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"Wernher von Braun"-Gymnasium: Als Schulname "nicht mehr tragbar"

"Wernher von Braun"-Gymnasium

Als Schulname "nicht mehr tragbar"

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    Diesen Schulnamen hält der Kreistag von Aichach-Friedberg mehrheitlich nicht mehr für tragbar.
    Diesen Schulnamen hält der Kreistag von Aichach-Friedberg mehrheitlich nicht mehr für tragbar. Foto: Ulrich Wagner

    Das Gremium riet dem Friedberger Wernher-von-Braun-Gymnasium, sich von dem Namen zu trennen, „um Schaden von der Schule und vom Landkreis abzuwenden“. Die Entscheidung fiel  mit 39 zu 15 Stimmen. Dagegen stimmten Teile der CSU-Fraktion, die beiden Republikaner und eine Freie Wählerin.

    Dieses heiße Eisen war dem erkrankten Landrat Christian Knauer so wichtig, dass er sich nur für diesen Tagesordnungspunkt aus dem Krankenhaus entlassen lassen wollte. Doch da spielten die Ärzte nicht mit. Am Krankenbett wurde aber ein Kompromissvorschlag vorbereitet, den auch der Ältestenrat guthieß. Keine Mehrheit fand der weitergehende Antrag der Grünen, die Zustimmung des Kreistags zu dem Schulnamen von 1979 zu widerrufen. Zuvor hatte Marion Brülls (Grüne) betont, dass man anders als damals inzwischen eindeutig belegen könne, dass Wernher von Braun auf der Seite der Täter stand.

    Vize-Landrat Rupert Reitberger (CSU), der die Sitzung leitete, betonte, dass der Kreistag nicht darum herumkomme, ein Votum abzugeben. Wichtig war es ihm dabei, dass das Gymnasium sich dadurch nicht beschädigt fühle. Auch SPD-Fraktionschef Roland Fuchs betonte, dass man sich keinesfalls an einer Kampagne gegen die Schule beteiligen wolle: „Kein Scherbengericht!“ Auch nach Entscheidung des Kreistags bleibt für Fuchs das Gymnasium frei in seiner Meinungsbildung: „Ja, der Kreistag hat eine Meinung. Er will sie aber anderen nicht aufzwingen.“

    "Vorbildliche Arbeit“ in der Auseinandersetzung mit dem problematischen Namensgeber

    Wie auch andere bescheinigte CSU-Fraktionschef Peter Tomaschko dem Gymnasium, „vorbildliche Arbeit“ in der Auseinandersetzung mit ihrem problematischen Namensgeber geleistet zu haben. Wichtig war es Tomaschko, dass der Kreistag Farbe bekennt, wie eine Lösung gefunden werden kann. „Nehmen Sie den Rat an, eine eigenverantwortliche Diskussion zu führen“, schlug der CSU-Fraktionschef der Schule vor.

    Eine Fahrt zur KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora empfahl Sepp Bichler (Unabhängige). Er war schon dort und ist seitdem ein „beklemmendes Gefühl“ nicht mehr losgeworden.

    So bald wie möglich erhofft sich Lorenz Arnold (Freie Wähler) die Namensänderung. Vom Gymnasium wünscht er sich dann aber weiterhin eine Auseinandersetzung mit der NS-Zeit. Ohne klare Entscheidung des Kreistags hätte Michael Bettinger (ödp) nur ungern das Landratsamt verlassen.

    Daten und Fakten über Wernher von Braun

    Kindheit und Jugend: Wernher von Braun wurde am 23. März 1912 geboren. Er entstammte einem national-konservativen Elternhaus, sein Vater Magnus war Landwirtschaftsminister unter Reichskanzler Franz von Papen.

    Studium: Nach dem Physikstudium in Berlin und Zürich trat von Braun 1932 als Zivilangestellter in den Dienst der Reichswehr und promovierte mit einer Arbeit über "Konstruktive theoretische und experimentelle Beiträge zu dem Problem der Flüssigkeitsrakete".

    Beruf: Von Braun machte schnell Karriere. 1937, mit nur 25 Jahren, war er bereits Technischer Direktor der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, wo Raketen für den Krieg entwickelt wurden.

    Parteimitglied und SS-Mann: 1937 trat von Braun der NSDAP bei, 1940 der SS - möglicherweise beides unter Druck des Regimes. Er soll die SS-Uniform aber regelmäßig getragen haben und stieg rasch auf. Hitler selbst verlieh ihm 1943 den Titel Professor.

    Peenemünde: Schon in der Heeresversuchsanstalt an der Ostsee wurden Zwangsarbeiter zur Produktion der Terrorwaffe V 2 eingesetzt.

    Mittelbau-Dora: Nach alliierten Luftangriffen wurde die Raketenfertigung unter Tage verlegt, in den thüringischen Harz nahe Nordhausen. Rund 20 000 der 60 000 Insassen des KZ Mittelbau-Dora starben in den unterirdischen Fabrikanlagen.

    Kriegsende: Anfang April 1945 zogen sich von Braun und 500 Raketentechniker nach Bayern zurück - nicht ohne zuvor tonnenweise wichtige Unterlagen beiseitegeschafft zu haben.

    USA: Am Tag nach Hitlers Tod nahmen die Raketentechniker Kontakt mit der US-Armee auf. Es folgt die "operation paperclip": Amerika heuerte die Nazi-Wissenschaftler an, deren Wissen im heraufziehenden Kalten Krieg höchst wertvoll war.

    Mehrere Kreisräte hielten hingegen wenig davon, dem Gymnasium zu raten, sich von dem Namen zu trennen. Aus Sicht von Tomas Zinnecker (CSU) werde damit zu viel politischer Druck gegenüber der Schule aufgebaut. Es müsse eine demokratische Meinungsbildung an der Schule stattfinden können, so Johann Gärtner (Republikaner) „Ich will niemanden bevormunden“, sagte Johann Settele (CSU). Und Richard Scharold (CSU) meinte: „Es steht uns nicht zu, der Schule einen Rat zu geben.“ Ein ergebnisoffenes Verfahren wünschte sich Renate Magoley (Freie Wähler). Sissi Veit-Wiedemann (CSU) sah den Schulnamen als Verpflichtung, sich damit kritisch auseinanderzusetzen. Medienschelte gab es vom Landratsvize Matthias Stegmeir (CSU): „Mich belastet, wie mit der Schule und ihrem Direktor umgegangen wird.“

    Schulleiter Bernhard Gruber überließ das Wort Schülersprecherin Sophia Höck, die sich beklagte: „Niemand will unsere Meinung hören.“ In einer Umfrage hätten sich zwei Drittel der Schüler gegen eine Umbenennung ausgesprochen. Ohne den Schulnamen befürchtet

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