Es gibt nur noch wenige Überlebende des Holocaust. Eine von ihnen, Edith Erbrich, ist nun zu Gast im Friedberger Schloss. Die musikalische Lesung „Ich wandre durch Theresienstadt“, gestaltet vom Bläserquintett Opus 45 und dem TV-Schauspieler Roman Knižka, vermittelt einen Eindruck von Leben und Musik des Ghettos und Konzentrationslagers. Im Anschluss daran erzählt die Zeitzeugin über ihre Gefangenschaft und beantwortet Fragen aus dem Publikum.
Am Valentinstag des Jahres 1945 wurde Edith Erbrich, 1937 als Tochter eines jüdischen Vaters und einer katholischen Mutter in Frankfurt geboren, mit ihrem Vater und ihrer Schwester nach Theresienstadt deportiert. Dieses Lager war zu Zeiten des Dritten Reichs für sein kulturelles Leben bekannt. Trotz katastrophaler Lebensumstände wurden Theater- und Opernstücke aufgeführt. Mehrere namhafte Komponisten, darunter Pavel Haas und Viktor Ullmann, waren nach Theresienstadt verschleppt worden. Ihre Werke wurden im Lager aufgeführt.
KZ Theresienstadt: Fast 15.000 Kinder starben
Die Nazis instrumentalisierten das kulturelle Leben, um einen Propagandafilm zu produzieren. Dieser verharmloste die schrecklichen Lebensbedingungen des Ghettos, in dem etwa ein Viertel der Häftlinge umkam. Von den 15.000 Kindern überlebten nur 132 - eines davon war Edith Erbrich. Das kulturelle Leben und die Musik halfen den Deportierten, die Realität des Lagers zumindest für einige Augenblicke zu vergessen. 1944 wurden Pavel Haas, Viktor Ullmann und weitere Komponisten ins Konzentrationslager Auschwitz transportiert und dort ermordet.
Die musikalische Lesung „Ich wand‘re durch Theresienstadt“ wurde von der „Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ ausgezeichnet. Das Bläserquintett Opus 45 spielt darin Stücke von Pavel Haas, Victor Ullmann und weiteren Komponisten, die in Theresienstadt interniert waren. Auch Musik von Giuseppe Verdi und Bedřich Smetana, die das kulturelle Leben des Lagers prägte, sind zu hören. Den literarischen Teil übernimmt Roman Knižka. Er rezitiert Texte und Gedichte von Kindern und Jugendlichen aus Theresienstadt.
In der Musikgruppe Opus 45 ist auch das Wittelsbacher Land vertreten. Benjamin Comparot und sein Bruder Florian Liebhäuser sind in Wulfertshausen aufgewachsen. Die Gruppe fand sich zusammen, um das von Johannes Brahms komponierte Opus 45 auf die Bühne zu bringen. Dieses wurde für sie namensgebend.
Und so beschreibt Comparot die Entstehungsgeschichte von „Ich wand‘re durch Theresienstadt“: Opus 45 hatte zusammen mit Knižka an einer Inszenierung eines Bläserstück von Pavel Haas gearbeitet. Um sich auf eine Ausschreibung der „Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ zu bewerben, beschäftigten sie sich tiefergehend mit dem Ghetto. So gelangten weitere Komponisten und Autoren in das Programm.
Theresienstadt ist am 24. Novmber 2024 Thema im Friedberger Schloss
In Kontakt mit Edith Erbrich kam Benjamin Comparot am Holocaust-Gedenktag, dem 27. Januar dieses Jahres, bei einem Konzert in Frankfurt. Als er mitbekam, dass die Frau, die Theresienstadt selbst erlebt hatte, im Publikum war, sei er nervös gewesen. Er war gespannt, wie Erbrich das Konzert beurteilen würde. Erbrich war dankbar für die Aufführung und erklärte sich bereit, das Programm als Zeitzeugin zu begleiten.
Das Matinee-Konzert findet am Sonntag, 24. November, um 11 Uhr im Wittelsbacher Schloss statt. Karten ab 10 Euro über stadt-friedberg.reservix.de/events.
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