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Friedberg: Erst Queen Mum, jetzt die Queen: Wulfertshauser fliegt zur Beerdigung

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Erst Queen Mum, jetzt die Queen: Wulfertshauser fliegt zur Beerdigung

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    Der Wulfertshauser Toni Holzmüller fliegt zur Beerdigung der Queen nach London.
    Der Wulfertshauser Toni Holzmüller fliegt zur Beerdigung der Queen nach London. Foto: Anna Katharina Schmid

    Vor 20 Jahren stand Toni Holzmüller schon einmal für eine königliche Beerdigung in der Menschenmasse in London. Er hatte einen Platz vorne an der Absperrung und war der Trauerfeier so nah, dass er die Rosen hätte zählen können, die auf dem Sarg von Elizabeth Bowes-Lyon lagen, besser bekannt als Queen Mum. Im Nachhinein entdeckte sich der Wulfertshauser im Hintergrund von offiziellen Fotos, im Fernsehen. Zwei Jahrzehnte später folgt ihre Tochter, Queen Elizabeth II. Und wieder hat Holzmüller einen Flug in die Hauptstadt des Vereinigten Königreichs gebucht. Der 59-Jährige ist für die Reise gewappnet, mit seinen Erfahrungen aus über 200 Promi-

    Der Wulfertshauser ist Mesner in Augsburg

    Zielstrebig geht Toni Holzmüller durch die Kirche, öffnet eine Tür, winkt in den Nebenraum. Seit 40 Jahren ist er Mesner in der Basilika St. Ulrich und Afra. Er bereitet die Gottesdienste vor, hält die Räume sauber, begleitet Taufen und Hochzeiten – und Beerdigungen. Wie vielen er in seinem Leben schon beigewohnt hat? Holzmüller lächelt verlegen. "Sehr vielen. Ich bin schon ein Vogel." Der Nebenraum ist mit dunklen Schränken ausgekleidet, in der Mitte prangt ein wuchtiger Holztisch. Darauf hat Holzmüller seine Schätze ausgebreitet. Über 30 Alben in allen Farben, mit Fotos, Sterbebildern, Zeitungsartikeln. Sobald er das erste aufschlägt, leuchten seine Augen auf, er versinkt in den Erinnerungen.

    Toni Holzmüller ist Mesner in der Basilika in Augsburg.
    Toni Holzmüller ist Mesner in der Basilika in Augsburg. Foto: Anna Katharina Schmid

    Zu jeder Beerdigung fallen ihm Details ein. Schauspielerinnen, politische Größen, Künstler. Leni Riefenstahl, die umstrittene Regisseurin, im Jahr 2003. "Ganze Lastwagen voll Blumenschmuck. So viel habe ich noch nie gesehen." Erich Paulmichl, ein Augsburger Karikaturist. Alle Gäste der Trauerfeier bekamen Radieschen überreicht: "Als Witz, weil er als Toter die Radieschen von unten sieht." Holzmüller hat seins gegessen. Atemlos blättert er durch die Seiten. Hält inne bei Fotos des aufgebahrten Leichnams von Papst Paul Johannes II., leicht verschwommen, aufgenommen von Holzmüller. "Das hat mich persönlich getroffen. Er war schon bei mir in der Basilika."

    200 Beerdigungen von Prominenten hat der Wulfertshauser besucht

    Fliederfarbene Kutschen auf der Beerdigung von Königin Juliana der Niederlande. Die Urne von Udo Jürgens in einem Klavier, eine "bombastische" Zeremonie bei Erzherzogin Regina von Österreich. Holzmüller kann kaum Luft holen. Es sind aber nicht nur die Events, die ihn anziehen. Es geht ihm um das Leben der Verstorbenen, wer sie waren, was sie erreicht haben – und wie sie erinnert werden. Er bewahrt die Sterbebilder auf, tauscht sie sogar mit zwei Sammlern aus Regensburg und Nürnberg. Wie die Persönlichkeiten auf den kleinen Fotos präsentiert werden, bringt ihn zum Grübeln, das von Joopie Heesters ärgert ihn sogar. Es wurde kurz vor dem Tod des Schauspielers aufgenommen, tiefe Falten, Altersflecken, dünnes, weißes Haar. "Das ist doch gegen die Würde des Menschen."

    Der Friedberger hat 10.000 Sterbebilder in seinem Besitz.
    Der Friedberger hat 10.000 Sterbebilder in seinem Besitz. Foto: Anna Katharina Schmid

    In den Alben taucht zwischen den Prominenten auch Holzmüller selbst auf, oft in einem Meer aus anderen Trauergästen. Er trägt Schwarz, hat eine Rose in der Hand, sieht würdevoll aus. Noch nie sei er weggeschickt worden, er habe höchstens einmal keinen Platz beim Gottesdienst bekommen. Vor Ort lauscht er den Reden und Predigten, beobachtet den Ablauf. 200 Beerdigungen von Prominenten hat er besucht. Der Gedanke liegt nahe, dass er manche Gäste, ihm Gleichgesinnte, dabei immer wieder trifft, aber: "Noch nie. Solche Verrückte gibt's eigentlich nicht."

    Für die Beerdigung in London hat er schon einen Plan

    Auf seinen Pilgerreisen zu den Beerdigungen ist er allein unterwegs, verheiratet ist er nicht. Er schmunzelt. "Sonst täte das nicht gehen." Seine Familie hält sein Hobby für makaber, bei Fremden stößt es oft auf Verwunderung. "'Du spinnsch ja' heißt es dann", sagt der Mesner. Das stört ihn nicht. Beerdigungen bewegen ihn, im Großen wie im Kleinen. Neben den Alben besitzt er über 10.000 Sterbebilder, aus der Zeitung ausgeschnitten, von Standesämtern, von Bekannten überreicht, vor dem Müll gerettet. "Der Tod ist für alle da."

    Als er über die anstehende Beerdigung in London spricht, ist ihm die Aufregung anzusehen. Sein Flug startet am Sonntagmorgen, ein Taxi bringt ihn in die Innenstadt in Richtung der Westminster Hall. "Dann geht es immer den Leuten nach." Seine Packliste ist übersichtlich: ein kleiner Rucksack, Regenumhang, Geldbeutel, Fotoapparat. Er hat sich extra ein T-Shirt drucken lassen – die Queen in grünem Kostüm, mit einem großen "Danke". Darüber kommt das vielleicht wichtigste Mitbringsel: eine Jacke. Denn im April 2002 war er ohne zur Beerdigung der Queen Mum aufgebrochen. Anstatt in einem gemütlichen Hotel wird Holzmüller auch diesmal in der Nacht vor der

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