Es ist ein Problem, das viele Vereine trifft: Immer weniger Menschen sind bereit, ehrenamtliche Arbeit zu leisten. Das können die Trainer im Turnverein sein oder auch Betreuer beim Fußball. Ist das vielleicht bei Übungsleitern nicht unbedingt existenzbedrohend, so sieht das beim Vorstand anders aus. Der muss besetzt sein, sonst droht das Aus. Auch mancher Verein im Landkreis Aichach-Friedberg hat Probleme, diesen zu besetzen. Dann sind kreative Lösungen gefragt - oder klare Worte.
So wie bei den KK-Schützen Mering. Der Verein zählt in seiner Zunft zu den erfolgreichsten im Kreis, schießt in der Oberbayernliga. Dennoch hatte man hier Probleme, einen neuen Vorsitzenden zu finden. Vor einigen Monaten fand bereits eine Wahl statt, diese war jedoch nicht erfolgreich. "Den Posten will kaum noch jemand übernehmen, weil man viel Zeit braucht und große Verantwortung trägt", erklärt sich der bisherige Vorsitzende Florian Purps die Zurückhaltung. Er ist seit vier Jahren im Amt, schon im Vorfeld seiner Wahl gab es Probleme bei den KK-Schützen, einen Vorstand zu finden.
Mitunter braucht es Druck bei den Vereinen im Landkreis Aichach-Friedberg
Dabei hat der Verein Zustrom von jungen Menschen, hat erst kürzlich ein Lichtgewehr beschafft, mit dem auch Jugendliche schießen dürfen. Immerhin: Mittlerweile zeichnet sich eine Lösung bei der Vorstandsfrage ab, laut Purps sieht es gut aus. "Ich habe auf der letzten Jahreshauptversammlung die schwierige Situation noch einmal deutlich gemacht." Bei der nächsten Versammlung im April könne wohl ein Vorstand gewählt werden. "Das ging aber nur mit viel Druck."
Etwas anders sieht die Situation beim TSV Aindling aus. Dort gibt es zwar einen Vorsitzenden, aber schon längere Zeit kein Vorstandsmitglied für die Finanzen sowie für die Geschäftsführung. Bei der Jahreshauptversammlung 2023 standen dort keine Kandidatinnen oder Kandidaten zur Wahl. Kommissarisch werden sie von anderen Mitgliedern aus dem Vorstand bearbeitet. Kein Dauerzustand, wie der Vorsitzende Ludwig Grammer sagt. "Das kostet sehr viel Zeit, eigentlich zu viel. Das ist schon an der Grenze des Möglichen."
Expertin rät Vereinen im Landkreis Aichach-Friedberg zu Flexibilität
Für Stefanie Siegling, Leiterin der Freiwilligenagentur beim Landratsamt Aichach-Friedberg, sind das keine Sonderfälle. Die Problematik habe, auch coronabedingt, zugenommen. "Die Prioritäten der Leute haben sich über die Jahre verändert: Heutzutage hat man weniger Zeit, Familie und Selbstverwirklichung stehen mehr im Vordergrund." Das projektbezogene Ehrenamt gewinne immer mehr an Popularität. Vereinzelt stünden Vereine gar vor der Auflösung, aktuell seien vor allem Chöre sowie Krieger- und Soldatenvereine betroffen. Siegling rät den Vereinen, eine schriftliche Stellenbeschreibung zu verfassen, mit der man werben könne. "Doch sie müssen sich in der heutigen Zeit auch ein Stück weit wandeln und an die neuen gesellschaftlichen Strukturen anpassen." Dazu gehören die Förderung der jungen Mitglieder und mehr Flexibilität.
So wie beim TSV Inchenhofen, der derzeit keinen Vorsitzenden hat - und damit zufrieden ist, wie Michael Wenczel erklärt. Er ist einer von vier zeichnungsberechtigten Stellvertretern, die den Verein gleichberechtigt leiten. "Wir haben unseren Vorstand schon vor einigen Jahren sehr breit aufgestellt." Insgesamt neun Personen teilen sich die Verantwortung in Inchenhofen. "Das funktioniert sehr gut, wir haben keine Probleme." Grundsätzlich sieht er eine solche Lösung im Vereinswesen als zukunftsträchtig an. "Den klassischen Verein, in dem einer entscheidet, wird es so wohl bald nicht mehr geben." Es werde mehr Teamlösungen brauchen.
OGV Bachern-Rohrbach hat nun drei gleichberechtigte Vorsitzende
Beim Obst- und Gartenbauverein Bachern-Rohrbach hat man einen solchen Weg eingeschlagen. Künftig gibt es dort drei gleichberechtigte Vorsitzende, nachdem der Vorgänger aufhört. "Allein will diese Verantwortung niemand mehr übernehmen", sagt Claudia Herbst, eine der drei Vorsitzenden. Auch beim Obst- und Gartenbauverein hätte es zur Auflösung kommen können. Möglicherweise mit Folgen für das Friedberger Stadtbild. "Wir machen ja zum Beispiel die Bepflanzung an den Ortsschildern." Um die muss sich aber einstweilen keiner sorgen. "Wir haben Jüngere, die jetzt im Vorstand mitmachen. Es schaut für die nächsten Jahre gut aus."