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Friedberg: Der Mensch, seine Leidenschaften und seine Torheiten: Ausstellung rüttelt auf

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Der Mensch, seine Leidenschaften und seine Torheiten: Ausstellung rüttelt auf

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    Peer Dilling organisierte die Ausstellung "Gemeinsam-einsam" mit 
Werken seines verstorbenen Onkels Hadti Dilling in der Archivgalerie Friedberg. Enkelin Lena Dilling aus Pfarrkirchen kam extra zur Vernissage nach Friedberg.
    Peer Dilling organisierte die Ausstellung "Gemeinsam-einsam" mit Werken seines verstorbenen Onkels Hadti Dilling in der Archivgalerie Friedberg. Enkelin Lena Dilling aus Pfarrkirchen kam extra zur Vernissage nach Friedberg. Foto: Heike Scherer

    Sogar Enkelin Lena Dilling reiste von Pfarrkirchen zur Eröffnung der Ausstellung mit 30 Werken ihres Großvaters Hadti Dilling nach Friedberg an. Eines ihrer Lieblingsbilder ist das in Blautönen gemalte Werk „Algiz“ mit einer keltischen Rune, auf der Jugendliche mit Sonnenbrillen stehen. „Die Rune Algiz steht für das Leben und die Umwelt, die diese jungen Menschen mit Füßen treten“, deutet sie die Aussage ihres Großvaters Bernhard Dilling, kurz „Hadti“. Einige seiner über 300 Werke - Ölgemälde, Lithographien, Hinterglasbilder, Siebdrucke, Plastiken - hat sie zu Hause. Peer Dilling restaurierte gemeinsam mit dem Friedberger Künstler Petrus über zwei Winter hinweg 30 dieser Werke seines Onkels. Diese sind bis 27. Oktober in der Archivgalerie Friedberg zu sehen.

    Bei der Eröffnung begrüßte die dritte Bürgermeisterin Claudia Eser-Schuberth die zahlreichen Gäste und zeigte sich beeindruckt von der Macht und Kraft, welche die großen Bilder ausstrahlen. Frank Büschel und Caroline Straßinger vom Kulturreferat der Stadt Friedberg sorgten für die Bewirtung. „Das Thema „Gemeinsam-einsam“ hat mich angesprochen. Das ist seit der Pandemie noch viel mehr der Fall. Gerade auf großen Veranstaltungen fühlt sich der Einzelne einsam. Vielleicht braucht er gerade deshalb wenige Menschen, mit denen die Verbindung tiefer ist“, sagt eine Besucherin. Sie ist beeindruckt von dem Bild, auf dem eine Mutter mit ihrem Kind zu sehen ist.

    Ausstellung in Friedberg: Hadti Dillings Werke wurden vor dem Verfall gerettet

    „Die Mutter hat tiefe Augenhöhlen, das Kind ist entweder schon tot oder wird ihr bald entrissen. Die Farben sind fahl und leer, was pure Verzweiflung bedeutet“, sagt der Laudator Hans Buchner. Er übernahm diese Aufgabe schon bei allen bisherigen Ausstellungen und kennt Hadtis Werk genau. Auch Adrian Siedentopf vom gemeinnützigen Verein „Bayerische „Künstlernachlässe e. V.“ war gekommen und freute sich, dass Peer Dilling die wertvollen Werke seines Onkels vor dem Verfall gerettet hat. „Die Ausstellung ist sehr informativ und die Interpretation durch den Laudator war sehr gut“, verrät Dagmar Aumiller aus Wulfertshausen. Eine andere Besucherin aus Kissing erinnern die Bilder an Markus Lüpertz und Georg Baselitz.

    „Hadti sagte oft: Ich habe gemalt und ihr müsst sagen, was es bedeutet“, erklärte Hans Buchner. Trotz seiner untersetzten Statur versprühte der Künstler, der mit seiner Brille Ähnlichkeit mit Bertolt Brecht hatte, im Gespräch Kraft und Dynamik und hatte Autorität, aber leider war er kein guter Geschäftsmann, sondern ein niederbayerischer Sturschädel und vor seiner Selbständigkeit Bühnenbildner, erfuhren die Gäste.

    Die Ausstellung „Gemeinsam-Einsam“ in der Archivgalerie Friedberg rüttelt auf.
    Die Ausstellung „Gemeinsam-Einsam“ in der Archivgalerie Friedberg rüttelt auf. Foto: Heike Scherer

    Werke in der Friedberger Ausstellung sind erschreckend aktuell

    Hadtis einziges Thema in seinen Bildern ist der Mensch, seine Leidenschaften und Torheiten. Oft signiert er mit seinem Handabdruck. Im ersten Raum mit Werken der 80er Jahre ist das Bild „Kicken“ mit zwei Fußballstars und den Zuschauern im Hintergrund zu sehen. Bei „Rock’n Roll“ verschmelzen die tanzenden Figuren zu einer großen Fläche. Die Bewegung drückt Hadti durch drei dünne, geknickte Beine aus. Nach Erfindung der Leuchtfarben experimentierte auch Hadti damit.

    Im zweiten Raum sind Personen mit Streifen und Punkten oder mit Zahlen dargestellt, womit die Entmaterialisierung des Menschen kritisiert wird. Umweltzerstörung durch Industrie oder die Angst vor Kriegen kommen in anderen Bildern zum Ausdruck. Im dritten Raum sind die drei frühesten Werke „Die Geister in uns“ und die letzten aus den 90er Jahren zu sehen. „Wir sind nun in der Situation, die Hadti schon lange voraussah. Deswegen hat sein Werk mit Horrorvisionen noch so eine Bedeutung für uns“, fasst Buchner zusammen. Braune Müllberge mit einem großen Tier und ein verzweifelter Mensch, der darunter kauert und seine Maske abnimmt, malte Hadti Dilling.

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