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Friedberg: Buch zur Friedberger NS-Zeit geplant: Deckt es Unliebsames auf?

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Buch zur Friedberger NS-Zeit geplant: Deckt es Unliebsames auf?

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    Die Nationalsozialisten trieben auch in Friedberg ihr Unwesen. Hier feiern sie am Kriegerdenkmal den zum „Heldengedenktag“ umbenannten Volkstrauertag mit Flammenschüsseln und Kranzniederlegungen.
    Die Nationalsozialisten trieben auch in Friedberg ihr Unwesen. Hier feiern sie am Kriegerdenkmal den zum „Heldengedenktag“ umbenannten Volkstrauertag mit Flammenschüsseln und Kranzniederlegungen. Foto: Stadtarchiv Friedberg

    Die berühmten, mutigen "Friedberger Frauen", die am Friedberger Berg kurz vor Kriegsende Widerstand gegen die SS leisteten, sind in Friedberg weitgehend bekannt. Ansonsten liegt aber vieles aus der NS-Zeit der Stadt im Dunkeln. Das könnte sich ändern. Der Kulturausschuss votierte für die Erarbeitung eines Konzepts für ein Buch über das Thema. Einige Stadträte stimmten aber nur mit Bedenken zu.

    NS-Geschichte in Friedberg nicht einfach zu behandeln

    Die Idee kommt von Stadtpfarrer Steffen Brühl und Bürgermeister Roland Eichmann. "Pfarrer Erst kürzlich fand in Friedberg eine große Demo gegen Rechtsextremismus statt.

    Dass ein solches Projekt keineswegs ein Selbstläufer wird, ist allen klar. Deshalb kam das Thema bereits jetzt auf die Tagesordnung – neun Jahre, bevor das Buch veröffentlicht werden könnte. Angedacht ist es, das Buch zum 100. Jahrestag der Machtergreifung im Jahr 1933 herauszubringen – also im Jahr 2033. Ein solch langer Vorlauf scheint gleich aus mehreren Gründen sinnvoll, wie die Debatte im Ausschuss zeigte.

    So dürften die Forschungsarbeiten selbst einige Zeit in Anspruch nehmen. Im Stadtarchiv sind kaum Unterlagen zu finden. "Der Bestand wurde nach dem Krieg von kompromittierendem Material bereinigt", erklärte Eichmann. Von daher wären wohl Recherchen in anderen Archiven notwendig, sogar auf Bundesebene, wie es in der Sitzungsvorlage heißt. Mehrere Stadträte regten deshalb an, die Forschungsarbeit auch in externe Hände zu legen. "Wir brauchen bei diesem Thema absolute Profis", begründete Wolfgang Rockelmann (Parteifreie Bürger). 

    Die Beauftragung von externen Experten schien dem Ausschuss aber auch aus anderen Gründen als sinnvoll. "Die NS-Zeit ist in der Heimatforschung immer etwas, was gerne ausgespart wird. Schließlich kann es peinlich werden, weil es die Familien vor Ort noch gibt", so Eichmann. Auch in der Vorlage heißt es, dass die Nennung von konkreten Namen öffentliche Diskussionen hervorrufen könnte. 

    Buch zu Friedberger NS-Zeit sorgt für Bedenken

    Dieser Punkt sorgte bei dem ein oder anderen Ausschussmitglied für Bauchschmerzen. "Einerseits finde ich es gut, wenn man die Zeit aufarbeitet. Andererseits weiß man eben nicht, was dabei herauskommt", gab CSU-Stadträtin Petra Gerber zu bedenken. In diese Kerbe schlug auch Siegbert Mersdorf von den Parteifreien Bürgern. "Was machen wir, wenn etwas herauskommt, was uns nicht passt?" Schließlich grabe man da in einer Schmuddelbrühe. Der Bürgermeister verdeutlichte mit Blick auf diese Bedenken, dass es nicht darum gehe, Vermutungen mit Namen zu verbinden. "Wenn überhaupt Namen genannt werden, muss es eindeutige Belege geben." Man müsse äußerst sensibel vorgehen. Das sei in Expertenkreisen aber ohnehin eine Selbstverständlichkeit.

    Eindeutig für ein solches Projekt sprach sich Marion Brülls von den Grünen aus. "Eine solche Aufarbeitung kann ein Befreiungsschlag sein, sowohl für die Familien von Opfern als auch für die von Tätern." Das Buch könne ein Stück Erinnerungskultur für die Stadt werden. "Es geht nicht darum, Friedberg als braunes Nest hinzustellen." Für eine kurze Diskussion sorgte ebenso die Frage, welches Gebiet überhaupt abgedeckt werden soll. "Wenn wir alle Stadtteile bearbeiten, ist das ja ein großer Aufwand", so Richard Scharold von der CSU. Eichmann gab eine klare Antwort. "Wenn wir das machen, sollten wir nicht nur die Kernstadt bearbeiten." 

    Kosten sollen Teil des Buchkonzepts sein

    Auch die Kosten waren ein Thema. "Bevor wir solch ein Projekt anfangen, möchten wir schon wissen, wie viel das kostet und welche personellen Ressourcen dafür notwendig sind", stellte Alexander Strobel von den Freien Wählern klar. Bürgermeister Eichmann erklärte daraufhin, dass diese Fragen Teil des Konzepts sein sollen. Dessen Beauftragung beschloss der Ausschuss letztlich einstimmig. 

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