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Fußball: Die Sorgen des „Mister Pipinsried“

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Die Sorgen des „Mister Pipinsried“

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    Immer mit vollem Herzen dabei: 51 Jahre lang lenkte Konrad Höß die Geschicke beim FC Pipinsried. Jetzt hat der 77-Jährige sein Amt als FCP-Präsident niedergelegt.
    Immer mit vollem Herzen dabei: 51 Jahre lang lenkte Konrad Höß die Geschicke beim FC Pipinsried. Jetzt hat der 77-Jährige sein Amt als FCP-Präsident niedergelegt. Foto: Peter Appel (Archiv)

    Stehende Ovationen gab es für Konrad Höß im Sportheim des FC Pipinsried. Und dennoch fühlte sich der 77-Jährige unwohl, sehr unwohl sogar. Gerade hatte er seine letzten Worte als FCP-Präsident an die Mitglieder gerichtet. Nach 51 Jahren im Amt übergab Höß auf der Jahreshauptversammlung die Verantwortung an seine Nachfolger (wir berichteten).

    Kein leichter Schritt für „Mister Pipinsried“: „Es ist ein komisches Gefühl. Ich wollte es mir nicht anmerken lassen, aber ich bin schon wehmütig.“ Immerhin liegt die Zukunft des FCP, den er 1967 mit einigen Gleichgesinnten gegründet hat, nicht mehr in seinen Händen. „Ich habe schon Angst und bin besorgt. Der FCP ist für mich nicht bloß ein Verein, sondern mein Lebenswerk. Ich habe hier alles aufgebaut und will, dass es dem Klub auch künftig gut geht.“ Höß ist kein klassischer Funktionär, eher ein Mädchen für Alles. Vom Sportheimbetrieb über Sponsorenakquise bis hin zu seiner Königsdisziplin, der Rasenpflege – der „Höß Conny“ war sich für nichts zu schade. Allerdings duldete der Fußball-Patriarch, wie er oft in den Medien betitelt wurde, auch kaum Widerworte und setzte seinen Standpunkt meist stur durch. „Ich war knallhart“, beschreibt der frühere Milchprüfer seinen Verhandlungsstil. „Bis zur Bezirksliga haben die Spieler keinen Pfennig bekommen und mussten sogar noch für das Trikotwaschen zahlen.“

    Gerne erinnert sich Höß an die „guten alten Zeiten“. „Der Fußball ist noch der gleiche, aber der Mensch hat sich verändert. Keiner hat mehr Manieren und alle halten nur noch die Hand auf.“ Besonders bemängelt er dabei das Sozialverhalten vieler Spieler. „Früher waren alle im Sportheim gesessen und man hat sich mit den Mitgliedern ausgetauscht. Heute ist fast keiner mehr da.“ Wenn er aus dem Nähkästchen plaudert, ist er kaum zu bremsen. Besonders gerne erinnert er sich auch an die sportlichen Erfolge. Der Regionalliga-Aufstieg liegt dabei nicht sehr hoch im Kurs. Die frühen Erfolge bringen ihn mehr zum Strahlen. Vor allem der Aufstieg aus der C-Klasse in Brunnen ist Höß im Gedächtnis geblieben. „Meine Frau Kathi haben die Spieler damals auf ihren Schultern getragen. Sie hat mich immer unterstützt und viel geleistet.“ Die alten Fotos im FCP-Sportheim schaut sich der 77-Jährige deshalb auch gerne an. Doch es gab auch schlechte Zeiten. Vor sechs Jahren schwebte Höß nach einem Herzinfarkt in Lebensgefahr. Seitdem achtet er etwas mehr auf sich. Bei Auswärtsspielen blieb er meist daheim: „Zu viel Aufregung.“

    Dabei ist Höß oft kaum zu bremsen. „Immer mit dem Kopf voran“, so beschreibt der 77-Jährige sein Erfolgsrezept. Mit seiner Art ist er als Klubboss auch öfters angeeckt. Mit dem ehemaligen Spielertrainer Tobias Strobl etwa sprach er zeitweise nur noch vor Gericht. Mittlerweile haben sich die Streithähne wieder versöhnt. Mit den meisten seiner insgesamt 25 Trainer kam er aber gut aus. Geräuschlos war auch sein Abschied nicht. Die Medienvertreter wurden vom neuen Vorstand von der Mitgliederversammlung ausgeschlossen. Höß polterte und schiebt jetzt hinterher: „Irgendwann muss jeder einmal gehen, auch wegen der Gesundheit. Aber mein Führungsstil hat auch so manchem wohl nicht mehr gepasst“, so seine vielsagende Einschätzung.

    „Nachtreten“ will Höß aber in keinem Fall. „Wir haben alle dasselbe Ziel. Dem Verein soll es gut gehen. Im neuen Vorstand sind fähige Leute dabei.“ Dennoch kündigte der mittlerweile Ex-Präsident an: „Ich werde die Entwicklung verfolgen und hoffe, ich muss mich nicht ständig ärgern.“ Dabei geht es dem Rentner nicht in erster Linie um den sportlichen Erfolg. Den Regionalliga-Aufstieg bezeichnet er als „Fußball-Märchen“. „Aber ob wir als kleiner Dorfklub auf Dauer mithalten können, ist zumindest fraglich.“ Mit dem Einzug in Bayerns höchste Spielklasse hatte er auch gar nicht gerechnet. „Das ist natürlich toll für die Mitglieder. Die stehen im Vordergrund. Der sportliche Erfolg darf aber niemals zu ihren Lasten gehen. Da steige ich lieber fünfmal aus der Regionalliga ab, bevor die Mitglieder und der Charakter des Klubs Schaden nehmen.“

    Eigentlich könnte sich der 77-Jährige jetzt auf seine Hobbys konzentrieren. Da gibt es nur ein Problem: Der FC Pipinsried ist immer sein Hobby gewesen. „Ich bin ein naturverbundener Mensch und mag Tiere, aber viel Zeit brauche ich dafür nicht.“ Eine Sache fällt ihm dann doch noch ein. „Ich könnte mich weiter um den Rasen beim FCP kümmern.“ Den hat er über die Jahre gehegt und gepflegt – und zum Unmut seiner Trainer ab und an ein Spiel ausfallen lassen. In seiner typischen Art fügt er deshalb hinzu: „Ich mache das nur, wenn ich dann der Chef bin und selbst entscheiden kann, wann gespielt wird.“

    Bleibt abzuwarten wie es mit Konrad Höß und seinem FC Pipinsried weitergeht. Kann der „ewige Conny“ wirklich nach einer so langen Zeit loslassen? Seine letzten Worte als FCP-Präsident lassen das Gegenteil vermuten: „Ich werde die Entwicklung mit Argusaugen verfolgen.“ Einmischen wird er sich wohl auch in Zukunft. „Bevor der Verein sein Herz und seinen Charakter verliert, übernehme ich wieder. Oder ich ziehe aus Pipinsried weg“, so die Drohung. Pipinsried ohne Höß – kaum vorstellbar.

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