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Ried-Baindlkirch: Ortsgeschichte: Als der Bürgermeister noch Streitschlichter seines Dorfes war

Ried-Baindlkirch

Ortsgeschichte: Als der Bürgermeister noch Streitschlichter seines Dorfes war

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    Das „Protokollbuch über vorgenommene Sühne-Versuche“ umfasst 128 Einträge aus den Jahren 1879 bis 1963.
    Das „Protokollbuch über vorgenommene Sühne-Versuche“ umfasst 128 Einträge aus den Jahren 1879 bis 1963. Foto: Christine Hornischer

    Die Rieder Archivare Jürgen Bode und Josef Jörg öffnen das Rieder Archiv. In akribischer Arbeit haben sie Unterlagen gesammelt, aufbereitet und archiviert. Viele Bürgerinnen und Bürger, Menschen und Zeitzeugen der Rieder Geschichte, wurden dazu befragt. Während Bode ein Werk mit sechs Bänden über die Rieder Chronik erstellt, recherchiert Jörg eine Haus- und Familienchronik für alle Anwesen, die es in den Altorten bereits vor 50 Jahren gegeben hat. Parallel dazu will er Personen und Firmen vorstellen, die in den betreffenden Häusern Geschichte geschrieben haben.

    Während seiner Recherchen stieß Jörg auf eine historische Geschichte, die heute noch von Fall zu Fall so gehandhabt wird. Das Bayerische Schlichtungsgesetz legte im 19. Jahrhundert nämlich fest, dass bestimmte Streitigkeiten nur dann vor Gericht gebracht werden durften, wenn zuvor ein Schlichtungsversuch unternommen worden war. Und zwar von niemanden Geringerem als dem Bürgermeister. So findet sich im Rieder Archiv für fast jede der ehemals eigenständigen Gemeinden ein „Protokollbuch über Sühne-Versuche“. Das Baindlkircher Buch beispielsweise umfasst 128 Einträge aus den Jahren 1879 bis 1963. In der Regel ging es dabei um Beleidigungen oder falsche Behauptungen.

    Manchmal blieb keine Partei der anderen etwas schuldig, wie in dem Beispiel vom 3. Juni 1889 dokumentiert wird.
    Manchmal blieb keine Partei der anderen etwas schuldig, wie in dem Beispiel vom 3. Juni 1889 dokumentiert wird. Foto: Christine Hornischer

    Beleidigungen und Falschbehauptungen beschäftigen den Bürgermeister

    Wenn sich die „Streithansel“ beim Bürgermeister gegenübersaßen, kam es in vielen Fällen tatsächlich zu einer gütlichen Einigung. Manchmal musste der Beklagte als Sühne etliche Mark an die Armenkasse entrichten oder sogar einen Widerruf im Meringer Anzeiger veröffentlichen. Es kam auch vor, dass sich herausstellte, dass keine Partei der anderen etwas schuldig blieb, wie in dem folgenden Beispiel vom 3. Juni 1889:

    „Kistler gibt vor, dass die Beklagten ehrenrührige Äußerungen über ihn gemacht haben. Beim Sühneversuch stellte sich heraus, dass sich beide Parteien gegenseitig beschimpft haben. Keine Partei stellt Klage, da die Beschimpfungen gegenseitig waren.“ Unterschrift: Joseph Kistler, Viktoria Kann, Johann Probst.

    Während Rieds Bürgermeister Erwin Gerstlacher in seiner bisherigen Amtszeit keinen Streit schlichten musste, erinnert sich Gemeindemitarbeiterin Sieglinde Kistler noch gut an ein Ereignis in der Amtszeit seines Vorgängers Anton Drexl. Bei dem damaligen Sühneversuch ging es um eine böse Beleidigung. Bei einem Vereinsabend wurde ein Mann von seinem Vereinskameraden als Schwein und Lügner bezeichnet.

    Die ganze Thematik wurde am angesetzten Termin bei dem Bürgermeister vorgetragen, der Angeklagte hatte dies zugegeben. Dieser entschuldigte sich am Sühnetermin beim Kläger. Der Kläger forderte noch, dass die Entschuldigung beim nächsten Vereinstreffen öffentlich bekundet werden müsse, was im Nachgang geschehen ist.

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