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Friedberg: Mit Fleiß und einem "kleinen Schebberle": Rose Maier Haid wird 80

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Mit Fleiß und einem "kleinen Schebberle": Rose Maier Haid wird 80

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    Rose Maier Haid feiert am 6. November ihren 80. Geburtstag. Die Friedberger Künstlerin kann auf eine bewegte Zeit zurückschauen, ihr Blick richtet sich dennoch in die Zukunft.
    Rose Maier Haid feiert am 6. November ihren 80. Geburtstag. Die Friedberger Künstlerin kann auf eine bewegte Zeit zurückschauen, ihr Blick richtet sich dennoch in die Zukunft. Foto: Michael Postl

    Der Raum ist weitläufig, hohe Wände, unzählige Regale, sich stapelnde Zeitungen und Bilder. Rose Maier Haid sitzt auf ihrem Holzstuhl in ihrer Friedberger Kunstschule. Den Stuhl hat die Künstlerin, wie die anderen Sitzgelegenheiten auch, vom Sperrmüll. Der "Boss-Stuhl", wie die Künstlerin ihn mit einem Augenzwinkern nennt, ist nur für sie selbst bestimmt. "Ein Spaß, den die Kinder auch gerne mitmachen", sagt sie.

    Rose Maier Haid ist Künstlerin, Pädagogin, unterrichtet in ihrer Kunstschule achtmal die Woche Kinder und Erwachsene, schreibt Gedichte, bekam vor zwei Jahren wegen ihrer Verdienste rund um Friedberg die Silberdistel unserer Zeitung überreicht und weist immer wieder auf die fehlende Kunst im Leben der Menschen hin. Ihr Ziel sei es, diese den Menschen näher zu bringen. "Dafür würde ich aber hunderte Jahre brauchen", sagt Maier Haid lachend. An diesem Freitag wird sie aber "erst" 80.

    An der Wand hinter ihr hängen zehn Uhren, keine von ihnen geht richtig. Die Kunstlehrerin findet, dass im "Uhrwald", wie sie ihn nennt, Zeit keine Bedeutung hat. Das gilt für ihr ganzes Leben. Denn "eigentlich", sagt die Künstlerin, "eigentlich bin ich ja 800 Jahre alt." Die Entwicklung sei eben so langsam, dass "ich in den vergangenen Jahren viel schneller gealtert bin", sagt sie. Schneller als die Zeit selbst. "Das ist kaum auszuhalten."

    Die Friedberger Künstlerin Rose Maier Haid bräuchte 800 Jahre

    Denn auch ihren Schülern will Rose Maier Haid beibringen, dass Zeit nicht das Wichtigste ist im Leben. "Wir machen alles schneller, besser, effizienter, dabei ist das Bewusstsein für den Augenblick entscheidend", sagt sie. Diesen Optimierungswahn versucht die Kunstlehrerin den Schülern abzugewöhnen.

    Ihre mittellangen braunen Haare sind zu zwei Zöpfen geflochten, dazu trägt Rose Maier Haid ein schwarzes Oberteil und eine Jeans. Ihre Füße stecken in schwarzgrünen Wanderschuhen. Rose Maier Haid sieht nicht aus wie 80 und wirkt auch nicht so. Jeden Tag gebe es etwas zu tun, sie steht in der Früh auf und geht schnurstracks "die paar Meter" von ihrem Zuhause in die Kunstschule in der Bauernbräustraße.

    Dort, in ihrem Atelier, ist alles, was Rose Maier Haid zum Leben braucht. Papier, Farben, Schreibfedern, Werkbänke, ein Klavier. "Darauf spiele ich aber sehr selten", sagt die Künstlerin, es sei eher für die Kinder und Jugendlichen. Deren Werke sind nebenan ausgestellt. Der Raum ist quadratisch, die Decke um die vier Meter hoch. Rundherum lehnen Bilder von der Skulptur, die am Friedberger Marienplatz steht, und von Pinguinen. Nebeneinander aufgereiht und an die Wand gelehnt, säumen sie den gesamten Raum.

    Die gebürtige Schwäbin will die Kunst an die Menschen bringen, sie damit berühren und dafür sorgen, dass Menschen Kunst gemeinsam produzieren.
    Die gebürtige Schwäbin will die Kunst an die Menschen bringen, sie damit berühren und dafür sorgen, dass Menschen Kunst gemeinsam produzieren. Foto: Michael Postl

    Schön seien sie alle, findet Maier Haid. Perfekt sei es aber, wenn Bilder noch einen weiteren Gedanken hätten, etwas Neues, das noch nicht da gewesen sei. "Kunst ist immer schön". sagt sie, aber eine subtile Kritik an Politik oder Gesellschaft mache erst eine schöne Schleife darum. "Das Vorbild ist das Bild, das an der Wand hängt und interessanter ist als der darunter stehende Fernseher."

    Friedberger Künstlerin Rose Maier Haid will Kunst an die Menschen bringen

    Die gebürtige Schwäbin will die Kunst an die Menschen bringen, sie damit berühren und dafür sorgen, dass Menschen Kunst gemeinsam produzieren. "Es müsste in jedem Dorf eine Kunstschule geben", sagt sie, dann könne genug für die Kunst gemacht werden. Ein Limit gebe es dabei jedoch nicht, "man kann nicht zu viel für die Kunst machen. Mein Anliegen war es schon immer, mit Kunst zu berühren."

    Die Friedberger Künstlerin Rose Maier Haid hat ein neues Projekt

    Dafür plant sie schon ihr nächstes Projekt. Wie der Kartoffelverkäufer, der seine Ware anpreist, möchte Rose Maier Haid durch Friedbergs Straßen fahren und Gedichte verteilen. "Dann rufe ich eben nicht, Kartoffel!, Kartoffel!, sondern Gedichte! Gedichte!" Denn Kunst sei auch Nahrung, nur müsse neben einem vollen Magen auch der Kopf angestrengt werden.

    Rose Maier Haid zieht weiterhin, wie schon bei der Anfertigung der Menschenskulpturen in der Friedberger Innenstadt, ihre Sache durch.
    Rose Maier Haid zieht weiterhin, wie schon bei der Anfertigung der Menschenskulpturen in der Friedberger Innenstadt, ihre Sache durch. Foto: Michael Postl

    Manche, sagt Rose Maier Haid - und da klingt ihre schwäbische Herkunft durch - manche würden denken, sie habe ein kleines "Schebberle", einen kleinen Hau. Wegen ihrer Exzentrik, ihrer Phantasie und anfangs auch wegen ihres Geschlechts. Denn eine geschiedene Frau, die mit ihren ungetauften Kindern im Gepäck kommt und dann auch noch ihre Meinung kundtut, sei ja äußerst ungewöhnlich. Das war in den Achtzigern.

    Rose Maier Haid stören diese Stimmen nicht sonderlich. "Bei den Kindern kann ich das Schebberle super ausleben", sagt die Künstlerin. Sie zieht weiterhin, wie schon bei der Anfertigung der Menschenskulpturen in der Friedberger Innenstadt, ihre Sache durch. "Und das konsequent und mit Fleiß", sagt sie. Mit dem Alter trete eine natürliche Bremse in ihr Leben, "aber die akzeptiere ich noch lange nicht. Ich bin quicklebendig." Auch mit 800 Jahren.

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