Mit dem Deutschlandtakt will die Bahn bis zum Jahr 2030 ihre bundesweit Fahrgastzahlen verdoppeln. Auch die Region soll durch eine Stärkung des Knotenpunktes Augsburg profitieren, etwa in Form eines verdichteten und beschleunigten Fernverkehrsangebots in Richtung Stuttgart und München sowie einer aufgewerteten Nordanbindung in Richtung Nürnberg. Doch im Nahverkehr könnte dies negative Folgen haben. Politiker aus dem Landkreis protestieren bereits vorsorglich, und auch die Kunden der Bahn wollen den schnellen Takt nicht vermissen.
Bislang verkehrt die Paartalbahnzwischen Augsburg und Friedberg im 15-Minuten-Takt, weiter nach Aichach geht es alle 30 Minuten. So kann schnell und ohne Umsteigen vom Wittelsbacher Land aus die Augsburger Innenstadt erreicht werden.
Nur noch alle 30 Minuten von Augsburg nach Friedberg
Der aktuelle Entwurf des Zielfahrplans 2030+ des Deutschlandtakts sieht nun jedoch eine Verlängerung des Takts zwischen Friedberg und Augsburg auf eine halbe Stunde vor. Dabei war zuletzt noch die Rede davon, den 15-Minuten-Takt bis Aichach auszudehnen und eine Express-Verbindung zur ICE-Strecke München-Ingolstadt einzurichten.
Die jetzt bekannt gewordenen Pläne der Bahn wären jedoch „ein absoluter Rückschlag für den öffentlichen Personennahverkehr im Wittelsbacher Land“, kritisiert Landrat Klaus Metzger. Er hat sich darum zusammen mit den Bundestagsabgeordneten Hansjörg Durz und Ulrich Lange an Klaus-Dieter Josel, den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn für den Freistaat Bayern, gewandt. „Wir mussten hier gemeinsam sofort reagieren“, so Metzger.
Politik fürchtet sinkende Fahrgastzahlen
Die geplante Ausdünnung sei für die Region absolut inakzeptabel, heißt es in dem CSU-gemeinsamen Schreiben der drei Politiker: „Die Schiene stellt das Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs im Landkreis Aichach-Friedberg dar. Sollte die Angebotsreduzierung auf der Paartalbahn eintreten, würde dies zu einer massiven Verschlechterung des ÖPNV-Angebots im Landkreis führen. In der Folge wäre ein massiver Rückgang der Fahrgastzahlen zu erwarten“, fürchten sie.
Der Landtagsabgeordnete Peter Tomaschko (CSU) sieht die Pläne ebenfalls mit Sorge. Er hat sich darum an Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer gewandt. „Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass der Bund seine Infrastrukturplanungen auf einen durchgetakteten Zielfahrplan abstellt. Mir ist auch bewusst, dass der erwartete, deutliche Mehrverkehr auf dem Korridor Ulm-München zusätzliche Gleiskapazitäten bindet, heißt es in dem Schreiben.
Wenn dafür allerdings ein bestehendes, attraktives Nahverkehrsangebot auf die halbe Taktfolge ausgedünnt werden solle, sei dies für die Region und die Bürgerinnen und Bürger schwer vermittelbar. Tomaschko bittet seine Kollegin, für den Erhalt des Viertelstundentakts einzutreten, um damit die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs und der Bahn zu sichern.
Auch aus Sicht der Grünen ist ein Rückschritt nicht hinnehmbar. „Für die Friedberger Bürger würde die Ausdünnung des Bahntaktes eine massive Verschlechterung des ÖPNV-Angebots bedeuten und die bisherigen Schritte für eine Mobilitätswende und das auf die Bahn abgestimmte Gesamtangebot ad absurdum führen“, schreibt die Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Claudia Eser-Schuberth.
Sie stellt darum einen Dringlichkeitsantrag, in dem die Bahn aufgefordert wird, ihre Überlegungen zur Taktverschlechterung auf der Paartalbahn Augsburg-Friedberg aufzugeben. Der Bürgermeister solle umgehend mit der Bahn, dem Verkehrsausschuss des Bundestags und den Abgeordneten der Region Kontakt aufnehmen und die Position der Stadt Friedberg deutlich machen“, heißt es weiter.
Die Fahrgastzahlen der Paartalbahn haben sich in den vergangenen Jahren stetig nach oben entwickelt. 1989 nahm der Augsburger Verkehrsverbund (AVV) die Strecke in den Verbund auf. 1996 wurde mit dem „Bayern-Takt“ der Zugverkehr verdichtet. 1999 erhöhte sich die Höchstgeschwindigkeit auf 120 Stundenkilometer. Die Bayerische Regiobahn (BRB) startete Ende 2009 den Regio-Schienentakt mit neuen Dieseltriebwagen.
Während 2008 täglich knapp 5000 Fahrgäste zwischen Ingolstadt und Augsburg unterwegs waren, wurden 2012 bereits 8500 Menschen gezählt. Zwischen 2012 und 2019 gab es noch Angaben der BRB einen durchschnittlichen jährlichen Zuwachs an Fahrgästen von 18 Prozent.
Was die Passagiere der Paartalbahn sagen
Ein 18-jähriger Friedberger fährt regelmäßig nach Augsburg zur Schule. „Die Züge sind dann wieder voller und es wird schwierig, den Abstand einzuhalten.“ Er hoffe, dass die Taktung so bleibt wie jetzt. Eine 16-jährige Schülerin geht ebenfalls in Augsburg zur Schule. Außerdem fährt sie gerne in die Innenstadt, um Freunde zu treffen. Es sei ihr wichtig, zeitlich flexibel zu sein. „Wenn die Bahn nur noch zweimal in der Stunde kommt, fahre ich auch seltener damit“, sagt die 16-Jährige.
Ein Aichacher erzählt, dass er täglich nach Friedberg zur Arbeit fährt. „Ich fahre gerne mit der Bahn, aber vielleicht weiche ich dann aufs Auto aus, wenn sie nicht mehr so oft kommt.“ Eine gelassenere Einstellung hat eine 52-jährige Augsburgerin, die täglich nach Friedberg zur Arbeit pendelt: „Während des Corona-Lockdowns sind die Züge auch nur alle 30 Minuten gekommen und es hat mich nicht gestört.“ Die seltenere Taktung funktioniere aber nur, wenn auch nur wenige Fahrgäste die Bahn nutzen.
Hier geht es zum Kommentar zum Thema: Paartallinie: Bahn stellt falsche Weichen
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