Was tut die Zeitung, um AfD-Wählerinnen und -Wähler wieder zurückzugewinnen? Warum werden Vereinsausflüge nicht mehr gedruckt? Und wie kann es sein, dass der frühere Redaktionsstandort in Friedberg aufgegeben wurde? Diesen und noch vielen weiteren Fragen der FA-Leserinnen und Leser hat sich die Chefredaktion der Augsburger Allgemeinen, Andrea Kümpfbeck und Peter Müller, gemeinsam mit Redaktionsleiterin Ute Krogull gestellt. Neben Kritik gab es bei dem Austausch in den neuen Redaktionsräumen der Friedberger Allgemeinen aber auch flammende Plädoyers für einen starken Lokaljournalismus.
Allen voran der Friedberger Stadtpfarrer Pater Steffen Brühl nutzte die Gelegenheit, um über dessen Bedeutung zu sprechen: „Nicht nur für die Berichterstattung über Ereignisse, sondern besonders und vor allem für Reflexion und Analyse ist Lokalpresse wichtig.“ Deshalb könne er nicht verstehen, warum der ehemalige Redaktionsstandort aufgegeben wurde. „Mein Eindruck ist: Der Politikteil wird sehr forciert und gleichzeitig erleben wir, dass unsere Lokalredaktion weitergereicht wurde. Kann man nicht beides gleichermaßen fördern?“
Hat die Zeitung noch Zukunft? Diese Frage stellt ein Leser
Für dieses Plädoyer erntete er Applaus - und auch die Zustimmung von Chefredakteurin Andrea Kümpfbeck: „Ich sehe das ganz genauso wie Sie. Die Kolleginnen müssen vor Ort sein, nur so bekommt man mit, was passiert.“ Daher habe man das Redaktionsbüro in der Schmiedgasse 20 eröffnet. Hier sind die Redakteurinnen und Redakteure weiterhin regelmäßig vor Ort, um in Friedberg präsent zu sein und Kontakte zu pflegen. Und hier fand auch der Diskussionsabend statt.
Insgesamt zeigten viele Fragen, wie sehr die Leserinnen und Leser um die Demokratie besorgt sind. Paul Trinkl aus Ottmaring wollte etwa wissen, ob die Zeitung als solche noch Zukunft habe. „Das ist ja eine gesamtgesellschaftliche Frage“, sagte der CSU-Stadtrat und Unternehmer. „Diese Frage treibt uns auch um“, gab Chefredakteur Peter Müller zu. Ein Problem sei, dass Jugendliche kaum noch Nachrichten konsumieren, geschweige denn dafür bezahlen. Auch die Zustellung der gedruckten Zeitung sei in manchen Regionen inzwischen ein Draufzahlgeschäft. „Ein Lichtblick ist aber das E-Paper“, so Müller. „Wir haben inzwischen zweistellige Wachstumsraten.“ Das Fazit also lautete: Ja, eine gedruckte Zeitung werde es immer geben, aber sie wird sich verändern.
Wobei genau dieses E-Paper in Friedberg auch Anlass zur Kritik gab. Gerhard Zeitler gab offen zu, ein ehemaliger Leser zu sein: „Die Zeitung ist für mich immer mehr zu einem Werbeblatt verkommen.“ Das E-Paper sei eine „abfotografiertes Zeitungsblatt“ und nicht auf dem Stand der Technik. Pater Steffen Brühl fügte einen weiteren Kritikpunkt hinzu: „Die Vorlesefunktion ist ein bisschen schwierig.“ Die Kritikpunkte nahm die Chefredaktion auf, versprach aber gleichzeitig, dass die technische Entwicklung des E-Papers stetig fortgeführt werde.
Auch über die Inhalte der Berichterstattung wurde diskutiert. Regine Nägele, Vorsitzende des Heimatvereins, brachte positive Beispiele, aber auch einige Kritikpunkte zur Zusammenarbeit zwischen Redaktion und Vereinen mit. „Wenn wir einen Ausflug machen, dann haben wir dabei auch einen Bildungsauftrag“, kritisierte sie, dass keine Vereinsausflüge veröffentlicht werden. Dass es eine solche AZ-weite Redaktionsleitlinie gibt, bestätigt Kümpfbeck. Dennoch liegen die Vereine der Redaktion natürlich am Herzen, betonte Ute Krogull. Über das Upload-Portal gibt es auch technisch eine neue Möglichkeit, wie Vereinsnachrichten ins Blatt kommen können.
Berichterstattung über Dasing löst Demokratie-Demonstration aus
Konkret ging es auch um den redaktionellen Umgang mit der AfD. Nehmen die Berichte zu viel Platz ein? Müller erklärte dazu, dass man in der Redaktion dazu Leitlinien habe. Als Beispiel nannte er die Berichterstattung über die schwierige Unterbringung von Flüchtlingen. „Wir dürfen nicht so tun, als gebe es das Problem nicht, nur weil es viel von der AfD thematisiert wird.“ Auch über das Treffen von Rechtsextremen in Dasing habe man zwingend berichten müssen. Dem stimmt auch Brühl zu: „Die Berichterstattung war der Auslöser für eine der größten Demos in Friedberg.“ Letztlich ist daraus das Bündnis für Demokratie, ein Zusammenschluss von Friedberger Vereinen, Kirchengemeinden und Parteien gegen Extremismus, entstanden.
Die insgesamt knapp 20 Leserinnen und Leser, darunter viele Engagierte und Entscheider aus Stadt und Umland, waren sich mit der Chefredaktion bei dem konstruktiven Austausch vor allem bei einer Sache einig: Guter (Lokal-)Journalismus ist nötiger denn je. „Wir brauchen Medien, bei denen ich weiß, wer dahinter steht, den ich kontaktieren kann“, sagte Matthias Stegmeir, Ortssprecher von Rinnenthal. Für die Arbeit der Friedberger Allgemeinen gab es von vielen deshalb auch ein großes Dankeschön. Eine Anmerkung hatte Ulrike Sasse-Feile, SPD-Stadträtin und Coach, aber doch noch: „Ich hätte eine Idee, die vielleicht naiv ist: Wie wäre es täglich mit einer Rubrik ‚Die positive Nachricht des Tages‘?“
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