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Friedberg: Neue Führung in der Friedberger Altstadt: Woher kommen Redewendungen?

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Neue Führung in der Friedberger Altstadt: Woher kommen Redewendungen?

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    Zum ersten Mal führte Jutta Linzenkirchner durch Friedberg unter dem Motto „Redewendungen und Sprichwörter früher und heute“.
    Zum ersten Mal führte Jutta Linzenkirchner durch Friedberg unter dem Motto „Redewendungen und Sprichwörter früher und heute“. Foto: Daniela Egert

    Die Stadt Friedberg bietet Interessierten vielfältige Einblicke in ihre Geschichte. So gibt es Touren zu Fuß, in denen es um lokale Sitten und Gebräuche geht. Außerdem werden Führungen entlang der Stadtmauer durchgeführt, zum Thema Handwerker oder tiefe Einblicke in Bierkeller gegeben. Nun stand ein Rundgang zu „Redewendungen und Sprichwörter früher und heute“ mit Jutta Linzenkirchner an. Seit Dezember 2013 zeigt sie die schönsten Plätze Friedbergs. Eine gute Portion Lokalgeschichte ist auch stets dabei. Zirka 20 Erwachsene und Kinder haben sich diesmal im Zentrum der Stadt eingefunden. In Deutschland zählt man rund 250.000 Sprichwörter - versteht sich, dass die nicht alle zur Sprache kommen können.

    Augsburg brannte Friedberg zwölfmal nieder

    Los geht es auf dem Marienplatz, wo sich der Lieblingsort von Linzenkirchner befindet: Die von Rosen umrankte Herzbank, ein bevorzugtes Fotomotiv für Hochzeitspaare aus der Region. Hingegen gibt es weniger romantische Informationen, was die Stadtgeschichte betrifft. „Die Augsburger haben uns mindestens zwölfmal niedergebrannt“, so Jutta Linzenkirchner über eine alte Rivalität. Früher Feindschaft, heute Freundschaft, könnte man das Verhältnis der Nachbarn zusammenfassen. Ein Schutzbrief des damals erst zwölf Jahre alten Staufers Konradin, im Jahr 1264 gemeinsam mit dem Wittelsbacher Ludwig dem Strengen verfasst, zeugt erstmals von der Existenz einer „Burg Fridberch“.

    Bei der zweiten Station des Nachmittags - dem Stadtmodell neben dem Marienbrunnen – geht es auch schon los mit den Sprichwörtern. Woher stammt etwa die Redewendung, „jemandem etwas abknöpfen“? Im Mittelalter, so erfährt die Runde, trugen Reiche häufig Jacken mit wertvollen Knöpfen. Schnell wurden diese zum bevorzugten Raubgut von Dieben, welche die teuren Goldknöpfe ungeniert abschnitten. Durch die Zieglergasse läuft die Gruppe nun hinüber zur Pfarrkirche St. Jakob. Vor der rot-weiß-gestreiften Fassade bleibt die ausgebildete Stadtführerin stehen. Unter den Steinen vor dem Gotteshaus befand sich ein Friedhof, der später aufgelöst wurde. Innen am Altar will Jutta Linzenkirchner von den Anwesenden wissen, warum die heilige Elisabeth von Thüringen oft mit einem Korb Rosen dargestellt wird. Maria Steinhauser kennt die Legende offensichtlich. „Ihre Verwandten wollten nicht, dass sie als Gräfin die Armen versorgt. Als Elisabeth einmal mit Brot angetroffen wurde, verwandelte sich dieses der Sage nach in Rosen.“

    Natürlich gibt es auch eine zum Kirchenraum passende Redewendung nämlich jemandem die Leviten lesen. Ein Relikt aus dem Alten Testament erläutert die Gästeführerin - das Buch „Levitikus“ enthält zahlreiche moralische Vorschriften für Priester. Es folgt eine weitere Frage an die Runde: „Warum sagt man, dass einem etwas unter den Nägeln brennt?“ Ein forschender Blick, dann gibt Linzenkirchner selbst die Antwort: In früheren Jahrhunderten lasen Mönche häufig beim Schein einer Kerze in geistlichen Büchern. Wenn sie einschliefen, bis der Docht heruntergebrannt war, verbrannten sich die Brüder ihre Finger. Weiter geht es, hinüber zur ehemaligen Mädchenschule. Passend zum Ort, hagelt es Redewendungen im Zusammenhang mit dem Lernen. So stammt der Begriff „jemandem einen Denkzettel verpassen“ aus dem früheren Schulalltag. Linzenkirchner: „Wenn ein Kind faul oder ungehorsam war, bekam es einen Zettel angeheftet, auf dem seine Untat vermerkt war.“

    Wie wird man zum Schlitzohr? Warum bekommt man einen Denkzettel? Diese und noch weitere Fragen beantwortet Jutta Linzenkirchner bei der Stadtführung durch Friedberg.
    Wie wird man zum Schlitzohr? Warum bekommt man einen Denkzettel? Diese und noch weitere Fragen beantwortet Jutta Linzenkirchner bei der Stadtführung durch Friedberg. Foto: Daniela Egert

    Das Friedberger Spital bezeichnet die Expertin wenig später als „unsere kleine Fuggerei“. Bis heute wohnen Senioren zu einer Vorzugsmiete in dem ehemaligen Krankenhaus. An einem Brunnen „im Thal“ machen die 18 Teilnehmer schließlich erneut Halt. Die Häuser standen vor Jahrhunderten sehr eng zusammen; das erforderte einen guten Feuerschutz, wie die zehnjährige Alina Liela weiß. Nach einigen zusätzlichen Informationen erreicht die Truppe das Schloss über die Zugbrücke. Unter der Brücke hielt Christine von Lothringen im 16. Jahrhundert wilde Tiere – allerdings auch im Winter, sodass viele der seltenen „Bestien“ im kalten Friedberger Winter erfroren. Zum Stichwort „Tiere“ fällt Linzenkirchner noch der redensartliche „Pechvogel“ ein. Und natürlich die Erklärung dazu: Im Mittelalter wurden Vögel mit klebrigen Leimruten gefangen. Wenn sie daran hängenblieben, war das für sie ein Missgeschick mit Folgen. Nicht viel besser erging es einem „Schlitzohr“, also überführten Dieben. Diesen konnte es passieren, dass man ihren wertvollsten Besitz – einen goldenen Ohrring – ohne Mitgefühl derb herauszog. Übrig blieb eben ein „Schlitzohr“, das seinen Besitzer lebenslänglich als Kleinkriminellen kennzeichnete. Ein Regenschwall beendet schließlich die unterhaltsame Stadtbegehung.    

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