die in Haunstetten bei einem Verwandten wohnt. Vor allem in der Schule spiele die Sportart eine große Rolle.

    Dort hat auch die 17-jährige Taisiia Chefranova mit dem Sport begonnen. "Ich wollte in Deutschland unbedingt weiter trainieren und bin froh, dass wir mitmachen dürfen", erklärt die Schülerin des Augsburger Bayernkollegs, die dort eine Orientierungsklasse besucht. Mit ihrer Familie wohnt sie in Friedberg

    Dreimal pro Woche steht nach der Schule Training auf dem Programm. In ihrer Heimat waren die beiden Mädchen noch öfter beim Sport. Beinahe täglich ging es für mehrere Stunden auf die Matten. Auch gab es fast jedes Wochenende einen Wettkampf. "Aber die Hallen in Deutschland sind viel schöner und besser als in der Ukraine", erklärt die Mutter von Milana Bricka. "Dort trainieren auch viel mehr Mädchen, weshalb die Trainer gar nicht so auf die einzelnen Mädchen eingehen können", weiß Trainerin Sylvia Basch. "Sie hatten zwar ihre eigenen Übungen, als sie zu uns kamen, doch manche Elemente waren so schwierig, dass sie einfach keinen Sinn ergeben haben."

    Durch Sport den Ukraine-Krieg kurzzeitig vergessen

    Basch freut sich, dass die Mädchen so gut aufgenommen wurden. "Natürlich war das am Anfang schwierig. Die Verständigung gerade mit den deutschen Mädchen war abenteuerlich. Es gab bei uns aber keine Sonderbehandlung. Für mich als Trainerin war es zusätzlicher Stress. Aber es hat sich ausgezahlt." Mittlerweile nehmen Chefranova und Bricka für den TSV erfolgreich an Wettkämpfen teil. Und sie sind nicht die einzigen Mädchen aus der Ukraine: "In letzter Zeit sind nochmals drei Mädchen dazugekommen. Allein daran sieht man, welchen Stellenwert der Sport in der Ukraine hat, im Gegensatz zu hier", so Basch.

    Turnen Rhythimsche Sportgymnastik Die zehnjährige Milana Bricka ist seit rund einem Jahr bei den Sportgymnastinnen des TSV Friedberg.
    Turnen Rhythimsche Sportgymnastik Die zehnjährige Milana Bricka ist seit rund einem Jahr bei den Sportgymnastinnen des TSV Friedberg. Foto: Sebastian Richly

    Und wie gefällt es den beiden Mädchen? "Die Trainerin ist streng, aber auch sehr nett", erzählt Milana Bricka und schnappt sich gleich wieder den Ball, um die nächste Figur zu üben. Auch für Taisiia Chefranova geht es gleich wieder auf die Matte, schließlich wollen die beiden beim nächsten Wettkampf wieder vorne mitmischen. 

    Der Sport ist für die geflüchteten Mädchen aber viel mehr, es geht nicht nur um den Erfolg. "Anfangs hatte ich gar keine deutschen Freundinnen. Durch das Training habe ich auch deutsche Mädchen kennengelernt. Das hat mir sehr geholfen, auch mit der Sprache", so Taisiia Chefranova, die gerne in Friedberg spazieren geht und auch noch Tanzsport betreibt. Später möchte die 17-Jährige einmal studieren. Sie vermisst ihre Familie und das ukrainische Essen: "Das deutsche Essen ist okay, aber zu Hause schmeckt es besser."

    Mädchen aus der Ukraine integrieren sich beim TSV Friedberg

    Gleiches gilt für Milana Bricka, die ebenfalls durch den Sport viele Kontakte knüpfen konnte. "Das war schön, denn im Training war es nicht schlimm, dass ich nicht alles verstanden habe. Jetzt ist das aber kein Problem mehr. Wenn ich etwas nicht verstehe, dann frage ich einfach nach." Die Zehnjährige besucht die vierte Klasse. Sie vermisst neben ihrer Oma ihre Katze. 

    Turnen Rhythimsche Sportgymnastik Die 17-jährige Taisiia Chefranova ist seit rund einem Jahr bei den Sportgymnastinnen des TSV Friedberg.
    Turnen Rhythimsche Sportgymnastik Die 17-jährige Taisiia Chefranova ist seit rund einem Jahr bei den Sportgymnastinnen des TSV Friedberg. Foto: Sebastian Richly

    Beim Training können die Mädchen die Sorgen rund um den Ukraine-Krieg ein wenig vergessen. Während der Übungen haben sie meist ein Lächeln im Gesicht. Für Trainerin Sylvia Basch eine schöne Erfahrung. "Sie sind mittlerweile voll integriert. Es ist auch für unsere Mädchen eine tolle Erfahrung. Die spezifischen Vokabeln sind im Russischen komplett anders. Das Gute ist, dass wir alle einfach auch die russischen gelernt haben. So profitieren beide Seiten."

    Auch wenn die Friedberger Sportgymnastinnen Milana Bricka und Taisiia Chefranova ins Herz geschlossen haben, hoffen doch alle, dass die beiden Mädchen möglichst bald wieder in ihre Heimat zurück dürfen. Bis dahin wird fleißig mit den verschiedenen Geräten trainiert. 

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