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Friedberg-Derching: Windhose: Obermoos ist immer noch vom verheerenden Sturm gezeichnet

Friedberg-Derching

Windhose: Obermoos ist immer noch vom verheerenden Sturm gezeichnet

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    Riesige Baumstämme liegen immer noch hinter der Siedlung Obermoos bei Derching.
    Riesige Baumstämme liegen immer noch hinter der Siedlung Obermoos bei Derching. Foto: Marlene Volkmann

    Noch immer laufen in Obermoos die Aufräumarbeiten, ein Grundstück ist mit rot-weißem Flatterband abgesperrt, Menschen räumen auf. Am 22. Juni zog ein Gewittersturm über die kleine Siedlung bei Derching und hinterließ eine Schneise der Verwüstung, riss Bäume um und brach Kronen ab als seien es Streichhölzer. Eine junge Frau war in ihrem Wohnwagen, als ein Baum darauf krachte. Durch ein Seitenfenster konnte sie gerade noch entkommen. Wie durch ein Wunder fast ohne Verletzungen - zumindest äußerlich. Denn immer noch kämpfen sie und die anderen Betroffenen mit den Folgen der verheerenden Windhose.

    Diese junge Frau ist Angela Wittmers Tochter. Die Tochter ist noch immer stark durch das Ereignis traumatisiert. Das Grundstück der Familie wurde besonders schwer getroffen. Damals bot sich dort ein Bild der Verwüstung. Zerstörte Wohnwagen der Schausteller-Familie standen herum, der ganze Garten war quasi umgekrempelt. Auch nach fast zwei Monaten schützt eine grüne Plane auf dem Dach des Haupthauses, ein kleineres Häuschen auf dem Gelände ist gar nicht mehr bewohnbar. "Wie in einem falschen Film" fühlt Wittmer sich. Jetzt, mit dem Aufräumen, geht es immer besser, aber immer noch ist die Situation für sie unbegreiflich.

    Die Familie bewahrt sich ihren Optimismus

    "Das Karussell muss sich weiter drehen", sagt Wittmer - ein Sprichwort unter Schaustellern. Auch die Wittmers sind eigentlich mit ihren Wohnwagen unterwegs; jetzt mussten sie sich wegen des Unwetters neue kaufen. Ein Kostenfaktor, ebenso wie das kaputte Haus. "Bei einem festen Einkommen wäre das etwas anderes", sagt Wittmer. Sie sind aber Schausteller, die keine regelmäßigen Einnahmen haben. Weil wegen Corona vergangenes und dieses Jahr die Jahrmärkte ausfielen, haben sie ohnehin schon einen schweren Stand haben.

    Direkt nach dem Unglück stand nichts mehr an seinem Platz.
    Direkt nach dem Unglück stand nichts mehr an seinem Platz. Foto: Marlene Volkmann

    Mit dem Dach müsse sie warten, bis ihre Söhne kommen und es reparieren, sagt Carmen Wittmer, die Großmutter. Eine Firma kann sich die Familie nicht leisten. Solange muss sie sich Sorgen machen, wenn der Wind kommt. Ins Wohnhaus könnte noch mehr Wasser eindringen, auch jetzt sind an der Decke deutliche Wasserflecken zu sehen. "Man schaut immer zu den Flecken", sagt die 70-Jährige. In der Decke im Küchenbereich sind kleine Löcher. Früher habe sie nie Angst gehabt, aber neulich, als sie die Bilder vom Unwetter auf dem Handy wieder sah, da kamen auch all die Erinnerungen zurück. "Ganz schlimm war es, als die kaputten Fahrzeuge noch da waren", meint sie. Jetzt ist etwas aufgeräumt und die Situation erträglicher. Alles sei schlimm, aber sie ist froh, dass ihre Enkelin noch lebt.

    Hilfe kommt von verschiedenen Seiten

    "Mein erster Gedanke war: Jetzt sind wir am Boden zerstört", meint die 70-Jährige, ergänzt aber: "Man kann ja nicht den Kopf in den Sand stecken." Sie lächelt ein wenig und betont immer wieder, dass es ihnen schlechter gehen könnte. Ihr Mann hat viel gearbeitet, eine Firma kostenlos die zerstörten Wohnwagen vom Gelände geholt. Trotzdem kann sie sich nicht daran gewöhnen, dass alles in ihrer Umgebung kaputt ist. "Ich habe immer gesagt, das ist ein besonderes Stück Land hier", sagt Wittmer über ihr Grundstück. Jetzt ist es nicht mehr so schön, sie vermisst die Tannen. Verglichen mit den Unwettern in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen aber hätten sie noch Glück gehabt.

    Auch nach fast zwei Monaten sind die Schäden in Obermoos bei Derching noch zu sehen. Allerdings konnten die Anwohner schon etwas aufräumen.
    Auch nach fast zwei Monaten sind die Schäden in Obermoos bei Derching noch zu sehen. Allerdings konnten die Anwohner schon etwas aufräumen. Foto: Marlene Volkmann

    Sie wünscht sich für die Zukunft, wieder eine Wiese anlegen zu können. Bäume soll es keine geben, aber Blumen und Sträucher. Und ein Wunsch ist, dass es finanziell wieder aufwärts geht. Wenn ein neues Dach aufs Haus kommt, dann wird es flacher sein. Damit der Wind einfach drüber hinweg geht.

    Dankbar ist die Familie für die große Hilfsbereitschaft der Menschen. Die Derchinger Pfarrgemeinde hat mit der "Aktion Obermoos" 1120 Euro gesammelt und auch das Leserhilfswerk "Kartei der Not" sprang ein. Geschäftsführer Arnd Hansen sagt: "In dieser schlimmen Notsituation war es dem Kuratorium ein großes Anliegen, die gesamte Familie mit einer schnellen und unbürokratischen Soforthilfe in Höhe von 4000 Euro kurzfristig zu unterstützen, um die schlimmsten Folgen etwas zu lindern."

    Für die Häuser fehlen die Versicherungen

    Auch Josef Lehmanns Grundstück wurde getroffen: Das große Metalltor dort liegt an der Seite, allein 6.000 Euro Schaden seien dadurch entstanden, berichtet er. "Arbeit ohne Ende hat man und kriegt nichts ersetzt." Für sein Grundstück mit kleinem Haus kann Lehmann keine Gebäudeversicherung abschließen. Auch von seinem Nachbarn sind Bäume herübergefallen, auf das alte Häuschen. Die liegen jetzt schon alle in einem Container am Rand des Geländes, der Pool ist ebenfalls kaputt gegangen. Aber für ihn ist es nicht so schlimm, weil er nicht auf dem Grundstück in Obermoos lebt.

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