In der Stadt Friedberg passierten im letzten Jahr 47 Fahrradunfälle. Dabei wurden 45 Personen verletzt, zwei von ihnen mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Friedberg sei eben nicht besonders fahrradfreundlich, sagt Martha Reißner, ehemals Dritte Bürgermeisterin von Friedberg. Sie radelt selber viel und bemühe sich seit Jahren um Verbesserungen. Dabei hat sie beobachtet: „Es werden immer weniger Radler, weil die Menschen Angst haben.“
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) führt alle zwei Jahre eine Umfrage durch. Der aktuelle Fahrradklima-Test führt zwar keine Zahlen für Friedberg auf, doch kennt der ADFC Augsburg die Lage. Es liege einiges im Argen, sagt Vorstandsmitglied Arne Schäffler.
Die Alltagsradler kennen die Probleme in Friedberg
Er und Peter Kratzmair, der ADFC-Vertreter des Regionalverbandes für Friedberg, berichten, was aus ihrer Sicht verändert werden müsste. Als Alltagsradler wissen sie, wo es Probleme gibt. Dabei handle es sich zum Beispiel um zu enge Radwege an Hauptverkehrsstraßen, Zweirichtungsradwege, unzureichend markierte Rad- und Fußwege sowie fehlende Abstellplätze in der Innenstadt.
Die Ludwigstraße hat zwar ein offenes Verkehrskonzept, aber die Fahrradfahrer haben dort sehr wenig Platz. Wildparker seien ein großes Problem, denn wenn ein Fahrzeug am Straßenrand anhalte, blockiere das gleich die ganze Straße. Auch Busse und Rettungsfahrzeuge blieben stecken, berichtet Kratzmair.
Kreuzung in Friedberf wurde beim Umbau für Radfahrer "verschlimmbessert"
Die Kreuzung, an der sich Ludwigstraße, Münchner Straße, Aichacher Straße und Herrgottsruhstraße treffen, wurde erst 2017 behindertengerecht umgebaut. „Aus Sicht der Radler wurde sie aber eher verschlimmbessert“, sagt Kratzmair. Die Kreuzung sei zu beengt und unübersichtlich. Die Beschilderung hier bedeutet: Ein Fahrradfahrer, der aus der Ludwigstraße nach rechts abbiegen will, muss hier von der Straße auf den Radweg wechseln. An sich klinge das einfach – doch zwei Ampelpfosten, ein Baum und ein erhöhter Randstein machen es dem Fahrradfahrer schwer.
Außerdem handelt es sich um einen kombinierten Fuß- und Radweg, es befinden sich also Fußgänger auf der „Spur“ des Radfahrers. Und auch hier kommen Radler und Fußgänger aus beiden Richtungen. Die Absicht sei nicht schlecht gewesen, meinen Kratzmair und Schäffler. Aber die Umsetzung sei „nicht ganz optimal“.
Werbeschilder auf dem Fußweg der Münchner Straße
Die Münchner Straße ist aus Sicht des ADFC ebenfalls problematisch. Hier gebe es zwar eine Trennlinie für Fuß- und Radweg, die als weiße Steine in den Boden eingelassen ist. Doch wenn die Fußgänger den Werbeschildern der Firmen ausweichen wollen, landen sie schnell auf der Fahrradspur. Die blauen Piktogramme, die im Zug des barrierefreien Kreuzungsumbaus angebracht werden sollten, gibt es noch nicht. Außerdem handelt es sich hier um einen Zweirichtungsradweg. Fahrradfahrer (und Fußgänger) sind in beide Richtungen unterwegs. Das erschwert die Situation.
Auch in Rederzhausen in der Paartalstraße Richtung Ottmaring gibt es das Problem des kombinierten Fuß- und Radwegs, der für beide Richtungen geöffnet ist. Kratzmair erzählt, dass der Landkreis für so einen Weg eine Breite von 3,10 Metern empfiehlt. In der Paartalstraße seien es vielleicht 1,80 Meter. Zweirichtungsradwege seien keine gute Lösung, meinen Kratzmair und Schäffler, es werde zu eng. „Wenn man Fahrradfahrern adäquaten Platz gibt, dann passieren auch weniger Unfälle“, meint Schäffler.
Friedberger Schlosspark ist für Radler geöffnet
Aber nicht alles sei schlecht. Die Öffnung des Schlossparks für Fahrradfahrer sei sehr erfreulich. Der ADFC bewertet auch die Zone 20 in der Ludwigstraße als sehr positiv. So können die Radler mit den Autofahrern mithalten.
Die frühere Dritte Bürgermeisterin Martha Reißner kritisiert den Zustand der Äußeren Ludwigstraße. Teilweise seien die Fugen im Pflaster bis zu 20 Zentimeter tief. Auch der Marienplatz sei nicht ideal. Gerade am Freitag, wenn der Wochenmarkt stattfindet, fehle Platz, um Fahrräder abzustellen. Ihr Vorschlag, hinter dem Rathaus mehr Fahrradständer aufzustellen, scheiterte am Denkmalschutz. Ebenfalls zu wenige Stellplätze gebe es an der Kirche und am Bahnhof.
Stadt Friedberg will die Bürger befragen
Michaela Fendt von der Stadtverwaltung berichtet, dass die Stadt sich des Themas annehmen wolle. Deshalb habe die Stadt entschieden, Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern“ (AGFK) zu werden. Im Mai 2019 habe die Vorbereisung stattgefunden – eine Art Inspektion durch die AGFK. Danach habe die Stadt vier Jahre Zeit, die Vorschläge der AGFK umzusetzen. Ein Grundsatzbeschluss der Stadt solle im Herbst 2020 vorgelegt werden, so Fendt. Nächstes Jahr werde es außerdem eine Bürgerumfrage geben, um herauszufinden, welche Verkehrsmittel für welche Wege genutzt werden.
Im September 2019 wurden bereits Radstreifen in der Bahnhofstraße angebracht. Auch habe die Stadtverwaltung nun Dienstfahrräder als Alternative zum Dienstauto. In Planung seien außerdem Stellplätze für den Bahnhof. Zwischen Spätsommer und Herbst sollen 60 neue Einzelplätze und eine kleine Reparaturstation installiert werden. Eine weitere Idee der Stadt ist ein Fahrradleihsystem. Wegen Corona musste die Stadt die Ausschreibung zurückziehen. Das Angebot sei jedoch noch in Planung, berichtet Fendt.
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