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Aichach-Friedberg: Flüsse in schlechtem Zustand: So könnte ein Projekt die Lage verbessern

Aichach-Friedberg

Flüsse in schlechtem Zustand: So könnte ein Projekt die Lage verbessern

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    Durch das Projekt „Fluss.Frei.Raum“ sollen Barrieren in bayrischen Flüssen genauer betrachtet und falls möglich entfernt werden.
    Durch das Projekt „Fluss.Frei.Raum“ sollen Barrieren in bayrischen Flüssen genauer betrachtet und falls möglich entfernt werden. Foto: Silvio Wyszengrad

    Es könnte die Situation der Gewässer nachhaltig verbessern, auch im Landkreis Aichach-Friedberg: Mitte März 2024 starteten fünf Organisationen, WWF Deutschland, BUND Naturschutz in Bayern, Landesfischereiverband Bayern, Bayerischer Kanu-Verband und Landschaftspflegeverband Rhön-Grabfeld, das Projekt „Fluss.Frei.Raum ─ Klimaresiliente Bäche und Flüsse für Bayern“. Mithilfe des Projekts sollen bayernweit funktionslose Barrieren aus den Bächen und Flüssen entfernt werden. Es wird als Modellvorhaben im Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ des Bundesumweltministeriums mit Mitteln des Bundesamts für Naturschutz gefördert. Doch welche Maßnahmen enthält es konkret?

    Beispiel aus Aichach-Friedberg ist Teil eines Dokumentarfilms

    Zum Start luden die Organisationen die Öffentlichkeit ins Eventzentrum am Eiskanal beim Hochablass ein. Die Gäste erlebten dabei die Premiere des Dokumentarfilms „Die Flussbefreier“. Darin wurden unter anderem auch die heimischen Flussbefreier aus dem Landkreis Aichach-Friedberg ausführlich vorgestellt. Das ehrenamtliche Team um Matthias Schlicker hat mit Unterstützung von Bürgermeister Roman Pekis und vielen Helferinnen und Helfern aus der Gemeinde Baar eine Solschwelle in der kleinen Paar beseitigt und damit den stark verschlammten Fluss über sieben Kilometer „befreit“. Das Projekt wurde vom WWF zusammen mit der Deutschen Postcode Lotterie mit 30.000 Euro unterstützt und erhielt kürzlich den Umweltpreis des Landkreises.

    Bäche und Flüsse bilden in Bayern ein 100.000 Kilometer großes Netzwerk. Wenn sie in einem schlechten Zustand sind, dann geht es der Natur insgesamt schlecht. Naturbelassene Flüsse und Bäche verbinden alle Teile des Landes miteinander und bilden so wichtige Brücken für viele Tier- und Pflanzenarten. Sie schaffen typische Lebensräume wie Auwälder und Flussauen, transportieren Unmengen an Material in Form von Kies, Sand und Nähstoffen, und schaffen dadurch die Grundlage für eine hohe Artenvielfalt.

    Der Lech bei Kissing soll künftig ein breiteres und natürlicheres Flussbett bekommen.
    Der Lech bei Kissing soll künftig ein breiteres und natürlicheres Flussbett bekommen. Foto:  Silvio Wyszengrad

    Viele bayrische Flüsse in schlechtem Zustand

    Damit Flüsse und Bäche ihre für die Natur so wichtige Funktion entfalten können, ist es wichtig, dass sie möglichst ungehindert fließen können. Allerdings sind viele von ihnen in keinem guten Zustand. Sie sind oft begradigt, verschlammt und durch Stauwehre und Schwellen unterbrochen. Sie enthalten viel zu hohe Konzentrationen an Schadstoffen, Mikroplastik, Phosphor und Stickstoff. Der Mensch hat sie eingehegt und eingeengt, um für sich Lebens- und Wirtschaftsraum zu schaffen, und viel zu oft wird entlang der Flüsse gebaut und Land versiegelt.

    Oft liegt das auch an den Maßnahmen zur Energiegewinnung. In Bayern gibt es 4.200 Wasserkraftwerke, die rund 16 Prozent unseres Strombedarfs abdecken. Kraftwerke erfordern Stauwehre, begradigte Flussläufe und Sohlenbauwerke. Diese Bauwerke verändern den Fluss und seine mit ihm verbundenen Lebensräume. Bei 82 Prozent von ihnen handelt es zudem sich um kleine Anlagen, die vielfach veraltet sind. Sie produzieren insgesamt nur drei Prozent der durch Wasserkraft erzeugten Energie. Obwohl Wasserkraft zu den klimaneutralen Energien zählt, wird sie inzwischen aufgrund der negativen ökologischen Auswirkungen immer kritischer gesehen. Ein weiterer Faktor sind die mehr als 50.000 Sohlenbauwerke, mit denen Fließgeschwindigkeiten und Erosion reguliert werden. Sie stellen erhebliche ökologische Barrieren dar, führen zu Verschlammung und dem Absterben von Lebewesen am Flussboden.

    So könnte der Lech südlich vom Hochablass in Augsburg nach der geplanten Renaturierung aussehen.
    So könnte der Lech südlich vom Hochablass in Augsburg nach der geplanten Renaturierung aussehen. Foto: Wasserwirtschaftsamt Donauwörth

    Lech bei Kissing könnte ein Kraftwerk bekommen

    Aber nicht nur die ökologischen Auswirkungen sind gravierend. Durch die Eingriffe haben die Flüsse weniger Raum zur Verfügung und treten deshalb immer häufiger über ihre Ufer. Die EU-Kommission hat das Problem erkannt und gibt an, dass 150.000 Flussbarrieren ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllen. Bis zum Jahr 2030 sollen im Rahmen der EU-Biodiversitätsstrategie 25.000 Flusskilometer von Barrieren befreit werden. Daneben gibt es in vielen Ländern wie Frankreich und Dänemark schon seit den 90er Jahren eine große zivilgesellschaftliche Bewegung, die sich dafür einsetzt, Flussbarrieren zu identifizieren, zu dokumentieren und wenn möglich zu beseitigen.

    Der WWF und der Bund Naturschutz möchten zusammen mit ihren Partnern diese Bewegung auch nach Bayern tragen. So fallen demnächst die Wasserkraftwerke am Lech aus ihrer Konzessionsbindung. Jetzt könnte der Freistaat einige der Staudämme zurückbauen, um den Lech zu renaturieren. Doch der Freistaat hat ein Projekt initiiert, um vorhandene Schwellen zu identifizieren, die mit zusätzlichen Kraftwerken ausgestattet werden sollen. Wie berichtet, soll dies am Lech bei Kissing geschehen. Dort ist ein Schwellenkraftwerk geplant. Dagegen hat sich bereits breiter Widerstand formiert.

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