Im Supermarkt mal richtig ausgelassen tanzen? Das wurde am Freitag bis in die Nacht hinein Realität in Friedberg. Ein DJ-Pult auf dem Kassenlaufband, Konzertequipment vor der Schreibwarenabteilung und 150 Gäste vor und zwischen den Regalen mit Tomatensuppe und Nudelpackungen: Auch wenn das Konzept sich vielleicht erst einmal kurios anhört, wurde es doch zum vollem Erfolg.
Bereits vor dem Konzert wurde deutlich, dass die Augsburger Musikerinnen und Musiker rund um Schlagzeuger Dominik Scherer und Edeka-Inhaber Michael Wollny keine Kosten und Mühen scheuten, um den Gästen einen unvergesslichen Abend zu bescheren: Ein roter Teppich am Eingang, ein Büfett mit Häppchen und eine Cocktail-Bar erwarteten das Publikum, alles aufgebaut kurz nach Ladenschluss um 20 Uhr. Mit dabei zwei professionelle Kamerateams, die den ungewöhnlichen Abend festhielten.
Micheal Wollny begrüßte die Gäste: "Wir wollen heute Abend den Supermarkt in einen Club verwandeln, zudem hoffen wir auf Spenden, die zu 100 Prozent durch die Kartei der Not bei den Benachteiligten ankommen. Ich hoffe, dass der Laden am Ende noch steht."
Und wie kommt man darauf, einen Supermarkt in einen Club zu verwandeln? "Der Laden wird ja nach 20 Uhr nicht mehr gebraucht. Da kann man dann auch anderweitig Veranstaltungen durchführen", meinte Wollny lachend. "Ich will im Rahmen meiner Möglichkeiten hier vor Ort in Friedberg zur Kulturförderung beitragen." Das erste Supermarkt-Konzert fand schon 2016 statt.
Aera Tiret aus Augsburg wollen im Friedberger Edeka ein Gesamtkunstwerk bieten
Aera Tiret boten ein zweistündiges Konzert der Extraklasse. Mit elektronischen Techno-Klängen, aber auch ruhigeren Jazz-Einlagen schufen sie ein besonderes Hörerlebnis. Nicht nur auditiv konnten die Gäste die Musik erleben, sondern auch visuell. Dazu trugen die Lichtinstallationen und Bildschirme bei, die die Musik in geschwungene Formen und Reflexionen umwandelten.
So wollten die Musikerinnen und Musiker ein Gesamtkunstwerk erschaffen, wie Scherer nach dem Auftritt erklärte. Dazu wählen sie immer wieder außergewöhnliche Orte für ihre Konzerte aus, zum Beispiel vor zwei Jahren eine Kegelbahn. Erst vor wenigen Wochen nahmen sie ihr neues Album live im Augsburger Textilmuseum mit Unterstützung eines Philharmonieorchesters auf. Dabei macht die sechsköpfige Band alles selbst – von Aufnahme bis zur Produktion. Besonders froh war Scherer, dass sie nach harten Corona-Jahren nun ihr erstes öffentliches Konzert spielen konnten, und das in neuer Bandbesetzung und in einem besonderen Ambiente.
Die Band besteht neben Schlagzeuger Scherer aus Dinah Wiedmann, die für die Dramaturgie verantwortlich ist, Gitarrist Silvan Lackerschmid, Bassist Jonas Horche und Nick Herrmann am Keyboard. Auch Johannes Kandels, der den Sound abmischt, ist festes Bandmitglied. Ein echter Höhepunkt des Abends waren die Jazz-Improvisationen von Gitarrist Lackerschmid und Keyboarder Herrmann, die sich spielerisch immer wieder gegenseitig anheizten. Allgemein liege der Improvisationsanteil bei um die 80 Prozent, wie Scherer verriet.
Die Musikstücke dauerten teilweise bis zu zehn Minuten und erzählten meistens Geschichten über Städte und Natur. Ihr erfolgreichster Song auf Youtube mit 100.000 Aufrufen heißt wie ihre Heimatstadt: "Augsburg". Zwischendurch durfte sich das Publikum sogar Tonarten wünschen, die die studierten Musikerinnen und Musiker dann umsetzten.
Edeka in Friedberg wird zum Musik- und Kunstort
Und wie kann man nun das Musikgenre von "Aera Tiret" beschreiben? "Elektro-Fusion", so die Musiker. Eine Fusion aus vielen unterschiedlichen Musikrichtungen wird vollzogen, die mithilfe von Synthesizern teils mystische Klänge annehmen. Auch ihr Debüt-Album handelt von "Urban Beats" und der Beziehung zwischen Natur und Stadt. Die Single-Auskopplung "Copy Me" mit Sängerin Lienne hat bereits eine RnB-Charts-Platzierung erhalten.
Auch Edeka-Inhaber Wollny zeigte sich zufrieden mit dem Konzert, so wie das gesamte Publikum, das die Band am Ende mit langem Applaus belohnte. Der Erlös fließt an die Stiftung Kartei der Not. Diese unterstützt Menschen aus der Region, die unverschuldet in Not geraten sind.
Bandgründer Dominik Scherer war kürzlich in unserem Podcast "Augsburg, meine Stadt" zu Gast. Das Gespräch können Sie hier anhören.