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Friedberg: Krankenschwester erzählt: So hart ist der Corona-Alltag auf der Intensivstation

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Krankenschwester erzählt: So hart ist der Corona-Alltag auf der Intensivstation

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    Walburga Richter aus Mering arbeitet als Krankenschwester auf der Intensivstation des Friedberger Krankenhauses.
    Walburga Richter aus Mering arbeitet als Krankenschwester auf der Intensivstation des Friedberger Krankenhauses. Foto: Sebastian Richly

    Unzählige Überstunden, enormer psychischer Druck und die Sorge um schwerst kranke Patienten, die keiner besuchen darf. Das ist in Corona-Zeiten Alltag in vielen Krankenhäusern - auch für Krankenschwester Walburga Richter. Die Meringerin berichtet vom harten Alltag auf der Intensivstation im Friedberger Krankenhaus und wie sich die Situation seit Bekanntwerden des Corona-Ausbruchs verändert hat. Als Heldin fühlt sich die 61-jährige aber nicht. Warum? Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist erstmals im Frühjahr 2021 erschienen und betrachtet die damalige Situation.

    20 bis 30 Minuten vor Schichtbeginn hat Walburga Richter an diesem Morgen das Friedberger Krankenhaus betreten. FFP2-Schutzmaske, Visier und Schutzkleidung waren schnell angelegt, doch der Antigen-Schnelltest kostete viel Zeit. Bis das Ergebnis feststand, dauerte es 15 Minuten. Erst dann konnte sich die 61-Jährige auf den Weg zu ihrem Arbeitsplatz machen. "Bezahlt bekommen wir diese Zeit nicht. Ganz zu schweigen davon, dass so ein Test sehr unangenehm ist."

    Krankenhaus Friedberg: Was den Mitarbeitern zu schaffen macht

    So unangenehm, dass Richter schon mehrmals Nasenbluten davon bekommen hat: "Eine Kollegin hat so stark geblutet, dass wir sie nach Hause geschickt haben. Andere haben regelrecht Angst vor dem Test, das ist auch eine psychische Belastung", so die Meringerin, die seit rund 40 Jahren als Krankenschwester arbeitet. Seit Mittwoch sind die täglichen Tests aufgehoben - das Gesundheitsamt erklärte den Corona-Ausbruch für beendet. Dennoch müssen Richter und ihre Kolleginnen nach wie vor zweimal pro Woche einen Schnelltest machen, hinzu kommt ein Reihentest. "Das ist eine Erleichterung, aber wir haben auch so genügend zu tun."

    Jeder Getestete bekommt im Friedberger Krankenhaus ein Armbändchen.
    Jeder Getestete bekommt im Friedberger Krankenhaus ein Armbändchen. Foto: Eva Eger

    Damit meint Richter, dass sie seit Beginn der Corona-Pandemie um die 150 Überstunden geleistet hat. Insgesamt seien es allein auf ihrer Station bei rund 30 Mitarbeitern ca. 3500 Überstunden. "Das geht an die Substanz. Aktuell müssen wir oft einspringen, wenn jemand ausfällt. Es ist immerhin ein kostenloses Darlehen, das könnte man durchaus mit einem Bonus honorieren." Mitarbeiterinnen fallen teilweise auch wegen eines falschen Testergebnisses aus. Richter ärgert sich: "Es ist öfter vorgekommen, dass der Schnelltest positiv war, der PCR-Test dann negativ. Bis dahin war aber die Kollegin schon wieder zu Hause."

    Auch das permanente Tragen der FFP2-Masken sei eine Belastung. Richter: "Normalerweise sollten wir nach zweieinhalb Stunden die Maske abnehmen und eine Pause machen, aber das ist bei uns nicht möglich." Die Krankenschwester hat bereits erste Nebenwirkungen festgestellt: "Ich muss nach jeder Schicht erst einmal 30 Minuten gähnen. Mehrere Kolleginnen klagen über Gedächtnisstörungen."

    Krankenschwester an Friedberger Klinik: "Manchmal ist Corona zweitrangig"

    Der Eingang zur Notaufnahme am Friedberger Krankenhaus. Der Corona-Ausbruch wurde mittlerweile für beendet erklärt.
    Der Eingang zur Notaufnahme am Friedberger Krankenhaus. Der Corona-Ausbruch wurde mittlerweile für beendet erklärt. Foto: Sebastian Richly

    Auswirkungen hat die Pandemie auch auf die Patienten und deren Angehörige. In Kliniken gilt ein Besuchsverbot. Richter kann sich gut in die Situation der Betroffenen hineinversetzen. "Uns geht das nahe, wenn jemand auf der Intensivstation liegt und keinen Besuch bekommen kann. Es ist sehr traurig, denn gerade in solchen Situationen brauchen die Patienten ihre Angehörigen. Das ist dann sehr schwer zu erklären. Gerade ältere Patienten wissen oft gar nicht, was los ist."

    Für die Mitarbeiter habe sich durch Corona die Arbeit nicht groß verändert: "Infektionen und Isolation gab es auch schon vorher. Auf der Intensivstation geht es immer um Menschenleben", so Walburga Richter, die aber mahnt: "Man müsste prinzipiell personell aufstocken - unabhängig von Corona."

    Und trotz aller Schutzmaßnahmen sei eine Infektion nicht auszuschließen: "Bei einem Notfall geht es zunächst darum, ein Leben zu retten. Da kann man keinen Corona-Test durchführen und auf das Ergebnis warten", so Richter. Ohne engen körperlichen Kontakt geht es in diesen Momenten meist nicht. "Da ist Corona erst einmal zweitrangig."

    Krankenschwester fühlt sich nicht als "Heldin"

    Angst vor einer Infektion hat die 61-Jährige trotzdem nicht: "Ich habe mich nicht impfen lassen. Ich habe viel Respekt vor dem Virus, aber das ist eine persönliche Entscheidung. Wir gehen hier alle sehr verantwortungsbewusst mit der Situation um." Wie eine "Heldin" fühlt sie sich übrigens nicht: "Ich mache meinen Beruf aus Überzeugung. Klatschen auf dem Balkon hilft uns da auch nicht weiter, es muss sich grundsätzlich etwas ändern."

    In diesem Bereich im Friedberger Krankenhaus werden die Corona-Schnelltests durchgeführt.
    In diesem Bereich im Friedberger Krankenhaus werden die Corona-Schnelltests durchgeführt. Foto: Sebastian Richly

    Besonders ärgert sich die gebürtige Allgäuerin darüber, wie ein Teil der Bevölkerung die Mitarbeiter sieht und behandelt. "Ich wurde mehrfach gefragt, ob es mir gut geht - so als ob alle im Krankenhaus Corona hätten. Das tut einem weh." Von Panikmache hält sie nichts. "In Friedberg ist die Situation auch nicht schlimmer als in anderen Krankenhäusern. Ich habe schon in vielen Kliniken gearbeitet. Ich weiß, dass hier in Friedberg alle ihr Bestes für die Patienten geben. Oft kommt es mir so vor, als ob alle denken, dass wir schlampig arbeiten", so Richter, die seit sechs Jahren auf der Intensivstation des Krankenhauses arbeitet.

    Gegen das Friedberger Krankenhaus wurde Anzeige erstattet

    Gegen die Friedberger Klinik wurde Anzeige erstattet. Eine Frau erhebt schwere Vorwürfe gegen die Klinikleitung. Ihr 89-jähriger Vater war nach einem Aufenthalt in dem Krankenhaus an Corona erkrankt und wenig später gestorben. Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, bestätigte auf Nachfrage die Anzeige. Walburga Richter kann dieses Vorgehen nachvollziehen, sie sagt aber auch: "Das ist ein Schicksalsschlag, und wir fühlen mit den Patienten und Angehörigen mit. Natürlich kann es vorkommen, dass sich ein Patient in einem Krankenhaus mit Corona infiziert, aber solche Schuldzuweisungen sind nicht gerechtfertigt."

    Verhindern könne man eine Infektion ohnehin nie ganz. Richter: "Wir können die Patienten auch nicht einsperren. Viele sind verwirrt und laufen dann einfach aus dem Zimmer. Ich habe das Gefühl, dass durch die Berichterstattung viele das Vertrauen verlieren. Ich wünsche mir mehr Anerkennung für unsere Arbeit."

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Hut ab vor dem Einsatz des Personals am Krankenhaus Friedberg

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