Internet in Asylunterkünften ist seit Jahren ein wichtiges Anliegen der Helferkreise. Gerade in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen und des Homeschooling gewinne es an Bedeutung, sagt die Grünen-Kreisrätin Marion Brülls. Sie wirft dem Landratsamt als Betreiber von Unterkünften vor: „Das Landratsamt verwehrt den Flüchtlingen die Kommunikation.“
Aktueller Anlass ist das Angebot des Vereins Refugees Online, in den größeren Heimen kostenlos einen Internetzugang und die nötige Infrastruktur zu installieren, welche die Bewohner dann kostenlos oder gegen ein kleines Entgelt nutzen können.
Das Landratsamt lehne dies ab mit dem Hinweis auf die Gleichbehandlung: Entweder alle Asylheime des Landkreises würden derart ausgestattet – oder keines. 41 Heime, davon vier Gemeinschaftsunterkünfte, auszustatten, sei für den Verein nicht möglich. „Die Wohnsituation ist ohnehin ungleich, man sollte einfach bei den großen Einrichtungen anfangen“, argumentiert Brülls. In anderen Landkreisen, der Stadt Augsburg und Unterkünften der Regierung von Schwaben werde dies auch so gehandhabt. Was sagt das Landratsamt zu der Kritik?
In der Tat beruft sich dessen Sprecher Wolfgang Müller auf den Gleichbehandlungsgrundsatz; würde er erfüllt, hätte man nichts gegen die Initiative. Zum Hintergrund erläutert er, das Landratsamt Aichach-Friedberg betreibe im Gegensatz zu den meisten anderen Landkreisen eine Vielzahl von Asylbewerberunterkünften.
Im Kreis Aichach-Friedberg gibt es viele dezentrale Asylheime
Dezentralität und kleinere Einheiten seien dabei wichtig. „Dem Landkreis ist sehr daran gelegen, dass die Menschen im Rahmen des Möglichen in den Unterkünften im Landkreis ähnliche Bedingungen vorfinden.“ Simone Losinger als Leiterin der Ausländerbehörde konkretisiert: „Es ist schwer, einer Familie in einer kleinen Unterkunft in Steindorf, die ohnehin eine schlechte Anbindung hat, zu vermitteln, dass eine Familie in Friedberg, die eine gute Anbindung hat, auch noch Internet bekommt.“
Prinzipiell steht es laut Landratsamt jedem Bewohner frei, sich über einen Surfstick, internetfähige Smartphones oder einen mobilen Router Internetzugang zu verschaffen. Das Asylbewerberleistungsgesetz sehe dafür einen gewissen Betrag vor. In Obergriesbach zum Beispiel sei gerade ein Router installiert worden, den sich die Bewohner „teilen“; der örtliche Helferkreis habe die Flüchtlinge beim Abschließen des Vertrages unterstützt, weiß Losinger. Und sollten in Unterkünften mit einem mobilen Router nur unzureichende Internetverbindungen geschaffen werden können, würden alternative Lösungen geprüft, betont Müller.
Losinger weiß, dass Internet ein wichtiges Thema für die Migranten ist, allgemein und was das Lernen anbelangt. Sie steht deshalb mit dem Schulamt in Verbindung. Demzufolge erhalten Schüler im Homeschooling Materialien per Post, Arbeitsmappen mit den notwendigen Materialien; Videoclips könnten auch auf Sticks gezogen werden.
Momentan leben 830 Personen in den 41 Unterkünften des Landkreises. Minderjährig sind davon 320, davon wiederum etwa die Hälfte im Alter zwischen sechs und 17 Jahren. Die Minderjährigen wohnen hauptsächlich in 27 dezentralen Einrichtungen; 73 der 320 leben in den vier großen Gemeinschaftsunterkünften.
Refugees online ist bereits in Friedberg im Einsatz
Volker Werbus, Vorsitzender des Vereins Refugees Online mit Sitz in Gilching, sieht das Thema anders. Für kleine Unterkünfte seien mobile Router geeignet, aber nicht für größere, da das Datenvolumen begrenzt sei. „Wir versuchen, die große Masse in den Gemeinschaftsunterkünften zu erwischen“, erläutert er. Der Verein betreue 50 Unterkünfte, darunter auch die der Regierung von Schwaben an der Josef-Wassermann-Straße in Friedberg-West. Man wolle gerne helfen, aber: „Alle Unterkünfte im Landkreis auszustatten, schaffen wir personell und finanziell nicht.“
Schließlich müssten in jeder Kabel verlegt und Exit-Points installiert werden. Das stemme der Verein mithilfe von neun Ehrenamtlichen sowie von Sponsoren. Anfangswiderstände sei man gewohnt. „Das Argument von der Gleichbehandlung hören wir öfters, und oft werden uns hohe Auflagen gemacht“, so Werbus. Doch er gibt die Hoffnung nicht auf: „Es gibt keine Genehmigung, die wie letztlich nicht bekommen haben.“
Lesen Sie dazu den Kommentar: Das Thema Asyl wird Corona überdauern
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