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Landkreis Aichach-Friedberg: So läuft der Klimaschutz im Wittelsbacher Land

Landkreis Aichach-Friedberg

So läuft der Klimaschutz im Wittelsbacher Land

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    Mit dem Neubau des Wasserwerks in Unterbernbach konnte die Magnusgruppe ihren Energieverbrauch stark senken.
    Mit dem Neubau des Wasserwerks in Unterbernbach konnte die Magnusgruppe ihren Energieverbrauch stark senken. Foto: Erich Echter (Archivbild)

    Energie wird immer teu­rer, trotzdem: Wir brauchen sie alle. Ohne geht es einfach nicht. Ange­sichts des Klimawandels kommt es auch darauf an, wie diese produziert und verwendet wird. Der Wittelsbacher Land Verein hatte nun zum Start der neuen LEADER-Förderphase von 2023 bis 2027 eine Veran­stal­tung zum Thema Energiesicher­heit und Energieversorgung organisiert, bei der es auch um Klimaschutz und Wi­derstandsfähigkeit des Landkreises ging. Die Professoren Mojib Latif und Franz Josef Radermacher erklärten ihre Sicht des Problems. Firmen und Gemeinden aus dem Landkreis berichteten, wie sie der Energie- und Klimakrise praktisch begegnen. 

    Kommunalpolitiker und viele interessierte Bür­ger waren gekommen, um die be­kannten Wissenschaftler zu hören. Der Saal des Friedberger Schlosses war bis auf den letzten Platz besetzt. "Mit Physik kann man nicht verhan­deln oder Kompromisse schließen", sagte Mojib Latif, der Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und seit Jahrzehnten der wohl bekannteste deutsche Klimaexperte. Trotz­dem lohne es sich, die Flinte nicht ins Korn zu werfen: "Jedes Zehntelgrad zählt!" Nobelpreis­trä­ger vom Anfang des 20. Jahrhunderts hätten schon vor der Erderwärmung gewarnt, doch der Mensch sei einfach nicht weise genug. 

    Klimaforscher Mojib Latif in Friedberg: "Der Klimawandel kostet heute schon Milliarden"

    Das Problem von CO₂ sei, dass man es nicht sehen oder riechen könne. An­sons­ten würden alle Alarmglocken schrillen. "Der Klimawandel kostet heute schon Milliarden", so Latif, ge­redet werde aber nur von den Kosten des Klimaschutzes. Das heutige Hauptziel sei die Begrenzung der Erderwärmung auf unter zwei Grad. "Die 1,5 Grad sind nicht mehr zu er­reichen!" Latif plädierte für gemein­sa­mes Handeln: "Die Pole schmel­zen ab, obwohl dort kein CO₂ ausge­stoßen wird." Es verteilt sich über den ganzen Erdball. "Wir haben die besten Ingenieure, soll heißen, es geht alles – wir müssen es nur wol­len!"

    Erich Herreiner, LEADER-Koordinator vom Landwirtschaftsamt in Nördlingen, übergab, gemeinsam mit Klimaforscher Mojib Latif, an Landrat Klaus Metzger das Logo für die neue Förderphase.
    Erich Herreiner, LEADER-Koordinator vom Landwirtschaftsamt in Nördlingen, übergab, gemeinsam mit Klimaforscher Mojib Latif, an Landrat Klaus Metzger das Logo für die neue Förderphase. Foto: Brigitte Glas

    Franz Josef Radermacher war Professor für Datenbanken und Künstliche Intelligenz (KI) an der Universität Ulm und leitet seit 26 Jahren das Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung.. Er wollte das Problem welt­umfassend sehen. Der CO₂-Ausstoß in Deutschland mache nur etwa zwei Prozent der weltweiten Emissionen aus. Gleichzeitig komme auf der Erde jedes Jahr eine Bevöl­ke­rung in der Größe Deutschlands dazu. "Deshalb ist das, was wir hier machen, für das Weltklima ziemlich belanglos", so Radermacher. Die rei­chen Länder hätten ihren Wohl­stand mit riesigen Emissionen erreicht. Jetzt hätten die armen Länder das­sel­be recht. China verursache viel CO₂, habe zwar hunderte Millionen Menschen aus der Armut geholt.

    Firma Pfeifer verarbeitet in Unterbernbach nachhaltig Holz

    Ra­dermacher verwies auf Afrika, wo sich die Bevölkerung in absehbarer Zeit verdoppeln werde. "Es gibt kei­nen besseren Schutz fürs Klima, als wenn die Armen arm bleiben", mein­te er provokant. Das Bevölkerungs­wachstum sei nur mit Bildung und Wohlstand zu bremsen. Deutschland soll­e die Emissionen in den Schwel­len­ländern mit vorhandenen technischen Möglichkeiten klein halten. Maßnah­men dort kosteten nur einen Bruch­teil von den Beträgen bei uns. In Deutschland wollte er weder die fos­silen Brennstoffe noch die Kernener­gie verteufeln. 

    Leonhard Scherer, der Vertriebsleiter der Firma Pfei­fer aus Unterbernbach, stellte die Arbeitsweise seines Betriebs vor. Pfeifer verarbeitet Rund­holz aus nach­haltiger Forstwirtschaft und stellt damit Schnittholz her. Da­mit aber der ganze Baum verwen­det wird, kommt die Rinde in das ei­ge­ne Kraft­werk, das den Strom für den Eigen­verbrauch herstellt. Die anfallende Wärme besorgt die Holz­trocknung. Restholz wird zu Palet­ten­klötzen und Sägemehl zu Pellets. "500.000 Ton­nen CO₂ konnten wir schon einspa­ren", so Scherer.

    Bei der Firma Pfeifer wird bei der Holzverarbeitung der ganze Baum verwertet.
    Bei der Firma Pfeifer wird bei der Holzverarbeitung der ganze Baum verwertet. Foto: Michael Kerler

    Wassererzeugung wird durch steigende Energiepreise teurer

    "Unser Wasser hat beste Qualität, die Verfügbarkeit wird allerdings schwie­riger", sagte Rupert Reitber­ger, der seit 50 Jahren der Vorsitzende des Wasserzweckverbands Magnusgruppe in Aichach ist. Eine Million Kubikmeter Wasser im Jahr müssen erst mal herauf gepumpt werden. Die Energiekosten dafür hätten sich bei gleichem Ver­brauch von 2013 bis 2019 verdop­pelt, so Reitberger. 

    Aus diesem Grund wurde ein neues Wasserwerk in Unterbernbach gebaut, in dem nun nach Be­darf bis zu sechs Pumpen laufen. Das gan­ze Gebäude entspricht den neuesten Standards mit Fußbodenheizung, Lüf­tungsanlage mit Wärmerück­ge­winnung und einer Fotovoltaik­an­la­ge auf dem Dach. Die konstan­te Wassertemperatur von zwölf Grad dient mit reversiblen Wärmepumpen als Wärmequelle oder Kühlung. 

    Um die Wertschöpfung am Ort zu hal­ten, arbeitet die Gemeinde Tod­tenweis mit der Bürgerenergiege­nos­senschaft (BEG) zusammen. Bürger­meister Konrad Carl und Peter Mießl stellten das Vorgehen vor. Vorhan­den und geplant sind in der Gemein­de PV-Anlagen auf Flächen und Dä­chern, Windkraftanlagen, Nah- und Fernwärmenetz. Die Energie wird vor Ort produziert und verbraucht. Das Besondere an der Zusammenarbeit mit der BEG: Jeder Bürger kann sich daran mit Anteilen zu je 100 Euro be­teiligen. Werden einzelne Projekte re­alisiert, kann jeder investieren. 

    Das Baugebiet an der Afrastraße wird mit Fernwärme versorgt.
    Das Baugebiet an der Afrastraße wird mit Fernwärme versorgt. Foto: Hans-Joachim Arndt (Archvibild)

    Das neue umstrittene Heizungs­ge­setz verlangt von Städten und Ge­meinden eine kommunale Wärme­planung. Friedbergs Bürgermeister Roland Eichmann stellte diese für seine Stadt vor. Geplant seien Wär­menetze schon lange. Verwirklicht sind einige, zum Beispiel im Ober­dorf von Derching und im Baugebiet an der Afrastraße. Als aktuelle Projekte stellte Eichmann das Gewerbegebiet Derching und die Siedlung Unterm Berg, Rinnenthal, und den Bereich Stadtbad und Schul­zentrum vor. 

    Friedberg lässt keine neuen Gasheizungen mehr zu

    Für Friedbergs Altstadt brauche es noch eine Mach­barkeitsstudie. Für die kommunale Wärmeplanung sei der Förderantrag gestellt. Um die fossilen Energieträ­ger zu reduzieren, hatte der Stadtrat bereits vor eineinhalb Jahren be­schlossen, neue Gasheizungen nicht mehr zu genehmigen. 

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