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Friedberg: Wenn jede Sekunde zählt: Experten zeigen, wie man Leben rettet

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Wenn jede Sekunde zählt: Experten zeigen, wie man Leben rettet

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    Rainer Bernauer erklärt Neugierigen bei Restart a heart day den Defibrillator.
    Rainer Bernauer erklärt Neugierigen bei Restart a heart day den Defibrillator. Foto: Angela Seeringer

    Was ist, wenn es uns passiert? Heute ... nachher ... beim Einkaufen, im Café, auf dem Weg nach Hause? Wir kippen um und sind weg, einfach so aus dem Nichts heraus. Wenn wir Glück haben, erwachen wir einige Zeit später wieder im Krankenhaus. Aber nur, wenn jemand geholfen hat. Wenn jemand wusste, was zu tun ist. 10.000 Menschenleben könnten jedes Jahr allein in Deutschland gerettet werden, wenn Menschen sich trauen würden zu helfen. Denn jede Sekunde zählt bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Je länger das Herz stillsteht, desto weniger Sauerstoff gelangt ins Gehirn. Desto mehr Nervenzellen sterben ab. Und das, was einmal tot ist, kommt nicht wieder. Doch wie fange ich an? Was ist zu tun, wenn es wirklich darauf ankommt? Antworten auf diese Fragen gaben am „Restart a heart day“ in Friedberg Experten auf diesem Feld.

    Ärzte der Kliniken an der Paar schulen Reanimation bei Segmüller

    Martin Müller weiß, was zu tun ist. Er ist Notarzt und Leiter der Notaufnahmen der Kliniken an der Paar. Am Restart a heart day, der jährlich weltweit am 16. Oktober stattfindet, ist er mit seinem Kollegen Oberarzt Rainer Bernauer sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bayerischen Roten Kreuzes bei Segmüller zu Gast. Im Erdgeschoss des Möbelhauses ist eine kleine Wiederbelebungsstation entstanden. Defibrillatoren, Notarztkoffer und drei Reanimationspuppen liegen bereit. „Beim Segmüller kaufen viele Leute ein. Deswegen bin ich unglaublich dankbar, dass wir hier sein dürfen“, sagt Müller.

    Elisabeth Sedlmeier aus Ried ist extra hergefahren: „Man hat schon ein ungutes Gefühl, wenn man es noch gar nicht gemacht hat. Ich wollte es selbst ausprobieren an der Puppe.“ Dabei stellen sich ihr Fragen: Wie tief muss man drücken? Wie tief sind fünf bis sechs Zentimeter? „Man muss ja manchmal zehn bis 15 Minuten reanimieren, bis Hilfe kommt. Ich habe jetzt hier eine halbe Minute an der Puppe die Herz-Druck-Massage gemacht. Da ist mir schon ganz schön warm geworden. Das ist richtig anstrengend“, sagt sie.

    Durchschnittlich neun Minuten dauert es, bis professionelle Hilfe da ist. So lange muss wiederbelebt werden. Der eindringliche Appell der Ärzte und Sanitäter lautet daher: Traut Euch! Man kann nichts falsch machen. Rippen können brechen, ja – doch gebrochene Rippen heilen. Ein Menschenleben ist verloren, wenn niemand hilft.

    Restart a heart day: Das sollten Helfer wissen

    Prüfen – Rufen – Drücken. Das ist die Leitformel der Reanimation für Laien: „Zuerst prüfe ich, ob die Person bei Bewusstsein ist und Puls hat. Aber bitte nicht wie bei Baywatch den Puls am Handgelenk fühlen“, sagt Rainer Bernauer. „Da fühlt man in der Aufregung oft nur den eigenen Herzschlag. Besser ist es am Hals oder in der Leiste.“ Ist kein Puls vorhanden, sollte sofort der Notruf über die 112 abgesetzt werden. „Man kann das Handy neben sich hinlegen und dann sofort mit der Wiederbelebung beginnen. Ganz wichtig ist das Dreifache H: Hauptsache Heftige Herzdruckmassage.“ Ungefähr 100 bis 120 Mal pro Minute muss man drücken. Zum Rhythmus des Lieds „Staying Alive“, oder wie der gebürtige Österreicher Bernauer schelmisch ergänzt: „Zum Radetzky-Marsch!“

    Er kann verstehen, dass die Scham groß ist – gerade, wenn man auch beatmen soll. „Auf 30 Herzdruckmassagen kommen zwei Beatmungen. Doch natürlich ist es verständlich, wenn man einen wildfremden Menschen nicht gleich Mund-zu-Mund beatmen will. Bitte dann auf jeden Fall die Herzdruckmassage beginnen“, lautet sein eindringlicher Appell. Erschreckend sei, dass vor allem Frauen ein höheres Risiko haben, am Herzkreislaufstillstand zu versterben. „Vermutlich spielt auch hier falsche Scham eine Rolle“, sagt Bernauer. „Doch Scham rettet kein Menschenleben!“

    Auch Kinder können lernen, wie man Leben rettet

    Jeder kann die Wiederbelebung lernen – egal in welchem Alter. Der fünfjährige Till schaut gespannt zu, als Martin Müller ihm an der Puppe erklärt, wie und wo er drücken muss. „Kinder sind oft cooler als Erwachsene. Vielleicht auch, weil sie das Ausmaß nicht überblicken können. Sie machen einfach“, sagt Müller. Bereits im Kindergartenalter können Kinder an die Grundlagen der Wiederbelebung herangeführt werden. Die deutsche Fachgesellschaft für Wiederbelebung GRC fordert vor allem an Schulen schon lange Kurse zur Wiederbelebung. Mit der Kampagne „Ich rette dein Leben – rettest du meins?“ sollen Hemmschwellen überwunden und Ängste abgebaut werden.

    In Friedberg war der Restart a heart day ein voller Erfolg. Annähernd hundert Interessierte haben sich am Mittwochnachmittag die Reanimation erklären lassen. „Wir hatten sogar Anrufe bei uns an der Klinik, da die Menschen wissen wollten, wann und wo man die Wiederbelebung ausprobieren kann“, erzählt Kathrin Ruf, Pressereferentin der Kliniken an der Paar.

    Wer in Friedberg nicht dabei sein konnte, hat am Samstag in Aichach noch mal die Möglichkeit, sich in Sachen Wiederbelebung schlau zu machen. Von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr ist auf dem Stadtplatz jeder willkommen, der erfahren möchte, was zu tun ist, wenn jede Sekunde zählt.

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