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Sportskanonen: Gänsehaut im Olympiastadion

Sportskanonen

Gänsehaut im Olympiastadion

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    Im Augsburger Rosenaustadion wurde der Friedberger Fritz Sedl (vierter von links, hinten) im Trikot von Schwaben Augsburg in 1:52,8 Minuten Vierter bei den bayerischen Meisterschaften über 800 Meter.
    Im Augsburger Rosenaustadion wurde der Friedberger Fritz Sedl (vierter von links, hinten) im Trikot von Schwaben Augsburg in 1:52,8 Minuten Vierter bei den bayerischen Meisterschaften über 800 Meter. Foto: Foto: Jahrbuch d. bayerischen Leichtathletik

    Friedberg 25 Jahre Fußballgeschichte – akribisch sortiert in blauen Leitz-Ordnern. Fritz Sedl, der Abteilungsleiter der Sportfreunde Friedberg, hat alles aufbewahrt: Spielberichtsbögen, Zeitungsausschnitte, Bilder, einfach alles, was sich bei den „Ostlern“ in seiner Amtszeit – die nun ein Vierteljahrhundert währt – ereignete. Doch die sportlich bedeutendsten Andenken kramt der 60-Jährige aus einem eher unscheinbaren Karton hervor: Medaillen, Urkunden und ein weißes Trikot mit rotem Brustring, auf dem ein schwarzes „S“ prangt. Es ist das Dress von Schwaben Augsburg, dem Verein, bei dem Sedl seine größten sportlichen Erfolge feierte – und zwar nicht im Fußball, sondern als Leichtathlet, genauer als hoch talentierter Mittelstreckler.

    Wenn sich Sedl an seine Zeit als Leichtathlet erinnert, dann vor allem an das Jahr 1972 – und der Familienvater bekommt noch heute eine Gänsehaut dabei. „Am 20. Juli 1972 durfte ich im nagelneuen Münchner Olympiastadion bei den deutschen Meisterschaften über 800 Meter an den Start gehen – das war damals der Testwettbewerb für die Olympischen Spiele“, so Sedl. „Und das war phänomenal, die neue Tartanbahn, 15000 Zuschauer und auf der großen Anzeigetafel stand mein Name“, erinnert sich der 60-Jährige noch heute gern an diese Titelkämpfe. Am 2. Juli des Jahres 1972 war Sedl im Augsburger Rosenaustadion bei den „Bayerischen“ 1:52,8 über die 800 Meter gelaufen, am 15. Juli erfüllte er bei einem Testlauf im Stützpunkt Freising mit einer Zeit von 1:50,8 die Norm für die „Deutschen“. Stützpunkttrainer war damals Jürgen Mallow, Sedl diente zu dieser Zeit bei der Sportförderkompanie der Bundeswehr in Fürstenfeldbruck. „Kasernendienst musste ich so gut wie nie schieben“, erklärt er lachend.

    Bei den deutschen Meisterschaften kam der Friedberger dann nicht an seine Bestleistungen heran – und das lag nicht an den hohen Temperaturen von über 30 Grad, die damals auch weit nach 20 Uhr noch herrschten. Schuld daran, dass Sedl mit 1:53,4 Minuten nicht in den Zwischenlauf kam, war ein Mückenschwarm. „Als ich nach 500 Metern auf die Außenbahn bin, bin ich voll in einen Mückenschwarm gelaufen und habe mich verschluckt“, erinnert sich Sedl.

    Dabei war Fritz Sedl sportlich eher ein Spätstarter, der erst mit 15 Jahren mit dem Fußball begann. Und das hatte seinen Grund. „Bei meinem Vater war Fußball verpönt, er hat es mir verboten. Und so hab’ ich auch erst nach seinem Tod damit begonnen“, erinnert sich Sedl. Er kam schnell in die Schulmannschaft der Realschule unter Sportlehrer Beppo Selder, spielte bis zur A-Jugend unter Helmut Schmid beim TSV Friedberg und wechselte schließlich auf Anraten seines Freundes Hermann Hopfes zu den Sportfreunden Friedberg. Zwei Jahre währte die Fußballkarriere, doch Sedl fühlte sich eigentlich zu einer anderen Sportart hingezogen: zur Leichtathletik.

    Und auf der Aschenbahn erwies er sich als großes Talent. 1970 wurde er auf der Bahn auf dem alten TSV-Gelände Stadtmeister über 400 und 800 Meter, und er ließ auch mit einer Zeit von 4:26,5 Minuten über 1500 Meter aufhorchen. „Damals hat mich dann Franz Braun, der Leichtathletikabteilungsleiter der DJK Friedberg, animiert und gesagt, du musst zu Schwaben Augsburg gehen“, erinnert sich Sedl. Und so sei damals eben alles seinen Gang gegangen.

    So schnell seine Leichtathletik-Karriere begann, so schnell endete sie auch wieder. Als Ende 1972 seine Bundeswehrzeit endete, vermittelte ihm die MAN, wo der gelernte Modellschreiner als technischer Zeichner arbeitete, eine neue Stelle beim Ingenieurbüro HLS. „Ich hab damals zum Chef Hans-Jürgen Leue gesagt, es wäre toll, wenn ich halbtags arbeiten könnte, um weiter trainieren zu können“, erzählt Sedl. Und er erinnert sich auch noch genau an die Antwort von Leue, dem er letztlich 37 Jahre die Treue halten sollte: „Wir haben aber Arbeit für den ganzen Tag.“ Das war’s dann mit der Leichtathletik, Sedl kehrte zurück zum Fußball, wo ein Kreuzbandriss 1978 seine Karriere beendete. In den 25 Jahren als Abteilungsleiter machte er alle Höhen und Tiefen mit. „Der Höhepunkt war sicher der Aufstieg in die Bezirksliga und die eine Kreisliga-Saison unter Reinhard Kindermann, in der wir ungeschlagen geblieben sind – das wird es nicht so schnell wieder geben“, so Sedl. Stolz ist er auch auf die Tatsache, dass er in 25 Jahren nur elf Trainer „verschlissen“ hat.

    An seine Zeit als Leichtathlet erinnert sich der Ruheständler immer noch gerne – und pikanterweise steht das Mehrfamilienhaus, in dem er zusammen mit Ehefrau Gerti lebt, genau da, wo einst seine Laufbahn ihren Anfang nahm: auf dem alten TSV-Gelände an der Wiffertshauser Straße.

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