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Corona: Sind die Spargelbauern im Raum Friedberg im Krisenmodus?

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Sind die Spargelbauern im Raum Friedberg im Krisenmodus?

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    Es ist angerichtet: Der Spargel unter den Folien wartet darauf, gestochen zu werden. Genau da liegt aber das Problem, denn einige Landwirte haben einen Engpass bei den Erntehelfern. Diese können in diesem Jahr nicht wie gewohnt einreisen.
    Es ist angerichtet: Der Spargel unter den Folien wartet darauf, gestochen zu werden. Genau da liegt aber das Problem, denn einige Landwirte haben einen Engpass bei den Erntehelfern. Diese können in diesem Jahr nicht wie gewohnt einreisen. Foto: Rudolf Baier (Archiv)

    „Bei uns packen alle mit an“, sagt Wolfgang Lunz, Spargelbauer aus Obergriesbach. So könne die Ernte auch dieses Jahr gestemmt werden. Doch allgemein geht fehlende Unterstützung durch den Wegfall von Erntehelfern aus dem Ausland einher mit zusätzlichen Hürden, die die Corona-Krise mit sich bringt. Wie verläuft also das Jahr für die Landwirte aus der Region?

    Die Land- und Forstwirtschaft im Augsburger Land

    Größe Von Meitingen im Norden bis Schwabmünchen im Süden erstreckt sich das Dienstgebiet des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg (AELF). Im Westen wird der Landkreis Augsburg begrenzt vom Naturpark „Augsburg Westliche Wälder“ und im Osten schließt das „Wittelsbacher Land“, also der Landkreis Aichach-Friedberg, das Dienstgebiet des AELF ab.

    Anbau Wichtigste Anbaukulturen sind nach dem Grünland mit 22 600 Hektar, der Winterweizen mit 21 500 Hektar und der Silomais mit 17 500 Hektar.

    Tierhaltung Etwa 1550 landwirtschaftliche Unternehmer in der Region halten rund 105 000 Rinder. Die Schweinehaltung ist zweitbedeutendste Produktionszweig in der Tierhaltung. Es gibt rund 591 Schweinehalter. Ansprechpartner ist das Fachzentrum Schweinezucht und -haltung am AELF Wertingen. Auch rund 3600 Pferde leben in der Region.

    Spezialitäten Eine Reihe von Sonderkulturen macht die Region einzigartig: Im Frühjahr gibt es knackigen Spargel aus dem Wittelsbacher Land und Erdbeeren aus dem Landkreis Augsburg. Zahlreiche Hofläden bieten Produkte von Rind, Schwein und Schaf, aber auch Fischspezialitäten.

    Wald- und Forstwirtschaft 28 Prozent der Fläche in unserem Amtsgebiet sind von Wald bedeckt: insgesamt etwa 58 000 Hektar. Die acht Revierförster des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg betreuen den Wald und sind Ansprechpartner für Waldbesitzer und Waldbesucher. Mit einem Einschlagspotenzial von 600 000 Festmeter pro Jahr und durchschnittlich 422 Festmeter pro Hektar Holzvorrat zählt die Region Augsburg zu den wuchskräftigsten Regionen in Europa.

    Urwald Das Naturwaldreservat Turmkopf liegt an einem nach Osten zum Wertachtal geneigten Hang im südlichen Landkreis Augsburg. Es befindet sich im Staatswald und wird durch den Forstbetrieb Zusmarshausen der Bayerischen Staatsforsten betreut. Die 14 Hektar große Fläche wurde im Jahr 1991 als Naturwaldreservat ausgewiesen und ist damit eines der jüngeren Reservate in Bayern. Dabei handelt es sich um Wälder, die sich in einem weitgehend naturnahen Zustand befinden. Die natürliche Waldentwicklung läuft hier ungestört ab. Im Lauf der Zeit entstehen „Ur-“Wälder mit starken Bäumen und viel Totholz. (Quelle: AELF)

    Lunz sagt, dass der milde Winter und das trockene Klima der vergangenen Wochen der Spargelernte kaum geschadet hätten. Es könnte ein gutes Jahr für die Bauern sein, wenn nicht die Corona-Krise ihren Beitrag leisten würde. Auch andere Landwirte aus der Region haben ähnliche Befürchtungen.

    Meist kommen die gleichen Arbeiter nach Wulfertshausen

    Manfred Losinger aus Wulfertshausen hat Glück, denn die meisten seiner Erntehelfer konnten noch vor den Grenzschließungen in Europa nach Deutschland einreisen. Vor allem aus osteuropäischen Ländern kommen Arbeiter zur Erntesaison normalerweise mit dem Bus. Auf den meisten Höfen, auch im Landkreis Aichach-Friedberg, ist das gang und gäbe. Laut Losinger werden vielerorts jährlich die gleichen Arbeiter beschäftigt, die bereits mit den Aufgaben vertraut sind. In diesem Jahr war für viele das Kommen jedoch unmöglich. Losinger kann dieses Jahr fünf Helfer aus Polen bei sich beschäftigen, das sind zwei bis drei weniger als sonst. Diese Unterstützung fehle ihm. Einige Arbeiter hätten nicht kommen dürfen, andere hätten Angst, unter diesen Umständen nach Deutschland zu reisen.

    Christian Metzger, ebenfalls Spargelbauer in Wulfertshausen, und Losinger teilen sich seit einigen Jahren die Erntehelfer. Metzger erklärt, dass er durch die fehlenden Arbeiter rund ein Drittel seines Gemüses dieses Jahr nicht ernten könne. „Der Spargel wächst einfach aus“, sagt er. Dadurch schreibe er ein finanzielles Minus.

    Landwirte aus dem Raum Friedberg verzeichnen Einbußen

    Auch Losinger verzeichnet Einbußen. Er betreibt auf seinem Hof einen eigenen gastronomischen Bereich, der seit mehreren Wochen fast stillsteht. Außerdem erklärt er, dass viele Gaststätten, die er normalerweise mit seinen Produkten beliefert, zurzeit als Abnehmer wegfallen. Dennoch hat er auch Positives zu berichten: „Wir haben auf ganz unterschiedliche Weisen Hilfe erhalten. Ich war gerührt von den reizenden Ideen.“ In den vergangenen Wochen hätten ihn Freunde und Kunde unterstützt. „Viele Kunden kaufen privat dieses Jahr mehr Spargel, weil Restaurants geschlossen sind“, so auch Landwirt Wolfgang Lunz. Dadurch könne das Minus zumindest etwas ausgeglichen werden.

    Das sollten Sie über Spargel wissen

    Frische Das entscheidende Kriterium für guten Spargel ist die Frische, sagt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. „Denn der Spargel verliert mit der Lagerung extrem an Geschmack.“ Erkennen können Verbraucher frischen Spargel am besten an einem Test: Frischer Spargel quietscht, wenn man die Stangen leicht aneinanderreibt. Auch sollte auf die Spargelenden geachtet werden: Sie sollten feucht sein.

    Einkauf Krehl empfiehlt, Spargel aus der Region zu kaufen. Da man am verpackten Spargel schlechter die Frische prüfen kann, rät sie dazu, beim Erzeuger direkt, also in Hofläden, zu kaufen.

    Grün oder weiß? Der grüne Spargel besitzt laut Krehl mehr sekundäre Pflanzenstoffe und ist damit etwas gesünder als der Bleichspargel.

    Zubereitung Ernährungsexpertin Krehl weist darauf hin, dass Spargel auch roh ein Genuss ist – etwa als Spargelsalat. Beim Kochen gilt: Je weniger Wasser verwendet wird, desto weniger laugt er aus.

    Gesund Eine Portion Spargel mit 500 Gramm deckt 80 Prozent des Tagesbedarfs an den Vitaminen C und E und fast die Hälfte des Folsäure- und Kaliumbedarfs. Darauf weist das Bundeszentrum für Ernährung hin. Daneben enthält Spargel verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe und schwefelhaltige Sulfide - Stoffe, denen unter anderem eine antibakterielle und eine Krebs hemmende Wirkung zugeschrieben wird. Es ist ein ausgesprochen kalorienarmes, gut verträgliches Gemüse.

    Lunz musste dieses Jahr für seine Erntehelfer aus dem Ausland teure Flugtickets buchen, da die Anreise mit dem Bus nicht erlaubt war. Der Bürokratieakt, um Erntehelfer aus dem Ausland nach Deutschland kommen zu lassen, sei sehr hoch, so Lunz.

    Spargelsaison ist ein Minusgeschäft

    Auch Manfred Wolf, Landwirt aus Ebersried, wählte diesen Weg. Dennoch konnte er für seinen vergleichsweise großen Hof lediglich 25 der üblichen 35 Stellen mit Kräften aus dem Ausland besetzen. Ergänzend hat er in diesem Jahr deutsche Arbeiter beschäftigt. Das größte Problem für ihn sei jedoch, dass dieses Jahr verschärfte Hygieneregelungen gelten, die hohe zusätzliche Kosten verursachen. Beispielsweise sind zusätzliche Container zur Unterbringung nötig, um den Sicherheitsabstand gewährleisten zu können. Insgesamt bezahle er für jeden Erntehelfer, der drei Monate vor Ort ist, rund tausend Euro mehr als sonst, berichtet Wolf. Finanzielle Unterstützung seitens des Staates gebe es keine. Obwohl er genug Helfer habe, um alle Felder abzuernten, gehe er am Ende mit einem Minus aus der Spargelsaison.

    Mythen und Fakten rund um den Spargel

    Warum gibt es Spargel nicht das ganze Jahr?

    Das offizielle Ende der Spargelzeit ist in Deutschland traditionell der 24. Juni. Der Grund: Soll die Ernte auch im nächsten Jahr ertragreich sein, brauchen die Pflanzen ausreichend Zeit zum Regenerieren. Daran erinnern noch heute Bauernregeln wie "Kirschen rot, Spargel tot".

    Grün oder weiß – welche Sorte ist gesünder?

    Grün: Schon die weißen Stangen enthalten zwar zahlreiche wertvolle Inhaltsstoffe, zum Beispiel viele Ballaststoffe, Eisen, Vitamine und Nährstoffe wie Kalzium und die harntreibende Asparaginsäure.  Der grüne Spargel wächst jedoch über der Erde, unter Sonnenlicht bildet er zusätzlich den Farbstoff Chlorophyll und reichlich Vitamin C.

    Sind weiße Stangen leckerer als solche mit blauen Köpfen?

    Weiße Stangen sind hübscher, aber nicht leckerer. Sie entsprechen dem Idealbild des Gemüses: gerade, schlank, schneeweiß und mit glatter Spitze. Stößt das Köpfchen ein paar Stunden früher aus dem Erdwall ans Licht als der Erntehelfer es sticht, färbt die Sonne es blau-violett. Es kann auch passieren, dass die sonst glatte Spitze in der Sonne aufblüht. Auch das schmeckt nicht anders. Günstiger ist blauer Spargel deshalb auch nur wegen seiner untypischen Optik.

    Kann man Spargel einfrieren?

    Ja, aber nur geschält. Soll tiefgefrorener Spargel auf den Teller, muss er direkt aus dem Gefrierfach in den Kochtopf. Er darf vorher nicht auftauen. gekochter Spargel lässt sich hingegen nicht einfrieren. Denn in den Stangen bilden sich Eiskristalle, die die gekochten Stangen nach dem Auftauen weich und matschig werden lassen.

    Ist Rotwein zum Spargel tabu?

    "Sie können auch Bier zum Spargel trinken", sagt Harald Seitz vom Verbraucherinformationsdienst aid in Bonn. Klar, leichter Weißwein unterstreiche den sanften Spargelgeschmack. Das ist aber eher etwas für Gourmets. Wer lieber Rotwein oder Bier mag, darf auch das trinken. Allerdings sollte es kein zu herbes Bier sein und auch ein leichter Rotwein passt besser als ein schwerer.

    Warum riecht der Urin nach dem Spargelessen?

    Der Urin riecht nach dem Spargelessen anders, das bestätigt Experte Harald Seitz: „Das hängt mit den Schwefelverbindungen zusammen.“ Dass es allerdings nur einigen Menschen so geht, stimmt nicht, sagt Seitz. Bei jedem Menschen entstehen die Stoffe im Urin, die den strengen Geruch verursachen, bei manchen allerdings stärker als bei anderen. Abschwächen lässt sich der Geruch, in dem man zum Spargelgericht viel trinkt, das verdünnt den Urin.

    Ist Spargel harntreibend?

    Ja. Die Schwefelverbindungen, die für den intensiven Geruch auf der Toilette sorgen, bilden sich aus der im Spargel enthaltenen Asparaginsäure, diese hat gleichfalls eine harntreibende Wirkung.

    Sind die Spargel-Stangen ein Aphrodisiakum?

    Nachgesagt wird den Stangen eine luststeigernde Wirkung bereits seit der Antike. Nicht ganz unerheblich dafür dürfte jedoch auch die Gemüseform in Phallus-Optik sein. Vielleicht steckt aber auch mehr dahinter. Immerhin wird Spargel auch in der ayurvedischen Medizin zur Behandlung von Potenz- und Luststörungen verwendet.

    Nicht nur die deutschen Betriebe würden unter den fehlenden Erntehelfern leiden, sondern auch die Helfer selbst seien auf die saisonale Arbeit hierzulande angewiesen. In den Heimatländern hätten viele keine feste Anstellung und planten mit dem Gehalt, das sie hier bekommen, so Lunz. Viele hätten für ihre Arbeit hier sogar die Unsicherheit in Kauf genommen, nicht genau zu wissen, wann und wie sie die Heimreise antreten könnten.

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