Startseite
Icon Pfeil nach unten
Friedberg
Icon Pfeil nach unten

Aichach-Friedberg: Missbrauch: Auch in Aichach-Friedberg steigt die Zahl der Kirchenaustritte

Aichach-Friedberg

Missbrauch: Auch in Aichach-Friedberg steigt die Zahl der Kirchenaustritte

    • |
    Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken. Nach Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens in München stieg in Aichach-Friedberg die Zahl der Austritte teils sprunghaft an.
    Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken. Nach Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens in München stieg in Aichach-Friedberg die Zahl der Austritte teils sprunghaft an. Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)

    Nach der Vorstellung des Gutachtens zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Erzbistum München und Freising steigt auch im Landkreis Aichach-Friedberg die Zahl der Kirchenaustritte sprunghaft an: Allein das Standesamt Friedberg verzeichnet für den Januar fast 70 Austritte aus der katholischen Kirche. Wie sind die Zahlen in den anderen Gemeinden und wie gehen die Pfarrer und Gläubigen vor Ort damit um?

    Am 20. Januar wurde das Missbrauchsgutachten veröffentlicht, das auch dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Fehlverhalten vorwirft. Das Standesamt Friedberg, das auch zuständig für Dasingund Eurasburgist, verzeichnet allein seit diesem Datum 47 Austritte aus der katholischen Kirche. Im gesamten Januar waren es 67 Katholiken, die ausgetreten sind. Im gesamten Januar 2021 waren es dagegen nur 21 Austritte Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass abrupt steigende Kirchenaustrittszahlen tatsächlich oft mit der aktuellen Berichterstattung in den Medien einhergehen, so der städtische Pressesprecher Frank Büschel.

    Missbrauchsfälle beschäftigen auch Gläubige in Aichach-Friedberg

    Das Thema beschäftigt die Gläubigen vor Ort. Opfer des Missbrauchs waren in der Regel Kinder und Jugendliche. Was sagen junge Menschen zu dem Thema? Clara von Linden, die neben Elias Fritz die Pfarrjugend von St. Jakob in Friedberg leitet, findet deutliche Worte: "Wir verurteilen jegliche Form des

    Den Trend der Flut von Austritten in Folge des Missbrauchsgutachtens bestätigt Bernhard Bordon von der Verwaltungsgemeinschaft Mering. Seit Erscheinen des Gutachtens gab es 35 Kirchenaustritte in Mering, vom 1. bis 20. Januar dagegen nur acht. Auch für die nächsten Tage hat Bordon fünf Terminvormerkungen. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2021 gab es insgesamt nur 215 Austritte.

    Meringer Pfarrer: Von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche erschüttert

    Pfarrer Florian Markter von der Pfarrei St. Michael in Mering ist von den Missbrauchsfällen tief erschüttert. Teilweise thematisiert er den Sachverhalt in seinen Predigten, aber "eher am Rande", wie er sagt. Denn in den Predigten versuche er, "den Menschen, die zur Kirche kommen, etwas Positives mit auf den Weg zu geben". Hier werden die großen kirchlichen Themen, über welche bundesweit in den Medien wird, zwar wahrgenommen, aber nicht zum einzigen Thema gemacht, so der Kirchenmann.

    Der Leiter des Ordnungsamtes Aichach, Manfred Listl, verwaltet in Aichachauch die Kirchenaustritte der Gemeinden Adelzhausen, Obergriesbach, Sielenbach, Hollenbach, Kühbach und Schiltberg. In der kurzen Zeit seit 20. Januar gab es bereits 30, im gesamten Januar 60 Kirchenaustritte. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren im gesamten Januar nur 21 Austritte zu verzeichnen.

    Ganz anders sieht es in der beschaulichen Gemeinde Ried aus. "Ich kann noch keine vermehrte Austrittstendenz erkennen", sagt Standesbeamtin Sieglinde Kistler und unterstreicht ihre Aussage mit Zahlen: In diesem Jahr haben erst vier Katholiken den Austritt erklärt, im Jahr 2021 insgesamt 18. Bei keinem der Austritte hätte es Äußerungen in Bezug auf die aktuelle Krise gegeben.

    Kissing: Bereits Vormerkungen für Kirchenaustritte für Februar

    Ebenso sieht es in Merching aus: Im Januar 2022 gab es nur fünf Austritte. Im vergangenen Jahr war es kein einziger Katholik, der aus der Kirche ausgetreten ist. Und auch in Kissing lauten die Zahlen ähnlich. "Im Januar 2022 hatten wir 15 Kirchenaustritte, dies entspricht exakt der Anzahl aus dem Jahr 2021", sagt die Sachgebietsleiterin Standesamt, Manuela Findl. Es gebe jedoch bereits jetzt sehr viele Terminvormerkungen für Februar.

    Pater Steffen Brühl, Stadtpfarrer von St. Jakob in Friedberg.
    Pater Steffen Brühl, Stadtpfarrer von St. Jakob in Friedberg. Foto: Ute Krogull

    Der Friedberger Stadtpfarrer fordert, Konsequenzen zu ziehen. "Wir müssen die Perspektive unseres Denkens und Tuns ändern", verlangt Pater Steffen Brühl energisch. Die Frage müsse lauten: "Was brauchen die Opfer?" Täterinnen und Täter seien zur Verantwortung zu ziehen. "Keiner darf die Verantwortung von sich weisen durch Lügen", so der Pallottiner weiter. Im Gespräch erlebe er sehr oft, dass viele Menschen zwischen der Institution Kirche und der Gemeinde vor Ort unterscheiden. So sei dies auch in Friedberg.

    Konkret erwartet er, dass die Kirchenleitung alles Mögliche unternimmt, damit die Kirche ein sicherer Raum für alle Menschen wird. Um verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, müssen seiner Ansicht nach glaubwürdige Schritte der inneren und äußeren Erneuerung gegangen werden. "Dabei müssen wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht die Institution." In Friedberg wurde daher ein Institutionelles Schutzkonzept (ISK) entwickelt, das sämtliche Schutzmaßnahmen der Pfarrei systematisiert und transparent macht.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden