Kirchenaustritte und die Abkehr vom Glauben auf der einen Seite, Pfarrermangel und Zusammenlegung von kleineren Pfarreien zu großen Pfarreiengemeinschaften auf der anderen Seite: Die Kirche hat es heutzutage nicht leicht, Gläubige bei der Stange zu halten. Den Kopf in den Sand zu stecken und zu resignieren, das ist nicht das Ding von Pfarrer Martin Schnirch als leitendem Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft (PG) Ottmaring. Vielmehr geht er zusammen mit einem engagierten Team neue Wege, um die Freude an Kirche und Glauben aufzufrischen, junge Leute für Jesus zu begeistern und auch Menschen wieder zu erreichen, die sich schon längst von der Kirche abgewandt haben.
Viele kommen in die Griesbachmühle, die sonst mit der Kirche nichts mehr am Hut haben
Ein Highlight, mit dem die PG Ottmaring über die eigenen Grenzen hinaus bekannt wurde, ist der Gottesdienst an Heiligabend in der Griesbachmühle. Seit vier Jahren lockt diese Art von modernem Event, mit raffinierter Lichttechnik und Musik sowie Texten zu einem zeitgemäßen Thema, die Menschen an diesen idyllischen Ort. Gut 700 Besucherinnen und Besucher sind jedes Jahr mit dabei und lassen sich von dieser ganz besonderen Stimmung und beim persönlichen Weiterleiten des Friedenslichtes berühren. „Die Leute kommen von weit her, viele haben mit der Kirche als Institution nichts mehr am Hut und sind eventuell auch ausgetreten“, berichtet der Pfarrer. Die private Hofkapelle mit dem besonderen Flair war auch schon Veranstaltungsort für eine Maiandacht, die Auferstehungsfeier an Ostern mit einer beeindruckenden Leonardobrücke und in diesem Jahr wurde erstmalig im Mai ein Friedensmoment mit Liveband, guten Gedanken und einem Picknick veranstaltet. „Wir versuchen, zu erkennen, was die Leute gerade bewegt.
Wir müssen eine Form finden, die den Menschen heutzutage entspricht und dazu gehört eben auch moderne Technik mit Beamer und Livestream “, sagt Pfarrer Martin Schnirch. An seiner Seite hat er ein Team von rund zehn engagierten Mitwirkenden. „Dieses gemeinsame Engagement, das ist das, was ich mir für jede Kirche wünsche. Jeder bringt seine Ideen und Fähigkeiten mit ein“, betont Martin Schnirch. Seit acht Jahren ist er leitender Pfarrer der weitläufigen Pfarreiengemeinschaft. „Wir haben hier auf vier Pfarreien und elf Dörfer verstreut rund 5000 Katholiken. Gut 500 davon sind ehrenamtlich kirchlich engagiert, sei es als Lektoren, Austräger des Kirchenblatts, für Blumenschmuck oder Altargestaltung, im Besuchsdienst, für die Kirchenreinigung oder eben auch im Veranstaltungsteam“, berichtet Claudia Weigl als Verwaltungsleiterin.
Kommunionkinder sollen ohne Zwang ihren Glauben im Alltag entdecken
Im dörflichen Milieu sei dies einfacher als in der Stadt. Die Kirche am Laufen zu halten, sei aber auch für viele eine Frage der Ehre, denn sonst drohe eine noch größere Fusion, so Weigl. Doch das Augenmerk werde nicht nur auf die besonderen Veranstaltungen gereichtet, sondern auch die traditionellen Gottesdienste finden Zulauf. Gestemmt werden können die wöchentlich acht Messen an sieben verschiedenen Orten dank Kaplan Manuel Beege und einem Team an Hilfspfarrern aus der Fokolarbewegung im Begegnungszentrum Ottmaring, dem auch Pfarrer Schnirch angehört. „Wir müssen verschiedene Räume für verschiedenen Menschen im Glauben finden“, sagt Melanie Mair, die sich in der PG auch für die Öffentlichkeitsarbeit einsetzt. Dies gelte auch für den Bereich der Kommunionkinder und der Firmlinge, die möglichst ohne Zwang und Stempelbücher ihren Spaß am Glauben im Alltag entdecken sollen.
Ein nicht ganz leichter Weg sei es gewesen, die Vorbereitungen auf die Sakramente in Ottmaring zu zentralisieren und gleichzeitig jedem Ort ein wenig Individualität zu lassen. St. Georg in Bachern, St. Michael Ottmaring, St. Johannes Baptist Paar und St. Peter und Paul Rehrosbach sind Teile dieser Pfarreiengemeinschaft. Angegliedert an diese Pfarreien sind die Kuratie Heilig Kreuz Eurasburg sowie die Filialen St. Philipp und Walburga Rohrbach, St. Antonius von Padua Freienried und St. Laurentius Rinnenthal. „Es war und ist immer noch ein langer Weg für uns alle zu begreifen, dass nicht jedes Dorf alles stemmen, aber jeder Ort immer wieder auch individuelle Veranstaltungen auf die Beine stellen kann“, berichtet Pfarrer Martin Schnirch. Hier gehe es um das richtige Maß von Gemeinschaft und Individualität. Claudia Weigl berichtet auch von einem Zusammenwachsen auf verwalterischer Ebene mit fruchtbarem gegenseitigen Austausch. Dies zeige auch der mittlerweile gemeinsam herausgebrachte Pfarrbrief mit dem vielsagenden Titel „Miteinander“, der jedem Ort Raum lässt, sich zu präsentieren.
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