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Friedberg: So behindert die Politik den sozialen Wohnungsbau

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So behindert die Politik den sozialen Wohnungsbau

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    Zwei Häuser der Baugenossenschaft an der Frühlingsstraße nähern sich der Fertigstellung. Drei weitere, für die die benachbarten alten Wohnblocks weichen müssen, sind in Planung.
    Zwei Häuser der Baugenossenschaft an der Frühlingsstraße nähern sich der Fertigstellung. Drei weitere, für die die benachbarten alten Wohnblocks weichen müssen, sind in Planung. Foto: Thomas Goßner

    Trotz des großen Bedarfs werden in Deutschland immer weniger Wohnungen gebaut. Und auch ein Projekt der Friedberger Baugenossenschaft gerät jetzt ins Wanken. Wie angesichts steigender Baukosten, hoher Zinsen und immer schärferer Anforderungen an die Energieeffizienz die geplanten drei neuen Häuser an der Frühlingsstraße verwirklicht werden können, ist derzeit völlig offen. Das berichten die Vorstände der Genossenschaft, Beate Kaul und Günther Riebel. Gemeinsam mit ihrem Architekten Wolfgang Rockelmann arbeiten sie mit Hochdruck daran, das Vorhaben zu retten. 

    An der Frühlingsstraße liegt die Keimzelle der Friedberger Baugenossenschaft. Vor rund 100 Jahren – ebenfalls in Zeiten der Wohnungsnot – entstanden hier die ersten Häuser. Galten sie Anfang des 20. Jahrhunderts als höchst fortschrittlich, so entsprechen die Grundrisse nicht mehr den heutigen Erfordernissen und die Substanz ist in die Jahre gekommen. Im Sommer 2020 fand daher der Spatenstich für ein 20-Millionen-Projekt statt, das Zug um Zug die 40 bestehenden Wohnungen durch 100 zeitgemäße ersetzen sollte. 

    Eigentlich wollte die Baugenossenschaft die neuen Gebäude frei finanzieren, um weniger hohe Standards erfüllen zu müssen und die Kosten gering zu halten. Bei einem Zinsniveau von rund einem Prozent schien das machbar - ebenso wie bereits zuvor bei den Genossenschaftsblöcken an der Wiffertshauser Straße. Doch dann kamen Corona und der Ukrainekrieg mit den bekannten Folgen. "Das ist wie ein Kartenhaus zusammengefallen", sagen die Vorstände Riebel und Kaul: Die Baukosten schossen nach Angaben von Architekt Rockelmann seither um 30 Prozent nach oben, die Zinsen um das Vier-bis Fünffache. 

    Die zwei neuen Häuser des ersten Bauabschnitts waren fertig, als die Schwierigkeiten begannen. Die Baugenossenschaft sah sich gezwungen, den zweiten Abschnitt nördlich der Frühlingsstraße aufzuteilen, um das Risiko zu minimieren. Zunächst wurden die beiden äußeren Gebäude in Angriff genommen. Im zweiten Schritt sollen dann drei weitere Gebäude mit insgesamt 42 Wohnungen, einer Tiefgarage mit 105 Stellplätzen und einem weiteren Tiefgeschoss für Kellerräume entstehen. 

    Das kostet die Miete bei der Baugenossenschaft

    Je nach Einkommensgruppe müssten die künftigen Mieter 6,50, acht oder 9,50 Euro pro Quadratmeter bezahlen, die jeweilige Differenz zu den 13,50 Euro, die von der Regierung von Schwaben genehmigt wurden, übernimmt der Landkreis Aichach-Friedberg. Frei finanziert würde die Miete in diesem Objekt bei 20 Euro plus x pro Quadratmeter liegen, rechnet Riebel vor: "Das kann man nicht verantworten." Die Baugenossenschaft müsste also die Miete aus dem Ertrag ihrer anderen Häuser subventionieren, was für Kaul und Riebel aber keine Option ist. 

    Will die Baugenossenschaft von den Fördermitteln des Bundes profitieren, dann muss sie hohe Anforderungen erfüllen. Zwar gibt es pro Wohnung 100.000 Euro Darlehen, das nur mit einem Prozent verzinst werden muss. Der KfW-Standard 55, den das Gebäudeenergiegesetz seit Jahresbeginn 2023 für Neubauten vorschreibt, reicht dafür aber nicht mehr aus. Notwendig ist der KfW-Standard 40, der jedoch die Kosten in die Höhe treibt und technisch schwer zu erfüllen ist: So ist bei der Heizung keine Verbrennung mehr zulässig, Aufzugsschächte und Treppenhäuser müssten mit einer eigenen Dämmschicht komplett eingehaust werden, damit keine Wärme- bzw. Kältebrücken entstehen. 

    Baugenossenschaft bangt um Förderung

    Den Mehraufwand für den KfW-40-Standard veranschlagt der Architekt auf 500.000 Euro - bei einer Gesamtinvestition von 18,5 Millionen. Dabei ist noch nicht einmal sicher, dass die Mittel dafür im nächsten Jahr tatsächlich zur Verfügung stehen. Nach dem Karlsruher Urteil muss der Bund sparen. Aus Berlin gebe es Signale, dass nur noch energetische Sanierungen in Bestandsgebäuden bezuschusst werden, nicht aber der Bau neuer Häuser, so Günther Riebel. 

    Planer wie Bauherrn ärgert das ständige Hin und Her. Hieß es zunächst, Bau-, Darlehens- und Förderanträge müssten noch heuer eingereicht werden, so ist die Antragstellung nach neuestem Stand erst Anfang 2024 möglich. Den Bauantrag will die Genossenschaft noch vor Jahresende stellen, um dann möglichst schnell mit der Ausschreibung beginnen zu können. Gibt es am Ende keine Zuschüsse, müssten die fertigen Pläne wieder geändert werden, um die Kosten zu reduzieren. 

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