Dass die kleinen Säuger ihr schlechtes Image dem Menschen zu verdanken haben, ist wohl bekannt. Trotzdem ist die Gruselassoziation wahrscheinlich die häufigste, wenn es um die Fledermaus geht. So auch bei der Gruppe, die sich abends am Wittelsbacher Schloss in Friedberg versammelt hat. Einige der anwesenden Kinder fragen: "Sind Fledermäuse aggressiv und böse?" Diesen negativen Eindruck der Fledermäuse kann Julian Treffler vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in einem gut einstündigen Rundgang ausräumen – vielmehr wies er auf die Besonderheiten dieses Tiers hin und warum es schützenswert ist.
Zu Beginn berichtet Treffler einige Fakten. In Bayern seien 24 Fledermausarten beheimatet und im Kreis Aichach-Friedberg 16. Die Zwergfledermaus – wie der Name bereits vermuten lässt die kleinste unter den Flattertieren – ist dabei am häufigsten verbreitet, sowohl in Deutschland als auch in Friedberg. "Diese Art ist so klein, dass sie mit angelegten Flügeln hier reinpasst", erklärt Treffler und hebt dabei eine kleine Streichholzschachtel in die Luft. Somit finden die kleinsten Fledermäuse etwa unter Dachziegel oder auch in einen Rollladenkasten einen Unterschlupf.
Eine weitere am Friedberger Schloss beheimatete Art ist der Große Abendsegler. Wie auch dort der Name bereits vermuten lässt, kommt diese Fledermausart zum Sonnenuntergang heraus und geht auf Beutejagd. Die Spannweite von 30 bis 40 Zentimeter ist dabei aber noch nichts im Gegensatz zu dem indischen Riesenflughund. Mit bis zu 1,70 Meter Spannweite ist dieser ein wahrlicher Flugriese, wie den Kindern vom Kinderhort St. Georg anhand einer Fledermausschablone veranschaulicht wird.
Warum ist nun aber gerade das Friedberger Schloss eine so ideale Stelle für Fledermäuse? "Rund um das Schloss hat es einen sehr alten Baumbestand und damit Baumhöhlen, in der sich Fledermäuse gerne ihre Quartiere anlegen", führt der Landschaftsarchitekt Treffler aus. Zudem seien die Wiesen ein "All-you-can-eat- Büfett": "Allein die kleine Zwergfledermaus verspeist rund 1000 Mücken pro Nacht", so Treffler. Auch der Schlossweiher mit vielen Insekten trage dazu bei, dass die Büfettauswahl für die Fledermäuse hier nicht schlecht sei. Sogar kleine Fische an der Wasseroberfläche könnten von Fledermäusen gefangen werden.
Die Schlossrenovierung in Friedberg hatte die Fledermäuse verjagt
Die Sanierung des Schlosses im Jahre 2018 habe leider dazu beigetragen, dass die Fledermäuse ihre Quartiere im Dachstuhl des Gebäudes aufgegeben haben, erklärt Mariella Hosp vom Museum des Wittelsbacher Schlosses. Es wurde aber darauf geachtet, dass sich die Tiere durch kleine Schlitze wieder dort potenziell ansiedeln können. Auch Treffler geht von einer baldigen Rückkehr ins Schloss aus, welche man aber nicht erzwingen könne.
Allgemein ist der Natur- und insbesondere der Fledermausschutz ein hohes Anliegen des LBV. Die eigentlich dringend benötigte energetische Sanierung von Gebäuden führe dazu, dass Fledermäuse keine geeigneten Quartiere mehr finden, in denen sie Tag- oder Winterschlaf verbringen können. Deswegen können sich Gebäudeeigentümer an den LBV wenden, die bei Sanierungen beraten, um Quartiere für Fledermäuse und andere gebäudebewohnenden Arten zu erhalten, so Treffler. Auch Fledermauskästen bringe der LBV immer wieder an geeigneten Stellen an.
Rundgang in Friedberg: Fledermäuse sind auch für den Menschen nützlich
Dass Fledermäuse anscheinend aggressiv sind, sei ein Irrglaube, der unbedingt ausgeräumt werden muss, betont Treffler. Im Gegenteil sind sie sogar nützlich: "Wenn man ein paar in seinem Garten hat, können die im Sommer schnell lästig werdenden Stechmücken leicht dezimiert werden." Allgemein seien die Tiere sehr schützenswert, von den 25 verschiedenen Arten in Bayern stehen fast alle auf der Liste der bedrohten Tiere. Falls sich mal eine Fledermaus in einer Wohnung verirren sollte, hat Treffler auch einen Tipp: "Fenster offen halten, dann fliegen sie in der Regel wieder raus." Falls das nichts bringt, kann man sich auch an die Koordinationsstelle Fledermausschutz wenden, Freiwillige kommen zu jeder Zeit vorbei, um die Tiere notfalls auch mitzunehmen.
Beim Rundgang ums Schloss können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann tatsächlich nach Abenddämmerung ein paar Zwergfledermäuse erblicken – auch dank eines digitalen Ultraschalldetektors, der die Sozial- und Navigierungslaute der Fledermäuse für Menschen hörbar macht. Und was ist nun die Lieblingsfledermaus von Spezialist Treffler? "Die große Hufeisennase und die Mopsfledermaus", sagt er lachend. Auch eine Anekdote gibt es zum Schluss: "Die Tequila-Fledermaus ernährt sich aus dem Nektar der Agaven und trägt auch zur Bestäubung bei. Das sichert den Weiterbestand der Agavenpflanze sowie auch des Tequilas."
Das Projekt wurde ermöglicht durch eine Zusammenarbeit vom Familienstützpunkt Friedberg, Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) und dem Museum des Wittelsbacher Schlosses.