Ende des Jahres verlässt die Drogeriekette Müller voraussichtlich die Friedberger Ludwigstraße - nach mehr als 20 Jahren. Damit verliert die Innenstadt ihren letzten verbliebenen Drogeriemarkt. Entsprechend bestürzt sind auch die Menschen in Friedberg.
"Unglaublich schade. Vor allem auch für ältere Menschen oder diejenigen ohne Auto wird diese Schließung ein herber Verlust und mit deutlich größerem organisatorischen Aufwand für den Einkauf verbunden", findet eine Nutzerin auf Facebook. Eine andere schreibt: "Oh nein, bitte nicht. Es darf nicht geschlossen werden. Wir brauchen diese Filiale - insbesondere die Schulkinder."
Drogeriemarkt Müller: Netz bedauert Schließung
Ende des Jahres werden sich die Wege aber wohl trennen. Die Schließung des Drogeriemarktes ist für viele ein herber Verlust. Auf unserer Facebook-Seite starteten wir eine Umfrage. Rund 70 Teilnehmer machten mit. Für verzichtbar hält nur ein Nutzer die Drogeriekette in der Friedberger Innenstadt. Der Großteil bedauert, dass Müller die Ludwigstraße verlassen muss.
Bereits 2019 stand eine Schließung der Filiale in der Ludwigstraße im Raum. Die Drogeriekette hatte den auslaufenden Mietvertrag damals nicht verlängert. Begründet wurde dieser Schritt mit sinkenden Umsätzen. Vermieter Roland Brunner kam dem Unternehmen entgegen und die Parteien einigten sich schließlich doch noch auf eine Verlängerung des Mietvertrages.
Auch Manuel Weindl, Innenstadt-Koordinator des Friedberger Aktiv-Rings, bedauert diese Entwicklung: "Es kommt ganz und gar nicht überraschend. Aber es schwächt die Innenstadt", so Weindl, der weder Mieter noch Vermieter einen Vorwurf macht: "Es ist jetzt höchste Zeit, dass die Politik ein entsprechendes Konzept für den Einzelhandel vorlegt, sodass Friedberg nicht weiter an Attraktivität verliert."
Das fordert der Aktiv-Ring für die Friedberger Innenstadt
Durch den Wegfall des Drogeriemarktes sieht Weindl auch Nachteile für andere Händler: "Zum einen verliert Friedberg einen wichtigen Nahversorger für alle Altersschichten. Doppelt trifft es vor allem ältere Menschen, die in der Innenstadt wohnen und wenig mobil sind. Zum anderen ist Müller ein Frequenzbringer für den gesamten Innenstadtstandort. "
Dass auf den Drogeriemarkt nun ein Physiotherapeut folgen soll, ist für Weindl ein falsches Zeichen: "Es muss zukünftig vermieden werden, dass vorhandener Einzelhandel oder Gastronomie zugunsten von Dienstleistungsbranchen mit geringer Kundenfrequenz verloren gehen. So werden die Innenstädte im Laufe der Zeit veröden." Als Alternative hätte sich der Innenstadt-Koordinator auch eine gastronomische Nutzung der Räumlichkeiten vorstellen können.
Erst im vergangenen Jahr habe der Aktiv-Ring den Bürgermeisterkandidaten ein Positionspapier zur Stärkung des städtischen Einzelhandels vorgelegt. Weindl: "Vieles läuft in Friedberg gut. Aber bei der Entwicklung einer kommunalen Gesamtstrategie für die Entwicklung des Einzelhandels herrscht Stillstand." Hier sieht der Innenstadt-Koordinator dringenden Handlungsbedarf. "Passiert ist bis heute nichts. Das mag auch der Pandemie geschuldet sein, aber die Herausforderung bleibt aktuell", so Weindl, der klarmacht: "Am Beispiel von Müller wird deutlich, wie machtlos eine Kommune ist, wenn die Leitlinien für eine zukunftsfähige Innenstadt nicht rechtzeitig definiert werden."
City-Managerin befürwortet Entwicklungsstrategie
Ein solches Konzept hält auch Friedbergs City-Managerin Bianca Ross für sinnvoll. Die Stadt will 2022 eine umfangreiche Strategie entwickeln: "Wir wollen alle ins Boot holen, in erster Linie auch die Händler. Wir brauchen dann aber keine wissenschaftlichen Papiere für die Schublade, sondern konkrete Handlungsempfehlungen", so Ross, die auch an die Eigentümer appelliert: "Wir haben sehr viele Interessenten. Ich habe schon häufig erlebt, dass ein Vertrag kurz vor der Unterschrift gescheitert ist. Die Nachfrage ist da."
Allerdings gibt Ross auch zu, dass es nicht für alle geeignete Flächen gibt: "Für größere Filialen sind die Räumlichkeiten einfach zu klein, aber das ist auch in anderen Städten so. Auch für kleine Händler ist es nicht einfach, weil viele wiederum gar nicht so viel Platz benötigen." Die City-Managerin bedauert die Schließung des Drogeriemarktes Müller, befürwortet aber, dass bereits ein Nachfolger in den Startlöchern steht: "Das Sortiment kann die Innenstadt natürlich nicht auffangen, aber ein Leerstand an so prominenter Stelle wäre deutlich schlimmer."
Drogeriemarkt Müller: Keine Kundgebung geplant
Auch Manuela Koucky findet die Schließung des Drogeriemarktes "sehr bedauerlich". Sie hatte 2019 - nachdem der Drogeriemarkt erstmals seinen Rückzug aus Friedberg angekündigt hatte - zusammen mit anderen Kunden eine Kundgebung mit rund 35 Teilnehmern organisiert. Die Botschaft damals: "Ist erst mal der Müller fort, schließen auch andere hier am Ort."
Diese Sorge ist nun wieder akut bei Manuela Koucky: "Die Befürchtung ist da, dass weitere Läden schließen müssen. Corona ist eine zusätzliche Belastung für den Einzelhandel." Eine Kundgebung wird es diesmal aber nicht geben, wie sie sagt: "Das wären wohl vergebene Mühen. Die Situation ist eine andere als 2019. Es scheint alles schon sehr weit beschlossen und auch ein Nachmieter ist ja bereits gefunden."
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