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Aichach-Friedberg: Verlust des Kameraden: Wie Feuerwehrleute mit der Trauer umgehen

Aichach-Friedberg

Verlust des Kameraden: Wie Feuerwehrleute mit der Trauer umgehen

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    Angela Hammerl aus Pöttmes, Feuerwehrfrau und Fachberaterin in der psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte der Feuerwehr, ist im Einsatz, wenn es um besonders belastende Einsätze geht.
    Angela Hammerl aus Pöttmes, Feuerwehrfrau und Fachberaterin in der psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte der Feuerwehr, ist im Einsatz, wenn es um besonders belastende Einsätze geht. Foto: Kristina Billhardt

    Der Schock sitzt auch rund zwei Wochen nach dem Tod des Meringer Gemeinderates Stefan Kratzer immer noch tief. Seine Kameraden von der Freiwilligen Feuerwehr Mering sowie der Berufsfeuerwehr München trauern um den 40-Jährigen. Die Aufgabe der Feuerwehr ist es, Leben zu retten, sich um andere zu kümmern. Doch wer kümmert sich um die Feuerwehrleute, wenn sie einmal Hilfe brauchen? Wie die heimischen Einsatzkräfte mit Trauer und Verlust umgehen und wer ihnen hilft.

    Feuerwehrmann Stefan Kratzer starb Anfang Mai überraschend. Die Anteilnahme ist groß.
    Feuerwehrmann Stefan Kratzer starb Anfang Mai überraschend. Die Anteilnahme ist groß. Foto: Eva Weizenegger

    Pöttmeserin kümmert sich um Feuerwehrleute

    Zunächst versuchen die Kameraden, sich untereinander zu helfen, sagt Kreisbrandrat Christian Happach. "Reden hilft schon einmal viel. Man sollte nicht den Fehler machen und alles in sich hineinfressen", so der 49-Jährige. Nach tragischen Einsätzen könne schon eine Einsatzbesprechung helfen: "Jeder soll seine Empfindungen mitteilen, sodass alle auf dem gleichen Stand sind."

    Feuerwehrleute, die dennoch Probleme haben, die Ereignisse zu verarbeiten, erhalten spezielle Hilfe von Angela Hammerl. Die Pöttmeserin ist Diplom-Pädagogin und Fachberaterin in der psychosozialen Notfallversorgung für die Einsatzkräfte der Feuerwehren im Landkreis. Sie und ihr Team rücken bei besonders schlimmen Einsätzen aus und kümmern sich um die Kameraden.

    Laut Christian Happach fange deren Arbeit aber meist erst danach an: "Oft weiß man ja gar nicht, wie schwer sich ein Kamerad mit dem Geschehenen tut. Die Arbeit beginnt deshalb oft erst ein paar Tage nach den Einsätzen." Auch beim Verlust eines Kameraden können die Feuerwehrleute bei Angela Hammerl und ihrem Team Hilfe suchen.

    Feuerwehrler in Aichach-Friedberg halten bei Tragödien zusammen

    Ohnehin spielt die psychische Komponente laut Happach eine immer wichtigere Rolle. "Mittlerweile gehört eine entsprechende Schulung zur Grundausbildung dazu. Da hat sich glücklicherweise einiges getan." Zudem gibt es in den Wehren sogenannte Peers, die spezielle Fortbildungen erhalten und so ihren Kameraden helfen können.

    Viel Kraft ziehen die Kameraden aus dem Zusammenhalt untereinander. Happach erklärt: "Das ist das Besondere bei der Feuerwehr. Die Solidarität ist fast nirgends so groß. Der Tod eines Kameraden wird auch in anderen Wehren thematisiert. Wir von der Inspektion fragen beim Kommandanten nach, wie wir helfen können."

    Christian Happach ist Kreisbrandrat im Landkreis Aichach-Friedberg.
    Christian Happach ist Kreisbrandrat im Landkreis Aichach-Friedberg. Foto: Archivfoto: Bernhard Weizenegger

    Besonders groß war die Anteilnahme nach dem Tod von Stefan Kratzer. In den Sozialen Netzwerken demonstrierten die Feuerwehren auch über den Landkreis hinaus Zusammenhalt und sprachen der Familie ihr Beileid aus.

    Große Anteilnahme nach Stefan Kratzers Tod

    Das taten sie schon bei tragischen Unglücken im vergangenen Jahr. Im September starb ein 13-Jähriger aus Kissing bei einem Unfall in Österreich. Er gehörte der Jugendfeuerwehr an. Wenige Monate zuvor verunglückte auf der B 17 im Kreis Landsberg eine 49-jährige Frau aus Stätzling mit ihrem Wagen, in dem die beiden zwölf und 14 Jahre alten Töchter sowie eine 14-jährige Freundin der Mädchen saßen, tödlich. Die zwei Geschwister waren Mitglieder der Jugendfeuerwehr Stätzling.

    Diese Art von Zuspruch bewegt auch Andreas Regau, Kommandant der Meringer Feuerwehr: "Wir verarbeiten solche Situationen zunächst intern. Wir haben viele erfahrene Kollegen, die auch bei der Berufsfeuerwehr tätig sind. Die merken, wem ein Einsatz besonders nahe geht und reden dann mit denjenigen." Regau, der selbst bei der Berufsfeuerwehr ist, weiß, dass so ein Erlebnis nicht immer sofort abgehakt ist: "Das kann einen schon länger beschäftigen, gerade die Jüngeren. Unsere Älteren schauen deshalb genau hin, ob sich jemand anders verhält oder sich zurückzieht. Da muss man aufpassen."

    Nach dem Tod ihres Kameraden Stefan Kratzer wurde intern viel geredet: "Natürlich. Das beschäftigt uns. Bei jeder Übung, bei jedem Gespräch ist das ein Thema. Er war bei den Kameraden als freundlich, engagiert und hilfsbereit geschätzt", so Regau, der viele Jahre mit Kratzer zusammengearbeitet hat. Die Corona-Krise mache die Bewältigung zusätzlich schwierig. Regau: "Normalerweise sprechen wir so etwas dann in großer Runde an. Aktuell dürfen wir uns aber nur in kleinen Gruppen treffen. Das macht es schwieriger, dennoch hilft die Kameradschaft in solchen Situationen ungemein - das ist sehr wichtig."

    Andreas Regau ist Kommandant der Meringer Feuerwehr.
    Andreas Regau ist Kommandant der Meringer Feuerwehr. Foto: Peter Stöbich

    Am vergangenen Samstag wurde Stefan Kratzer beerdigt. Auch Christian Happach war zusammen mit seinen Kollegen von der Inspektion vor Ort. Zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr Mering und einer Abordnung der Berufsfeuerwehr München erwiesen sie ihrem Kameraden die letzte Ehre.

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