Die Geschichte Friedbergs ist auch eine Geschichte mutiger Frauen. Sie arbeiteten selbstbewusst in Handwerksbetrieben mit, nahmen großen Einfluss auf die Geschichte des Schlosses und sorgten dafür, dass dort zeitweise kunstvolle Keramik hergestellt wurde. Die Stadtführerin Margit Möding nahm unter dem Motto „Selbstbewusst. Bemerkenswerte Frauen aus Friedberg“ einige Besucherinnen und Besucher auf eine Zeitreise mit.
Therese Kunigunde lebte nur fünf Monate im Wittelsbacher Schloss
Los ging es im Schlosshof mit einem Einblick in die turbulente Geschichte des heutigen Renaissancebaus. „Bereits im Jahr 1257 wurde hier eine Burg errichtet, die ist aber abgebrannt. Danach hat man im 16. Jahrhundert ein Jagd- und Lustschloss erbaut. Allerdings wurde noch zweimal durch Brände alles zerstört“, so Möding. Als älteste heute noch erhaltene Bausubstanz gilt der Turm von 1559, die restliche, heute zu sehende Anlage wurde erst nach dem Dreißigjährigen Krieg errichtet.
Danach nahm vor allem eine adlige Dame größeren Einfluss. Die Stadtführerin zeigte der Gruppe ein Bild von Therese Kunigunde, welche Ende des 17. Jahrhunderts nach Friedberg kam. Die vielsprachige Tochter des polnischen Königs war nach dem ersten Treffen mit ihrem künftigen Gemahl zunächst alles andere als begeistert. So beschrieb sie den Kurfürsten Max Emanuel von Wittelsbach als „äußerst enttäuschend, er war sehr klein“. Die Abwehr wandelte sich bald in Begeisterung, das Paar bekam zehn Kinder. An ihrem neuen Wohnort wirkte Therese Kunigunde prägend. Obwohl sie selbst 1720 nur fünf Monate im Schloss lebte, ließ sie es renovieren. Als anspruchsvolle Herrscherin mussten vor ihrem Einzug unter anderem „27 Feuerstätten mit Ofen und Holz ausgestattet werden“. Der hohe Aufwand lohnte sich nicht dauerhaft, denn nach dem Auszug der polnischen Regentin war das Schloss nie mehr ein Residenzort.
Frauen sind für den Erfolg ihrer Männer verantwortlich
Dafür erstarkte nach und nach das Bürgertum. Wie Möding im ersten Stock des Museums erklärte, war dies in Friedberg auch dem tatkräftigen Einsatz der Frauen zu verdanken. „Während des 17. und 18. Jahrhunderts bildete die Stadt ein Zentrum des Uhrmacherhandwerks“, erfahren die Teilnehmenden. Philipp Happacher lieferte damals seine tickenden Erzeugnisse nach ganz Europa, unterstützt von seiner Frau. Wie selbstbewusst die Handwerker in Friedberg waren, zeigt sich daran, dass sich ungewöhnlich viele malen ließen. Erst recht besonders ist es laut Möding, dass von den Frauen mancher Uhrmacher ebenfalls Porträts erhalten sind. Der Standort brachte für die Branche einige Vorteile mit sich. So war man in der Wittelsbacherstadt liberaler in Bezug auf das Zunftgesetz als im nahen Augsburg. „Hier konnten sich beispielsweise auch Schlesier in diesem Beruf niederlassen, was in Augsburg nicht möglich war.“ Gewöhnlich half die ganze Familie bei der Produktion mit.
Frauen schmuggelten Waren nach Friedberg
Starken Einfluss auf Friedberg hatte die Kurfürstin Maria Anna Sophie. Vermutlich ist es ihr zu verdanken, dass im heutigen Renaissancegebäude die „kurfürstlich privilegierte Porzellanmanufaktur“ untergebracht war. Von 1754 bis 1768 stellte diese feinste, teils reich verzierte Fayoncen her. Gerade zu der Zeit waren diese äußerst beliebt. Später zog eine Papiermanufaktur ein, schließlich verschiedene Behörden wie das Schul- oder Vermessungsamt. Im Lauf der Geschichte änderte sich natürlich auch das Leben der Friedbergerinnen. Deren Alltag verlief im 19. und 20. Jahrhundert häufig bescheiden, „es gab das schöne, das zweitschöne und drittschöne Gewand“. Diese kamen alle zu bestimmten Gelegenheiten zum Einsatz, etwa beim sonntäglichen Kirchgang. In der Schule hatten auch die Mädchen Schläge zu befürchten. Margit Möding erzählt zwischendurch von ihrer Großmutter, die „Tatzen“ erhielt, weil der Lehrer glaubte, sie hätte beim Vorlesen Fehler gemacht. Hinterher stellte sich allerdings heraus, dass die zu Unrecht gezüchtigte Schülerin nur aus einer anderen Buchausgabe vorgetragen hatte.
Die einschüchternde Behandlung in jungen Jahren hielt viele Anwohnerinnen nicht von mutigem Handeln ab. So schmuggelten einige Damen in ihren Rock eingenähte Güter über den Lech nach Augsburg – der Fluss bildete bis 1806 die Landesgrenze. Und am Ende des Zweiten Weltkriegs verhinderte eine Friedbergerin durch ihr Eingreifen, dass die Bahnbrücke Münchner Straße von den Amerikanern gesprengt wurde. Wer dazu Näheres erfahren will, nimmt am besten an einer Führung zum Thema im Wittelsbacher Schloss teil. Denn, wie die Stadtführerin betont: „Die Geschichte der hiesigen Frauen ist es wert, gehört und weitererzählt zu werden.“